Der Bund der Selbstständigen in Ludwigsburg hat sich Ende Dezember klar gegen eine Stadtbahn durch die Innenstadt ausgesprochen. Auch Geschäftsinhaber entlang dieser Strecke fürchten den endgültigen Ruin durch die Baustelle.
Noch liegt keine Kosten-Nutzen-Analyse für die geplante Stadtbahn von Markgröningen und Remseck nach Ludwigsburg und von dort durch die Innenstadt vor, ebenso wenig steht fest, ob man sich diese Kosten überhaupt wird leisten können und ob die Förderung wie angekündigt kommt. Stadt und Landkreis halten an den Stadtbahnplänen fest. Doch die Teilstrecke durch die Innenstadt trifft auf immer mehr Ablehnung.
Im Dezember vergangenen Jahres hatte sich der Bund der Selbstständigen (BdS) klar gegen die Innenstadtstrecke ausgesprochen. Die Gründe: Die finanziellen Mittel seien nicht vorhanden, zudem würde „der Bau der Stadtbahn durch das Herz unserer Stadt dieser den Dolchstoß verpassen und den Einzelhandel vollends ruinieren“, heißt es in der Pressemitteilung des BdS. Wir haben uns dazu bei einigen Geschäfts- und Firmeninhabern umgehört. Nicht jeder wollte sich dazu äußern. Doch andere sehen das ähnlich wie der BdS.
Schon jetzt weniger Kunden in der Innenstadt
„Es kommen jetzt schon weniger Kunden in die Stadt“, sagt Teresa Stromski. Sie ist Inhaberin des Traditionsbetriebs Wagner Nähmaschinen in der Wilhelmstraße. „Das Problem ist, dass es zu wenig Parkplätze gibt. Und wenn dann noch jahrelang eine Baustelle vor der Tür wäre, wäre das für die Innenstadt tödlich.“ Bei einer weiteren Geschäftsinhaberin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sorgt unsere Anfrage für Verwunderung: „Es ist doch sowieso kein Geld für eine Stadtbahn da“, sagt sie. Und dann ergänzt sie: Wenn die Straße aufgegraben werde, sei das natürlich eine Beeinträchtigung fürs Geschäft. „Das haben wir schon bei der Umgestaltung der Wilhelmstraße erlebt.“ Schwierig sei es auch, wenn niemand mehr kurz vor dem Laden halten könne. „Ältere werden bei uns oft bis vor die Tür gefahren.“
Claus-Dieter Meyer, dem früher die Myliusapotheke gehörte und der zugleich für die CDU im Gemeinderat sitzt, steht der Innenstadtstrecke ebenfalls kritisch gegenüber. „Es wäre für die Geschäfte und die Gastronomie in Ludwigsburg gut, wenn die Menschen aus Remseck oder Möglingen problemlos hierher kommen könnten, statt beispielsweise in Stuttgart einzukaufen. Aber bei dem Ast durch die Innenstadt in Richtung Oßweil, der sowieso noch nicht beschlossen ist, müsste man wohl von drei Jahren Baustelle ausgehen. Nach Ende der Bauarbeiten wäre vom Innenstadthandel nicht mehr viel da.“ Er gibt auch zu bedenken, dass entlang der Strecke etliche Ärzte seien, und: „Die Praxen müssen erreichbar sein, auch für ältere Menschen.“ Von daher würde er hinter die Innenstadtstrecke „drei Fragezeichen machen“.
Schienen sind teuer und unflexibel
Heribert Beck ist der Geschäftsführer von Sovdwaer im ehemaligen Franck-Gebäude westlich des Bahnhofs und, anders als die beiden zuvor Zitierten, Mitglied im BdS. Er fände es zwar gut, wenn Mitarbeiter aus Richtung Remseck und Markgröningen ohne Stau zur Arbeit kommen könnten, die Innenstadtstrecke halte er aber auch für schwierig, sagt Beck. „In der Ludwigsburger Stadtmitte gibt es sowieso schon viele Leerstände.“ Deshalb fände er es für sinnvoller, die Innenstadt vom Bahnhof aus wie bislang über Busse zu erschließen. Hinzu komme, dass eine schienengebundene Bahn sehr teuer und unflexibel sei, „und wenn die Gleise mal liegen, verlegt man sie nicht mehr“. Ein Shuttlebus durch die City wäre aus seiner Sicht viel sinnvoller. Und der Weg zu fahrerlosen Bussen sei ja nicht mehr weit.
Ähnlich argumentiert auch der BdS-Vorsitzende Stephan Wolf. „Die Stadtbahn ist eine Technologie des auslaufenden 19. Jahrhunderts.“ Als der frühere OB von Ludwigsburg, Werner Spec, von selbstfahrenden Systemen gesprochen habe, habe man das noch als Spinnerei abgetan. „Aber inzwischen ist das Realität.“ Aus seiner Sicht hat die Stadtbahn durch die Innenstadt deshalb keinen Sinn mehr. Gerade Remseck zeige ja, wie es funktionieren könne: Dort fährt die Stadtbahn von Neckargröningen aus nach Stuttgart, die Stadtteile werden über Busse erschlossen.
Steigende Gewerbesteuer befürchtet
Auch die Finanzierung sei angesichts der Schulden von Stadt und Landkreis offen. „Und die Schulden der Stadt sind die Gewerbesteuer von morgen“, sagt Wolf. Hinzu komme, dass die kommunalen Aufgaben und damit die Unkosten nicht weniger würden.
Wie hoch die Kosten für die Stadtbahn sein werden, steht aktuell noch nicht fest. „Es fehlen uns noch einige wenige Kostenbestandteile“, teilt eine Sprecherin des Landratsamts mit. Die Förderung durch Land und Bund orientiere sich am Ausschreibungsergebnis, also den tatsächlich anfallenden Kosten. Allerdings seien nicht alle Kostenbestandteile förderfähig, die Suche nach Blindgängern beispielsweise falle nicht darunter.
So soll die Stadtbahn aktuell gefördert werden
Teilstrecke Markgröningen–Ludwigsburg
Hierfür müssten die alten Bahngleise reaktiviert werden. Bei einer Reaktivierung werden 90 Prozent durch den Bund gefördert und 57,5 Prozent des Restbetrages durch das Land, sodass sich in der Summe eine Quote von knapp 96 Prozent ergibt.
Neubaustrecke
Beim Neubau einer Strecke werden 75 Prozent durch den Bund gefördert und 57,5 Prozent des Restbetrages durch das Land. Das ergibt eine Quote von knapp 90 Prozent.