Das Schienenrüstfahrzeug der Feuerwehr kann auf den Gleisen in den Tunnel fahren. An Bord hat es alle Geräte, die die Rettungskräfte brauchen, um die Bahn zurück aufs Gleis zu bringen. Foto: SSB

Passagiere berichten von Störungen an der selben Stelle wenige Tage vor dem Unfall am Wochenende. Die genaue Ursache für die Entgleisung ist laut den SSB noch nicht geklärt.

Stuttgart - Laut einem SSB-Kunden sei die Entgleisung einer Stadtbahn im Tunnel an der Neuen Weinsteige ein Unfall „mit Ansage“ gewesen. Er habe vergangene Woche in einer Bahn gesessen, welche die Unglücksstelle nicht problemlos passieren konnte, schildert der Fahrgast. Die Weichenzunge habe nicht korrekt an der Schiene angelegen und habe nachgestellt werden müssen, bevor der Zug weiterfahren konnte.

Die Weichenzunge ist der bewegliche Teil einer Weiche, der umgelegt wird, um die Fahrtrichtung zu ändern – und genau das Teil, das nun ersetzt werden muss. „Die Weichenzunge ist bei dem Unfall kaputtgegangen“, sagte SSB-Sprecher Hans-Joachim Knupfer. Sie müsse ausgetauscht werden. Der von dem Fahrgast beschriebene Vorfall sei „nicht bekannt“, sagte Hans-Joachim Knupfer zu der beschriebenen Störung.

Die Frage, ob der Zwischenfall sich ereignet hatte und eventuell bereits eine Störung an der Weiche vorgelegen haben könnte, ist nicht die einzige, die zwei Tage nach dem Unfall vom Samstag am Montag unbeantwortet blieb. Die drängendste Frage nach der Ursache zu beantworten würde noch dauern, sagte der Pressesprecher. „Da müssen akribisch Protokolle ausgewertet werden“, erläuterte er. In diesen seien alle Vorgänge der Stellwerkstechnik verzeichnet. Hätte es die Störung mit der nicht korrekt schaltenden Weiche in der vergangenen Woche gegeben, „dann sollte sie erfasste sein“. Auch wisse man bei den SSB noch nicht, wie schnell der Zug in dem Tunnel fuhr, als er bergauf aus der Spur sprang.

Wie schnell die Bahn fuhr, ist nicht bekannt

Stadtbahnen dürfen auf Schienen, die in der Straße liegen, nur gleich schnell fahren wie der Straßenverkehr um sie herum. Auf Gleiskörpern, die von der Straße getrennt sind, dürfen de Bahnen Spitzengeschwindigkeiten zwischen 70 und 80 Stundenkilometern fahren. Das würde für die Strecke an der Weinsteige rein theoretisch gelten – praktisch aber nicht: „So schnell war er sicher nicht, da es ja in die Kurve und über eine Weiche geht“, sagte Hans-Joachim Knupfer. Gerade über Weichen würden die Bahnen deutlich langsamer fahren, damit der Übergang angenehmer sei. Schließlich sei die Bahn an Weichen wenige Zentimeter lang nicht auf den Schienen, da sie umgeleitet werde. „Das sind die Zentimeter, in denen das Rad rübersteigt von einer Schiene auf die andere“, sagte der SSB-Sprecher.

In den zurückliegenden zwei Jahren sind mehrere Stadtbahnenaus der Spur gesprungen, zuletzt am 19. März an der Heilbronner Straße. Die Bahnen waren jeweils innerhalb weniger Stunden wieder auf die Schienen gesetzt. Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag arbeitete die Feuerwehr vom späten Nachmittag bis in die frühen Morgenstunden. Das lag daran, dass die Bahn mit drei ihrer vier sogenannten Drehgestelle, an denen die Achsen angebracht sind, aus den Schienen gesprungen war. „Jedes Drehgestell musste der Reihe nach wieder auf die Schienen gesetzt werden“, sagte Markus Heber, der Sprecher der Feuerwehr.

Die Feuerwehr hat ein Fahrzeug, das von der Straße auf Schienen wechseln kann

Die Feuerwehr ist am Samstag mit ihrem Schienenrüstfahrzeug in den Tunnel gefahren. Das ist ein Wagen, der sowohl mit Reifen auf der Straße fahren kann, als auch mit Rädern auf der Schiene. Diese sind an einem Gestell unter dem Fahrzeug angebracht, der Fahrer kann umschalten. „Das ist in erster Linie ein Transportfahrzeug für technische Einsätze rund um die Stadtbahn“, erläuterte Heber. Der Wagen transportiere das Material auf der Schiene an die Unfallstelle. Neben den hydraulischen Zylindern, mit denen die Bahn gehoben wird, hat der Rüstwagen auch Metallschienen an Bord. Die Bahn werde zunächst mit zwei Zylindern im Bereich eines Drehgestells angehoben, „dann schwebt sie ein paar Zentimeter über dem Boden“, so Heber. Dann schieben die Rettungskräfte die Metallschiene unter die Bahn, in einem 90-Grad-Winkel zu den Schienen. Auf dieser sind weitere hydraulische Hebezylinder angebracht. Diese übernehmen das Anheben der Bahn und sind auf einer Konstruktion auf der Metallleiste verschiebbar. Auf diesen im zweiten Schritt unter die Bahn geschobenen Zylinder werde der tonnenschwere Koloss dann behutsam wieder auf die Schienen zurückgesetzt, sagte Heber.

Die entgleiste Bahn steht nun in der SSB-Werkstatt in Möhringen. Welche Schäden sie habe, werde noch untersucht, sagte der SSB-Sprecher. Die Weiche sei eine Sonderanfertigung. „Wir haben Rohlinge da für die Weichenzunge“, erläuterte er. Das Ersatzteil müsse aber noch gebogen und angepasst werden. Zur Schadenssumme könne man noch keine konkreten Angaben machen.

Klar ist nur, dass die Weiche zurzeit nicht umschalten kann. Bahnen fahren zwar geradeaus drüber in Richtung Degerloch. Zur Waldau abzweigen können sie im Tunnel nicht. Deswegen muss man zur Waldau mit der U5 nach Degerloch fahren und dort in die U8 umsteigen. Voraussichtlich von Freitag an fahre die U7 wieder planmäßig.