Der neue Imagefilm für Stuttgart ist seit einigen Tagen im Netz. Foto: Screenshot

Seit wenigen Tagen ist er im Netz: Stuttgarts neuer Image-Film zeigt eine strahlend schöne Stadt. Heftig sind die Reaktionen: Die einen schwärmen von einer „Liebeserklärung“, andere sagen, dies habe wenig mit der Wahrheit zu tun.

Stuttgart - Stäffele, Start-ups, Staatsgalerie, Sonnenwonnen – zielstrebig ist die Drohne bei schönem Wetter über Stuttgart geflogen, um von oben die besten Seiten zu erwischen. Der Zusammenschnitt davon ist knapp drei Minuten lang und kommt ganz ohne Worte aus. Nur mit faszinierenden Aufnahmen und mit einpeitschender Musik soll der schnell geschnittene Imagefilm für eine „moderne Großstadt in grüner Kessellage“ werben, wie es offiziell heißt, die „Weltoffenheit mit schwäbischer Lebensart“ und „Innovation mit Hochkultur“ vereint. Ha wa, mir! Onser Stuagert isch so doll indernational!

Den letzten Imagefilm ließ Stuttgart-Marketing 2006 produzieren – seinerzeit zur Fußball-WM. Seitdem, könnte man meinen, hat sich der Kessel womöglich rasanter als die Erdkugel weitergedreht. „Schnell, knackig, modern“, freut man sich beim Auftraggeber, ist das knallig bunte Werbevideo der Stuttgarter Agentur Traumwelt geworden, das nun im Netz zu bewundern ist. OB Fritz Kuhn hat Teile davon in Indien vorgeführt und soll viel Lob für die weltstädtische Anmutung geerntet haben. Einen zweiten Film von denselben Machern gibt’s für die Region Stuttgart.

Staus, Baustellen und Feinstaub sind ausgeblendet

Die 1999 gegründete Traumwelt GmbH war bisher unter anderem für das Image der Bundeswehr, von Mercedes, Bosch und Toyota im Einsatz. Fast alle Sequenzen für den Stuttgart-Film wurden neu gedreht. Über die Kosten haben die Beteiligten Stillschweigen vereinbart. „In der Zukunft werden Marken nicht präsentiert, sie werden inszeniert“, steht auf der Homepage von Traumwelt. Die Agentur hat ihre Heimat Stuttgart als perfekte Stadt inszeniert, was für heftige Reaktionen im Netz sorgt.

Außerdem im Video: Feinstaub und Stickoxide in Stuttgart – wo liegt das Problem? Warum ist die Belastung höher als in anderen Städten? Und was sind Feinstaub und Stickoxide überhaupt? Mit unserem 10-Fakten-Video können Sie mitreden.

Die einen sind hellauf begeistert, rühmen eine „großartige Liebeserklärung“ an Stuttgart. „Ich habe solche schöne Erinnerungen an meine Geburtsstadt“, schreibt eine ausgewanderte Schwäbin. Nach Betrachten des Films will sie „bald wiederkommen“. Andere beklagen, dass der Film mit der Realität wenig zu tun habe. Denn wichtige Bestandteile der Stadt wie Staus, Baustellen und Feinstaub habe man ausgeblendet. „Wir haben keinen journalistischen Anspruch“, erklärt Produzent John Pistauer. Sein Film soll Lust auf Stuttgart machen. Selbst als „Lokalpatriot“ habe er bei der Recherche „über Stuttgarts Vielfalt“ gestaunt: „Es war nicht leicht, Motive zu streichen. Wir hätten mehr bringen können.“ Mit ihrer Liebe zur Heimatstadt gehen Schwaben selten hausieren. Jetzt dreht Stuttgart-Marketing mit großem Kino auf. Wahrheiten lassen sich schön machen.