Die Turnhalle Münster wird im Januar wieder zur Sporthalle. Foto: Thomas Niedermueller

Es gibt Hunderte Angebote von Privatleuten, ukrainische Flüchtlinge unterzubringen. Ist die Stadt involviert, gibt es aber Probleme mit der Prüfung.

Die Stadtverwaltung hat sich gegen Vorwürfe verwahrt, bei der Unterbringung von Flüchtlingen den viel gepriesenen „Stuttgarter Weg“ verlassen zu haben; er sieht die dezentrale Unterbringung in möglichst allen Stadtbezirken sowie in neu gebauten Unterkünften ebenso wie in angemieteten oder städtischen Wohnobjekten vor. Außerdem solle, soweit irgend möglich, auf Massenunterkünfte verzichtet werden.

Die Debatte hatte sich unlängst an der Anmietung zweier Boardinghäuser für fast 1000 und eines Hotels in Zazenhausen mit mehr als 300 Personen entzündet. Am vergangenen Donnerstag erneuerte Luigi Pantisano (Linksbündnis) im Gemeinderat seine Kritik. Anlass war nun der Beschluss, 110 Container ebenerdig im Sportgebiet Waldau aufzustellen; einer bietet Platz für zwei Betten, Stühle, einen Tisch, Schränke, Fernseher und Abfalleimer.

Auch die Ratsvorlage für die Schaffung weiterer Personalstellen führte zu einer Kontroverse. Die Stadt räumte darin ein, die von Stuttgarter Haus- und Wohnungseigentümern angebotene Hilfe bisher nur zu einem kleinen Teil in Anspruch genommen zu haben. Von 853 Wohnungen seien bisher lediglich 145 akzeptiert und 121 abgelehnt worden. 587 Prüfungen stünden also noch aus, und es kämen ständig neue Offerten hinzu. Für Pantisano steht fest: Hätte sich die Verwaltung hier stärker engagiert, könnte man sich viele Container sparen.

Wohnungsinspektion ist aufwendig

„Es ist unglaublich kompliziert“, rechtfertigte sich Bürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU). Mit einer Visite der angebotenen Wohnung sei es nicht getan. Nicht nur Mitarbeiter des Liegenschaftsamts müssten sich die Wohnungen anschauen, sondern danach auch die vom Sozialamt. Man sei aber bemüht, die Zusammenarbeit „besser zu koordinieren“. Es stimme aber: „Wir können die Angebote nicht so schnell abarbeiten, wie es notwendig wäre.“

Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann (Grüne) sagte, oft entsprächen die Wohnungen nicht dem gewünschten Standard: Es fehlten Brandmelder, die elektrischen Anlagen seien defekt, oder es gebe kein Warmwasser. Man überlege, die städtische Wohnungsbautochter SWSG oder externe Firmen zu beauftragen, die Angebote „wohnfähig“ zu machen. Besser wäre es, die Vermieter würden direkt mit den Flüchtlingen ein Vertragsverhältnis eingehen. „Mit der Stadt wird es eben kompliziert.“

Ratsmehrheit findet Container okay

Anders als den Vertretern des Linksbündnisses, die ordentliche Systembauten fordern, in denen man menschenwürdig mehrere Jahre leben könnte, bereitet der Umgang mit den Flüchtlingen den übrigen Ratsfraktionen aktuell keine Sorge. Die Unterbringung in Containern sei immer noch besser als im Anbau der Schleyerhalle oder in der Turnhalle Münster, wo es fast gar keine Privatsphäre gebe, heißt es fraktionsübergreifend. Mittel- und langfristig sei das aber keine Lösung, es müsse ein Konzept her. Bürgermeister Fuhrmann deutete eine Lösung mit Modulbauten an; die Idee, kurzfristig Wohngebäude auf ungenutzten Flächen in Modulbauweise erstellen zu lassen, hatte CDU-Fraktionschef Alexander Kotz schon vor mehr als einem Jahr präsentiert, war in der Verwaltung aber auf Widerstände gestoßen.

FDP-Stadträtin Sibel Yüksel zeigte sich „dankbar“ für die pragmatische Herangehensweise der Verwaltung. Sie sieht wie Petra Rühle (Grüne), Jasmin Meergans (SPD), Beate Bulle-Schmid (CDU) oder Rose von Stein (Freie Wähler) keine Abkehr von der bisherigen Marschrichtung. Diese Haltung überrascht, denn zumindest bei der dezentralen Unterbringung gibt es eine Schieflage zulasten der nördlichen Stadtbezirke, die für Bevölkerung und Flüchtlinge belastend werden könnten. Und diese Lage wird sich mit der Inbetriebnahme der Boardinghäuser in Weilimdorf und des ehemaligen Best-Western-Hotels in Zazenhausen verstärken.

Kritik schon vergessen?

Und hatten nicht erst kürzlich Beate Bulle-Schmid und Rose von Stein gefordert, dass die Bezirke im Norden der Stadt nicht weiter über Gebühr belastet werden dürften? Dort gibt es laut Bulle-Schmid „viel mehr Unterkünfte und Wohnungen für Flüchtlinge“. Auch Rose von Stein sieht den Norden „stark belastet“. Deshalb plädierten beide Stadträtinnen für eine „bessere Verteilung“ in der Stadt, also in den südlichen Bezirken.

Auch OB Frank Nopper (CDU) will von einer Ungleichverteilung nichts mitbekommen haben. Er betonte sogar im Hinblick auf das geplante Containerdorf auf der Waldau in Richtung des Stadtrats Pantisano: „Jetzt bauen wir schon Container im Süden, und dann ist es auch wieder nicht recht.“