Der Horber Bildhauer Wilhelm Klink schuf vor knapp 100 Jahren ein Modell der Herrenberger Stiftskirche: Das ist restauriert worden und nun im Stadtarchiv zu sehen.
Wie sah die Herrenberger Stiftskirche aus, bevor Mitte des 18. Jahrhunderts ein Blitzschlag die Doppeltürme beschädigte und daraufhin ein einziger Turm mit barocker Haube errichtet wurde? Das Ergebnis ist nun im Stadtarchiv zu sehen.
Konkret handelt es sich um ein Modell der Kirche, das bei der Revitalisierung des Fruchtkastens wiederentdeckt worden ist – und nun, dank vieler Spender, restauriert werden konnte.
Eine Kirche mit Tragegriffen zur Präsentation
Durch das Engagement von Privatpersonen, der Bürgerstiftung, des Schwäbischen Heimatbunds und dank der Zusammenarbeit mit dem Metzinger Stadtarchiv konnten Spenden von 4455 Euro eingenommen werden, teilt die Stadtverwaltung mit.
Das Modell ist aus Holz gefertigt und steht auf einem hellgrün gefassten Sockel, der mit Gipsgewebe überzogen ist. Es besitzt zudem Tragegriffe, da es beim Festzug zur 700-Jahr-Feier der Stadt Herrenberg präsentiert wurde. Zweimal wurde es im Festjahr auf einer Art Sänfte von vier Kindern durch die Gassen der Altstadt getragen, und mancher Herrenberger dürfte sich gewundert haben, dass die Kirche zwei hochragende gotische Türme trägt – denn man kannte die Kirche anders: Als Glucke des Gäus, die unter ihren Fittichen friedlich die Häuser des Städtchens versammelt, und mit einem kleinen Glockenturm auskommt.
Wilhelm Klink war Bildhauer und Restaurator
In einer Stadtansicht des Kupferstechers Matthäus Merian ist ein Bild der Doppeltürme überliefert. Und das brachte die Stadtväter im Jahr 1929 auf eine Idee, die kurze Zeit zuvor in Horb für Furore gesorgt hatte: Dort waren ebenfalls im Festumzug hölzerne Modelle von historischen Bauten gezeigt worden. Dahinter stand der Horber Bürger Wilhelm Klink, ein geachteter Maler, Bildhauer, und Restaurator, der 1952 starb und vor allem für seine Gestaltung der Horber Rathausfassade bekannt ist, dem so genannten Herrenberger Bilderbuch. Wilhelm Klink bekam den Auftrag, nun auch für Herrenberg tätig zu werden. Überliefert ist, dass dieses Holzmodell noch zweimal gezeigt wurde: Beim Herbstfest 1959 und beim Feuerwehrfest 1960. Danach hörte man nichts mehr von dem Kunstwerk. Es wanderte in das Stadtarchiv, verstaubte und verfiel.
In alten Aufzeichnungen wurde das Modell erwähnt
Gewundert haben sich Fritz Deppert und Otto Beerstecher vom Schwäbischen Heimatbund, wo das Modell geblieben war, als sie in alten Aufzeichnungen davon gelesen hatten. Denn: es ist eine Tatsache, dass nach der 700-Jahr-Feier eine 800-Jahr-Feier heraufziehen wird, die 2028 ins Haus steht. Die 700-Jahr-Feier war merkwürdigerweise ein Jahr nach dem Jubiläum anno 1929 begangen worden.
Die Restauratorin Antoaneta Ferres, die schon öfter im Auftrag der Stadt Herrenberg gearbeitet hat, hat das Modell grundlegend gereinigt, Schadstellen ausgebessert, und die Malereien auf dem Holz nachgearbeitet. Jetzt hat sie das restaurierte Stiftskirchenmodell im Stadtarchiv präsentiert, gemeinsam mit Stefanie Albus-Kötz und Elena Hocke, der Leiterin des Fruchtkastens.
Das Stadtarchiv ist montags von 8.30 bis 17 Uhr geöffnet, Dienstag bis Donnerstag von 8.30 bis 12.30 Uhr. Während der Pfingstferien ist das Archiv vom 16. bis 20. Juni geschlossen.