Die unterirdischen Haltestellen der Stadtbahn entsprechen teils nicht den Brandschutzvorgaben. Die SSB muss hier nachrüsten. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Um den Sicherheitsanforderungen zu genügen, muss der städtische Nahverkehrsbetrieb seine unterirdischen Haltestellen teils deutlich aufrüsten. Bis 2030 will man fertig sein.

In sechs unterirdischen Haltestellen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wären Reisende bei einem Brand akut gefährdet. Wenn eine brennende Stadtbahn in die Station einfahren würde, hätten die Reisenden nicht genügend Zeit, um sich selbst in Sicherheit zu bringen, denn die Fluchtwege würden zu schnell verraucht und eine ausreichende Orientierung nicht mehr möglich sein. Die Regeln für den Brandschutz in unterirdischen Betriebsanlagen gelten seit 2014.

Oft Verglasung des Treppenhauses nötig

Mit Simulationen und Gutachten erarbeitet der städtische Nahverkehrsbetrieb für jede der nicht den Vorgaben entsprechenden Haltestellen eine Lösung. An drei von neun Halten, es sind Killesberg, Neckartor und Börsenplatz, konnten die Rettungszeiten durch den Einbau von Rauchschutzverglasungen, Rauschschürzen, zusätzlichen Deckenöffnungen und Ventilatoren inzwischen eingehalten werden. Das restliche Programm abzuarbeiten dauert nun aber Jahre länger, als dem Gemeinderat im Januar 2019 avisiert worden war. Und es wird teurer. Statt Gesamtkosten von 19,4 Millionen Euro ist nun von Investitionen in Höhe von 25,3 Millionen Euro die Rede, „Stand April 2022“. Das bedeutet für den dauerdefizitären Nahverkehrsbetrieb innerhalb von dreieinhalb Jahren eine Verteuerung von 30 Prozent.

Neue Zeitrechnung für Klett-Passage

In diesem Jahr sollen die Stadtbahnhalte Schlossplatz und Rathaus auf den neuesten Stand gebracht werden. Eigentlich sollte das bereits im Jahr 2021 erledigt worden sein. Weil die Umbauten komplex seien, „konnte der ursprüngliche Zeitplan nicht gehalten werden“, das erfuhren die Stadträtinnen und Stadträte im Technikausschuss. Die große Haltestelle unter dem Charlottenplatz soll von 2023 an angegangen werden, zwei Jahre später als geplant, genauso verzögern sich die Haltestellen unter dem Marienplatz und in Degerloch. Auch für die Klett-Passage gilt eine neue, großzügige Zeitrechnung. Der dortige Stadtbahnhalt soll erst bis 2030 den Bestimmungen genügen, weil dort die Neugestaltung der Passage ansteht – wenn Stuttgart 21 Ende 2025 in Betrieb gegangen sein wird.

Am Schlossplatz zu wenig Zeit zur Rettung

Das Nachrüsten für einen besseren Brandschutz und für mehr Zeit bei einer Rettung geht am Schlossplatz aus Sicht mancher Reisenden mit einem deutlichen Rückschritt bei der Erreichbarkeit einher. Die Zeit zur Selbstrettung beträgt dort laut Gutachten 7,25 Minuten. Zur Verfügung stehen aber nur sechs Minuten, dann wäre die Station bereits zu sehr verraucht. Um die nötige Zeit für eine Flucht zu erreichen, mussten an der Haltestelle die Fluchtwege verbreitert werden. Um einen Meter zu gewinnen, hat die SSB zwei von der Verteilerebene zu den Bahnsteigen führende Rolltreppen ausgebaut und die Gehtreppen entsprechend verbreitert. Das sei die sicherste und wirtschaftlichste Lösung. Wer nach unten gelangen wolle, könne auch die Aufzüge nutzen.

18 Monate Bauarbeiten

Aufwendiger gestaltet sich auch die Lösung an der Haltstelle Rathaus. Zunächst war neben den obligatorischen Rauchschutzverglasungen mit selbstschließenden Türen um die Treppenhäuser eine natürliche Entrauchung vorgesehen. Inzwischen ist klar, dass zwei Ventilatoren eingesetzt werden müssen, um Rauchgase im Fall des Falles aus der Station zu saugen. Vor der Leonhardskirche und in der Nähe des Kaufhauses Breuninger werden für diese Lösung je zehn Quadratmeter große und 1,5 Meter hohe Aufbauten nötig. Die Technik soll mit extensiver Begrünung kaschiert werden. Für die Bauarbeiten sind 18 Monate vorgesehen, in denen auch die Mittelinsel auf der B 14 entfernt wird. Dazu müssen zeitweise Fahrstreifen gesperrt werden. Auch den Autofahrern bleiben die Bauarbeiten im Untergrund damit nicht verborgen.