Ein Kabelbrand im Stadtbahntunnel bei Degerloch löste am 2. Dezember einen Großeinsatz der Feuerwehr aus Foto: 7aktuell.de/Adomat

Das Schlimmste ist überstanden. Die Stadtbahnen fahren wieder durch den Tunnel zwischen Bopser und Weinsteige. Doch nun wird die Frage nach den Brandgefahren in Stuttgarts Bahntunnels laut. Denn die Ursache ist weiterhin unbekannt.

Stuttgart - 32 Stunden nach dem Brandalarm durften die Fahrgäste wieder aufatmen: Die Stadtbahn-Linien U 5, U 6, U 7 und U 12 fahren wieder wie gewohnt durch den Tunnel vom Bopser nach Degerloch. Der knapp 1,3 Kilometer lange Liselotte-Tunnel, benannt nach der Ehefrau des einstigen Stuttgarter Oberbürgermeisters Manfred Rommel, ist seit Donnerstag, 10.50 Uhr, für die Stadtbahnen freigegeben.

Die Hauptschlagader im Tunnel war am Mittwoch um 2.50 Uhr lahmgelegt worden. In einem Schacht neben den Gleisen schmorte das Hauptstromkabel auf 1,50 Meter Länge. Zu dieser Zeit gab es keinen Stadtbahnverkehr. Dass der Qualm im Tunnel dennoch auffiel, lag an einem Bautrupp, der mit einer Gleisstopfmaschine unterwegs war. Und an einer Fehlermeldung in der Leitzentrale der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB). Signale, Weichen, Funk, Beleuchtung, Zugsicherung – alles war ausgefallen.

Spezialisten schuften unter Hochdruck

Seit dieser Zeit sind etwa 25 SSB-Mitarbeiter in unterschiedlichen Funktionen mit der Wiederbelebung des Tunnel-Systems beschäftigt gewesen. Während sich Hunderte Fahrgäste in überfüllte Ersatzbusse drängten, schwitzten die Spezialisten bei der Wiederherstellung der Stromversorgung. „Schon nach 20 Stunden konnten die ersten Bahnen wieder fahren“, sagt SSB-Sprecherin Susanne Schupp, „nach weiteren zehn Stunden konnte alles wieder freigegeben werden, da haben die Mitarbeiter in Tag-und-Nacht-Arbeit Respektables geleistet.“

Freilich ist die Arbeit damit nicht getan. In den nächsten Tagen wird die Frage geklärt werden müssen, wie es denn überhaupt zu dem Brand kommen konnte. Denn eines ist auch offen: Welche Folgen hätte der Brand mitten im Berufsverkehr gehabt? Nach dem Zwischenfall wird wieder die Frage der Brandsicherheit in Bahntunnels aufgeworfen – seit dem Tunnelunglück im November 2000 im Kitzsteinhorn mit 155 Toten ist dies auch bei den SSB-Verantwortlichen ein besonders wichtiges Thema.

Und wenn eine Bahn voller Fahrgäste kommt...?

Was wäre wenn: Da die Oberleitung nicht betroffen war, wäre eine Stadtbahn nach dem bisherigen SSB-Konzept mutmaßlich am Brandort vorbei durch den Qualm bis zur nächsten Haltestelle weitergefahren – in diesem Fall zur Station Weinsteige. Problematischer wäre es allerdings, sollte eine Bahn in der knapp 1,3 Kilometer langen Röhre stehen bleiben. Als Fluchtweg bliebe ein 245 Meter langer Notausgangs-Stollen zum Unteren Kienle, wo es auch eine mechanische Abluftanlage gibt, die im Notfall die Entlüftung des Tunnels unterstützen soll. Der Rauch kann 50 Meter über dem Tunnel in der Wernhalde in einer Waldhütte entweichen.

Denn nicht die Größe des Feuers ist das Problem, sondern der gesundheitsschädliche Qualm, der sich in einem Tunnel mitunter rasch ausbreitet. „Die Suche nach der Ursache wird sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, sagt SSB-Sprecherin Schupp. Bisher könne weder ein technischer Defekt ausgeschlossen werden noch ein Verbiss durch ein Nagetier. „Wir hatten in der Vergangenheit auch schon einen Fall, bei dem Laub in einem Schacht in Brand geraten war“, so Schupp. Das dürfte im Kabelkanal wohl aber nicht der Fall gewesen sein.

Immer wieder raucht es in der Röhre

Lange vor der Frage nach dem Brandschutz im Fernsehturm hat sich ein SSB-Betriebsleiter um Sicherheitsfragen im Tunnel gekümmert. 2001 forderte er möglichst halogenfreie Kabel, um stark qualmendes PVC zu vermeiden. Kabel sollten auch für eine gewisse Zeit die Funktionen erhalten, so dass etwa die Sicherheitsbeleuchtung noch mindestens 20 Minuten funktioniert. Und dann eben: Wartung und Instandhaltung.

Denn Rauch im Bahntunnel ist im Großraum Stuttgart keine Seltenheit. Im Februar qualmte der S-Bahn-Tunnel bei Echterdingen, weil eine Holzbrücke zwischen zwei Rettungswegen brannte. Im letzten Jahr gab es einen Schwelbrand in der S-Bahn-Station Feuersee im Stuttgarter Westen. Im Oktober 2013 geriet im unterirdischen Stadtbahn-Halt Charlottenplatz ein Technikraum in Brand, Rauch verteilte sich über Lüftungsschächte. Ein paar Tage später erlitten bei einem Kabelbrand im S-Bahn-Tunnel Schwabstraße zwei Bahnmitarbeiter eine leichte Rauchvergiftung. Der Liselotte-Tunnel steht seit 1987 erstmals auf der Liste.