Ohne Zuschüsse sei der Betrieb von Stadtbahn- und Busverkehr nicht mehr zu finanzieren, sagt SSB-Vorstand Reinhold Bauer Foto: Achim Zweygarth

Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wird trotz Sparbemühungen schneller in die roten Zahlen fahren. Aus heute 59 Millionen Euro Bankschulden werden bis 2030 „in einem realistischen Szenario rund 480 Millionen“, sagte Personalvorstand Reinhold Bauer am Dienstag bei der Vorlage des Jahresabschlusses.

Stuttgart - Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wird trotz Sparbemühungen schneller in die roten Zahlen fahren. Aus heute 59 Millionen Euro Bankschulden werden bis 2030 „in einem realistischen Szenario rund 480 Millionen“, sagte Personalvorstand Reinhold Bauer am Dienstag bei der Vorlage des Jahresabschlusses. Die SSB müssen ihren in die Jahre gekommenen Fuhrpark weiter erneuern und Strecken sanieren.

„Eine Nahverkehrsabgabe oder die Citymaut kann kein Tabu mehr bleiben. Beim Thema Mobilitätsbonus sind wir im Gespräch mit der Politik“, sagte Bauer, der im September in den Ruhestand geht. Auch beim Mobilitätsbonus würde es sich um eine Abgabe handeln. Die SPD im Gemeinderat hat ihn vor Jahren angeregt. So könnte zum Beispiel jeder Einwohner mit Auto zahlen müssen, als Gegenleistung aber Fahrkarten für den Nahverkehr erhalten.

Bauer kritisiert die grün-rote Landesregierung scharf. Das Land habe die Förderquote für Ausbauvorhaben von 75 auf 50 Prozent gesenkt, künftig solle es einen Festbetrag geben, Kostensteigerungen gingen dann zulasten der Unternehmen. Den Kauf von Zügen fördere Baden-Württemberg nicht mehr, und bei Bussen sei das Kontingent für die SSB auf fünf pro Jahr begrenzt. Allein in diesem Jahr ersetzen die SSB aber 30 Busse der Baujahre 2001/2002.

Nicht erhöht worden seien vom Land seit acht Jahren die Zuschüsse für den Ausbildungsverkehr. „Wir hoffen, dass die nächste Regierung mehr Mittel einstellt“, sagte Finanzvorstand Stefanie Haaks. Hoffnungen setzten Haaks, Bauer und Vorstandssprecher Wolfgang Arnold auf Gespräche von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten im Herbst. Dann soll es um die Gelder aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gehen, das 2019 ausläuft. Bisher erhielten die Länder 7,2 Milliarden Euro pro Jahr für den Nahverkehr. Nötig wären laut Gutachten 8,5 Milliarden. Ohne Nachfolgeregelung müssten die SSB den Streckenausbau aufschieben.

Schon jetzt werden Instandhaltungsmaßnahmen geschoben. „Wir müssten jährlich zehn statt fünf Kilometer Schiene ersetzen, wir schieben Käufe auf in der Hoffnung, dass es doch noch eine Förderung gibt“, so Arnold. Aktuell prüfen die SSB, ob und wie viele von 38 nun 30 Jahre alten Stadtbahnen saniert werden können. Die Zahnradbahn zeige nach 35 Jahren mehr Ausfälle, man versuche sich mit teils nicht genau passenden Ersatzteilen zu behelfen, sagt Arnold.

Erstmals seit 1959 weisen die SSB für 2014 einen Gewinn, und zwar von 5,6 Millionen Euro aus. Ohne Immobilienverkäufe wäre laut Haaks aber ein Verlust von 22 Millionen Euro zu Buche geschlagen. „Wir haben nichts mehr, was den Verkauf lohnt“, kommentiert Bauer die Entwicklung. In diesem Jahr soll der Verlust knapp unter 20 Millionen Euro liegen, ausgleichen wird ihn die SSB-Dachgesellschaft SVV, bei der 500 Millionen Euro angelegt sind, die aber immer weniger Zinsen bringen. Der Kapitalstock schmilzt, auch weil die SVV den Aufbau der Stadtwerke mit Millionensummen unterstützt. „Auch die reiche Stadt Stuttgart kann nicht mehr Geld auf den Tisch legen, ohne Bundes- und Landeszuschüsse müssen wir das heutige Leistungsangebot infrage stellen“, sagt Arnold.