Die Nutzer der Stadtbibliothek bekommen weiter viel Service, können aber nicht wie gewohnt in den Regalen stöbern. Eine Ermäßigung der Gebühren wird es wohl nicht geben.
Stuttgart - Derzeit gibt es viel Tadel, aber auch viel Lob für die Stadtbibliothek, deren Räume wegen des Teil-Lockdowns geschlossen sind, die aber weiter ihren Service anbietet. „Ein herzliches Dankeschön, dass Sie den Betrieb weiter aufrechterhalten und es uns ermöglichen, Ihr umfangreiches Angebot zu nutzen“, steht beispielsweise auf der Positiv-Liste. Oder die Erfahrungen einer Mutter, deren Tochter die Aktionstütchen zum Buchkinder-Festival lobte.
Frust und Ärger
Genauso deutlich hagelt es aber auch Kritik. „Wir sind im Teil-Lockdown aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Lesen ist dabei ein Hauptvergnügen. Das wird uns verwehrt, die mit ihren Steuern die Bibliotheken finanzieren“, schreibt unsere Leserin Andrea B.: „Wir halten uns an alle Ver- und Gebote. Aber übers Ziel hinaus zu schießen ist kontraproduktiv. Das erzeugt nur Frust und Ärger.“ Ähnlich sieht es Angelika S.: „ Bilder- und Kinderbücher im Internet suchen? Was ist mit den Menschen, die keinen Zugang haben? Ich war in den letzten Monaten einige Male in der Bibliothek am Mailänder Platz, auch im Westen, immer fühlte ich mich sicher.“ Andere stellen die Rechtmäßigkeit der Gebühren in Frage: Wäre jetzt nicht eine Ermäßigung gerecht, gar ein völliges Aussetzen nach den Erfahrungen im Frühjahr?
Beratung per Telefon oder per mail
Der Grund für den Dissens ist, dass jetzt im November das Leistungsangebot der Stadtbücherei Stuttgart zwar weitgehend aufrecht erhalten wird, das Stöbern vor Ort an den Regalen ist allerdings nicht möglich. Denn die Räumlichkeiten der Zentrale am Mailänder Platz und der Zweigstellen in den Stadtteilen sind verschlossen. Sprich: Es können Bücher und Medien ausgeliehen und zurückgegeben werden, es gibt auch Beratung, allerdings nur telefonisch oder per Mail.
Der Ärger ist auch deshalb, weil einige andere Büchereien rund um Stuttgart unter Hygiene-Auflagen geöffnet haben. Katinka Emminger, Direktorin der Stadtbibliothek Stuttgart, wirbt um Verständnis: „Allein in die Zentralbücherei kamen zuletzt etwa 1000 bis 1200 Besucher. Das freut uns sehr, aber jetzt in Corona-Zeiten können wir das nicht steuern. Und wenn auf einigen Ebenen unseres Hauses mal kaum jemand unterwegs ist, sind das Momentaufnahmen“. In den Stadtteilen geht deshalb nichts, damit dort nicht ähnliche Situationen entstehen. Emminger: „Das ist eine sehr schwere Entscheidung für uns, die wir auch nicht eigenmächtig getroffen haben, sondern in Abstimmung mit der Kulturverwaltung.“
Gebühren für den Verwaltungsaufwand
Ähnlich sieht es in der Gebührenfrage aus. „Die wird nicht von uns festgelegt. Da greift die Gebührenordnung für Verwaltungsaufwendungen“, so Emminger. Die Einnahmen gehen in den allgemeinen Haushalt, aus dem dann aber auch der Etat der Bibliothek finanziert wird. Emminger: „Für einen Nachlass oder gar einen Erlass der Gebühren sehe ich da keinen Spielraum, aber das ist letztlich auch nicht unsere Entscheidung.“
Deshalb wirbt sie auch sehr für die Möglichkeiten, die es nach wie vor gibt: „Wir haben 1,2 Millionen Medien, auf die haben nach wie vor alle Nutzer den vollen Zugriff. Sämtliche Serviceangebote halten wir aufrecht wie wenn unsere Häuser geöffnet wären. Wer will, kann das Ausleihvolumen von bis zu 50 Medien voll ausschöpfen. Und wir bieten jetzt noch einen Bring- und Abholdienst an.“
Und sie verweist auf das stets wachsende Online-Angebot, das schon im Frühjahr einen enormen Wachstumsschub hatte. „Die Nachfrage hat sich da zum Teil verdoppelt“, so Emminger, „hier können beispielsweise immer mehr unserer abonnierten Zeitschriften gelesen werden, wir bauen über filmfriends stets die Auswahl an Filmen aus, und wir erweitern das Angebot an Fremdsprachenkursen.“