Die Mineure, die im Auftrag der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) im Europaviertel die Röhren für die Stadtbahnlinie U 12 gegraben haben, sind durch. Der sogenannte Durchschlag – der letzte von vieren – erfolgte bereits am 21. September. Inzwischen sind die Portale vollständig freigelegt. Zurzeit wird der Einbau der Innenschale vorbereitet, der Ende Oktober beginnen soll.
Stuttgart - Stell dir vor, sie graben einen Tunnel und keiner kriegt’s mit. Seit August 2013 haben sich die Mineure vorgearbeitet – mitten in der Stadt zwar, in der Wahrnehmung der Leute aber eher im Verborgenen. „Wir sind ganz froh, dass wir ein bisschen im Schatten der öffentlichen Wahrnehmung arbeiten können“, sagt Bernd Schröder, zuständiger Projektleiter fürs Tiefbauamt der Stadt Stuttgart.
Sein Co-Chef, Markus Wittmann von den Stuttgarter Straßenbahnen, widerspricht nicht. Wenige 100 Meter weiter auf der Stuttgart-21-Baustelle am Wagenburgtunnel sehen sich erfahrene Tunnelbauer immer wieder mit Zweifel an ihrem Können konfrontiert. „Vielleicht liegt es auch am Projekt“, sagt Schröder. Stuttgart 21 polarisiert nach wie vor, zuletzt zu sehen während der Erörterung zum Filderabschnitt. Die SSB hingegen können in der Regel unbehelligt bauen, ob im Untergrund oder im Freien.
Dabei hat sich wie unterm Kernerviertel (S 21) auch über den U-12-Röhren das relativ weiche Erdreich des Kriegsbergs gesetzt. „Setzungen gibt es beim Tunnelbau immer“, sagt Schröder. Ein Nachgeben von Gebäuden bei der ehemaligen Bahndirektion an der Heilbronner Straße sei aber unproblematisch, solange es nicht einseitig auftritt. Um Letzteres zu verhindern, würden stets Vorkehrungen zur Stabilisierung getroffen.
Am Samstag werden die Bergleute im Rahmen einer Feier offiziell verabschiedet. Unterdessen laufen die Vorbereitungen für den Ausbau der Röhren. Da der Tunnelvortrieb bergmännisch mit Baggern erfolgt ist, wird eine 40 Zentimeter dicke, röhrenförmige Innenschale im Tunnelinneren betoniert. Zum Vergleich: Der Fildertunnel auf der S-21-Baustelle wird mit einer 120 Meter langen Maschine gebohrt. Die Innenschale besteht aus Betonfertigteilen, die angeliefert und über das Förderband der Bohrmaschine in den Tunnel transportiert werden.
Die Innenwand im U-12-Tunnel wird in Zehn-Meter-Schritten erstellt. Eine hydraulisch betriebene, kreisförmige Vorrichtung, ein sogenannter Full-Round-Schalwagen, bildet die Schalung, hinter die der Beton gegossen wird. Betoniert wird vom Kurt-Georg-Kiesinger-Platz aus Richtung Türlenstraße. Spektakulär, aber für Stadtbahnkunden nicht zu merken, erfolgt der Anschluss der Tunnel an die bestehenden Röhren.
Von Letzteren werden – hinter einer Schutzvorrichtung – im Bereich Hauptbahnhof ab November eine 60 Meter lange und 80 Zentimeter dicke Wand herausgesägt, im Bereich Türlenstraße haben diese Arbeiten an einer 75-Meter-Wand im August begonnen. 2016 sollen erstmals Züge der U 12 in den neuen Tunnel fahren. Der Um- und Ausbau der Stadtbahn rund ums Europaviertel kostet 90 Millionen Euro.