Eine Stadtbahn der Linie U 6 steht an der Endhaltestelle Fasanenhof-Ost bereit zur Fahrt nach Gerlingen. Die Stadt Stuttgart hat das mit finanziellen Vorleistungen vor Jahren möglich gemacht. Foto: Norbert J. Leven

Seltenes Glücksgefühl für die Kassenwarte der Stadt Stuttgart. Das Land hat gut 13 Millionen Euro überwiesen. Den Betrag hatte die Stadt mithilfe eines Kniffs vor rund acht Jahren vorgestreckt für den Bau der Stadtbahnlinie zum Fasanenhof.

Stuttgart - Die Stadtbahnlinie zum Fasanenhof ist rund fünf Jahre nach der Inbetriebnahme endlich ordnungsgemäß finanziert. Das Land Baden-Württemberg hat seinen Teil jetzt dazu beigetragen.

Aus der Landeskasse sind 13,55 Millionen Euro überwiesen worden, die von der Stadt Stuttgart ausgelegt worden waren, damit die Bauarbeiten Ende 2007 beginnen und Ende 2010 enden konnten. In der jüngsten Aufsichtsratssitzung bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wurde den Mitgliedern die frohe Botschaft verkündet.

Das Geld fließt jetzt zurück an die Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (SVV), eine Holding, in der die Stadt Stuttgart ihr Tafelsilber angelegt hat und die Erträge zum steuerlichen Ausgleich mit den Defiziten der SSB verrechnet. Von dort war das Geld als zinsloses Darlehen für das SSB-Projekt der Stadtbahntrasse zwischen Möhringen und Fasanenhof-Ost aufgebracht worden. Es ging um 20 Prozent der Gesamtkosten von fast 70 Millionen Euro. Die 20 Prozent entsprachen dem Kostenanteil des Landes. 60 Prozent übernahm damals bei solchen Vorhaben nach dem Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz der Bund, 20 Prozent die SSB.

Kunstgriff der Vorfinanzierung

Ohne den Kunstgriff der Vorfinanzierung würden im Stadtteil Fasanenhof und dem dazugehörenden Gewerbegebiet vermutlich heute noch keine Stadtbahnzüge halten. Und möglicherweise hätte die Landeshauptstadt auch einen Teil ihres Gewerbesteueraufkommens auf Nimmerwiedersehen abschreiben müssen. Die Stadtbahnlinie war eine Voraussetzung für den Bau der EnBW-City im Fasanenhof-Ost, in die rund 2000 Mitarbeiter des Energieriesen umzogen, aber noch knapp vor der Stadtgrenze angesiedelt werden konnten.

Der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) hatte im April 2007 bei der Grundsteinlegung für die EnBW-Gebäude die Zusage bekräftigt: Die rund 2,8 Kilometer lange Stadtbahnlinie werde gebaut, die Stadt den Landeszuschuss auf unbestimmte Zeit vorfinanzieren, wenn das Land vorerst keine Fördergelder bereitstelle. Und tatsächlich ist es so gekommen. Die Stadtverwaltung war sich auch nicht immer ganz sicher, ob man das Geld jemals wiedersehen würde.

2012 kam das Thema erneut auf die politische Tagesordnung. Damals machte die Stadt Stuttgart es von der Rücküberweisung abhängig, ob sie sich an der Vorfinanzierung des weiteren Streckenausbaus der Linie U 6 vom Fasanenhof-Ost zur geplanten Endhaltestelle Flughafen/Messe Stuttgart beteiligen würde. Hier sollen Bagger und Planierraupen Anfang 2017 tätig werden. Ende 2019, hat SSB-Chefplaner Volker Christiani im vergangenen Jahr gesagt, könnte dieser Abschnitt fertig werden.

Mit dem finalen Ausbau der U 6 wird zumindest im Bereich der Stadtbahn und der SSB die Zeit der Spatenstiche für Neubauten zu Ende gehen. Die Strecke zur Landesmesse gilt als letztes großes Neubauprojekt.

Modernisierung an erster Stelle

Die Bauarbeiten für die Linie U 12 sollen bis Mitte 2017 auf dem Nordast, der vom Europaviertel in der City bis zur Aubrücke zwischen Münster und Hofen reicht, abgeschlossen sein. Er kostet 120 Millionen Euro. Der Südast der U 12, der im Gewerbegebiet Wallgraben in Vaihingen nach Dürrlewang abzweigt, soll Mitte Mai in Betrieb gehen. 2017 soll auch das Teilstück der U 15 fertig werden, das das Europaviertel hinter dem Bahnhof mit einer neuen Haltestelle beim Einkaufszentrum Milaneo besser erschließt. Künftig werden Instandhaltung und Modernisierung des Stadtbahnnetzes an erster Stelle stehen. Schon die letzten Neubauplanungen waren durch Ungewissheit belastet. Eine Finanzierungssicherheit gab es nicht einmal mehr für Projekte, deren Wirtschaftlichkeit nachgewiesen war wie im Fall der U 6 am Fasanenhof.

Der Verband der Region Stuttgart (VRS) hat im Interesse der zügigen Realisierung von Verkehrsinfrastruktur auch immer wieder mal auf Vorfinanzierungen gesetzt. Im Moment, sagt Jürgen Wurmthaler, Leitender Direktor für den Bereich Wirtschaft und Infrastruktur beim VRS, gebe es aber keine nennenswerten Außenstände mehr. Es gehe allenfalls um Restbeträge, die mit verzögerten Abrechnungen von Bauprojekten zu tun haben. Die Landesregierungen hätten im Lauf der Jahre bemerkt, dass Vorfinanzierungen durch andere Beteiligte sie binden und ihren Gestaltungsspielraum einengen.