Die Fellbacher Stadtverwaltung verzichtet auf ein neues stilles Örtchen auf dem Gutenbergplatz im Stadtteil Schmiden. Stattdessen setzt sie auf ein anderes Konzept.
Bei dem Fellbacher Grünen-Stadtrat Karl Würz (Rems-Murr-Kreis) handelt es sich allem Anschein nach um einen wahren Cineasten. Das jedenfalls ließ sich kürzlich im Gemeinderat vermuten, als er folgende, nicht weg zu diskutierende Feststellung traf: „Wenn man muss, dann muss man.“
Genau dieser Satz war vor wenigen Tagen im TV in einer Wiederholung des Hollywood-Mafia-Reißers „Der Pate“ zu hören. In der in einer Spelunke spielenden Szene bittet der von Al Pacino dargestellte Michael Corleone bei einem Treffen: „Ich muss mal austreten. Darf ich das?“ Der korrupte Polizist Captain McClusky erlaubt Corleone den Gang aufs stille Örtchen: „Wenn man muss, dann muss man.“ Die Großzügigkeit hätte er besser bleiben lassen. Corleone verschwindet auf die Toilette, fischt aus dem Spülkasten eine dort versteckte Pistole, um danach im Lokal Tabula rasa zu machen.
„Wenn man muss, dann muss man“, heißt es schon im Film „Der Pate“
Nun, in Fellbach geht es glücklicherweise gesitteter zu als in New York. Doch Probleme mit der Blase und anderweitigen dringenden Bedürfnissen sind auch in der schwäbischen Kleinstadt genauso an der Tagesordnung wie in der Weltmetropole. Im Gemeinderat Fellbach jedenfalls fiel nun der Spruch vom Müssen, wenn man eben muss, gleich mehrfach.
Bereits vor einem Jahr hatte die Gruppe „Die Stadtmacher“ einen Haushaltsantrag eingebracht, im Stadtteil Schmiden auf dem Gutenbergplatz an der Ecke zur Fellbacher Straße ein öffentliches Wasserklosett zu errichten. Der Antrag fand seinerzeit zwar eine Mehrheit im Gremium, die Toilette steht aber bis heute nicht.
Und sie wird dort auch vermutlich niemals stehen. Die Verwaltung verwies jetzt im Gemeinderat auf die mindestens 260 000 Euro bei einer geschlechtergetrennten Lösung, auf die Tiefbauarbeiten und Anschlusskosten von bis zu 60 000 Euro und jährliche Aufwendungen für Instandhaltung und Betrieb von 16 000 Euro.
Im Übrigen stehe im Fellbacher Stadtgebiet bereits „ein umfangreiches Angebot an öffentlichen Toilettenanlagen“ zur Verfügung. So etwa im Rathaus Fellbach, im Stadtteilrathaus Schmiden als auch im Bürgerbüro Oeffingen (dort behindertengerecht), an allen drei Standorten der Stadtbücherei, im Gebäude der Außenstelle Fellbach der Volkshochschule Unteres Remstal an der Eisenbahnstraße (ebenfalls behindertengerecht) und auf den Friedhöfen und im Schlössle Oeffingen.
Derzeit zwei freistehende, öffentliche Toilettenanlagen in Fellbach
Dazu betreibt die Stadt noch zwei solitäre, also freistehende, selbstreinigende Toilettenanlagen: eine befindet sich direkt am Fellbacher Bahnhof, eine weitere in der Stuttgarter Straße an der Ecke zur Pfarrer-Sturm-Straße in unmittelbarer Nähe zum einstigen Post-Gebäude.
Die Frequenz variiert: Während die Toilette am Bahnhof im Jahr 2024 rund 30 Mal täglich aufgesucht wurde, wurde die Toilette in der Stuttgarter Straße, so die Auswertung der WC-Besuche, lediglich sechs Mal am Tag in Anspruch genommen.
Die Stadt weist zudem auf die deutlich zunehmenden Probleme mit Vandalismus, Verschmutzung und Betriebsstörungen an verschiedenen Toilettenstandorten hin. Zuletzt wurde die Anlage auf dem Friedhof Oeffingen mutwillig beschädigt.
„Diese Entwicklung ist höchst unerfreulich und trägt dazu bei, dass öffentliche Toiletten von vielen Menschen als wenig vertrauenswürdig eingeschätzt werden“, erläutert Christiane Keuter vom Amt für Soziales und Teilhabe in ihrer Expertise zur Sitzung. Dies könnte dazu führen, dass einige der bestehenden Anlagen, besonders diejenigen mit geringerer „sozialer Kontrolle“, deutlich weniger genutzt werden als man dies zunächst annehmen würde.
Mit der öffentlichen Toilettenanlage am Gutenbergplatz in Schmiden entstünde ein weiterer, teurer solitärer Standort im Stadtgebiet. Dies würde „in Teilen der Bevölkerung, namentlich vom Bund der Steuerzahler, kritisch gesehen“. Auf dem Platz sind vor allem Senioren, Kinder und Jugendliche anzutreffen. Doch keine dieser Nutzergruppen „hat explizit um die Einrichtung eines öffentlichen WCs, insbesondere an dieser Stelle, gebeten“, so Keuter.
Statt auf neue Anlagen setzt die Verwaltung verstärkt auf das Netzwerk „Freundliche Toilette“. Schon jetzt beteiligen sich 13 Betriebe in Fellbach und öffnen ihre Kundentoiletten auch für die Allgemeinheit – ohne Kaufverpflichtung und mit unterschiedlichen Öffnungszeiten. „Viele Menschen zögern noch, in einem Geschäft nach einer Toilette zu fragen“, erklärt Fellbachs Erster Bürgermeister Johannes Berner. „Mit einer klaren Kennzeichnung wollen wir diese Hemmschwelle abbauen und das Angebot sichtbar machen.“
„Freundliche Toilette“ als Zeichen für Sauberkeit
Gut erkennbare Aufkleber und eine regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit sollen künftig helfen, die teilnehmenden Betriebe leichter zu finden. Ziel sei es, die „Freundliche Toilette“ zu einem sichtbaren Zeichen für Gastfreundschaft, Sauberkeit und Zusammenhalt in Fellbach zu machen.
Letztlich stimmte das Gremium dem Vorschlag der Verwaltung angesichts der allgemein knappen Kassenlage zu. Simone Lebherz von den Stadtmachern sagte es so: „Die Haushaltssituation spielt uns nicht in die Karten.“