Ludwigsburgs Barock-Weihnachtsmarkt zieht jedes Jahr Hunderttausende Besucher an. Bei der Abrechnung der Standmieten tauchen nun Ungereimtheiten auf. Foto: factum/Granville

Die Staatsanwaltschaft prüft Vorwürfe gegen einen kürzlich entlassenen Mitarbeiter der Ludwigsburger Verwaltung. Der Mann soll für finanzielle Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmarkt verantwortlich sein.

Ludwigsburg - Ende Januar hat die Stadt Ludwigsburg eine Mitteilung verschickt, der Inhalt war ebenso ungewöhnlich wie kryptisch: Wegen „Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmarkt“ habe man sich von einem Mitarbeiter getrennt, hieß es. Weitere Angaben machte das Rathaus nicht, weshalb nicht nur unklar blieb, um welchen Mitarbeiter es sich handelt, sondern auch, was ihm vorgeworfen wird.

Bis heute äußert sich die Verwaltung nicht zu dem Fall, dennoch sind nun Details durchgesickert. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung richten sich die Anschuldigungen gegen einen Abteilungsleiter, der seit vielen Jahren mit der Organisation von großen Veranstaltungen, darunter dem Weihnachtsmarkt, betraut war. Dem Mann wurde nicht nur fristlos gekündigt, die Stadt hat den Fall auch der Staatsanwaltschaft in Stuttgart zur Prüfung vorgelegt. Weil bisher kein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, will sich die Behörde nicht zu dem Thema äußern. Das Gleiche gilt für den beschuldigten Mitarbeiter, der sich seinerseits einen Anwalt genommen hat. Ob die Kündigung rechtswirksam ist, wird vermutlich ein Arbeitsgericht entscheiden müssen.

Der Stadt sollen mindestens 120 000 Euro entgangen sein

Wegen der verständlichen Zurückhaltung aller Beteiligten – immerhin steht die Aufarbeitung noch ganz am Anfang – ist der konkrete Inhalt der Vorwürfe nur schwer zu greifen. Im Kern geht es darum, dass der Mann die Mieten der Beschicker des Weihnachtsmarkts unsauber abgerechnet haben soll – zum Schaden der Stadt, der dadurch im Laufe der Jahre insgesamt mindestens 120 000 Euro entgangen sein sollen. Das berichten übereinstimmend sowohl Mitarbeiter des Rathauses als auch Geschäftsleute, die mit ihren Ständen seit Jahren in Ludwigsburg vertreten sind. Auch sie wollen namentlich nicht genannt werden. Andere, aber weniger glaubwürdige Quellen, sprechen von einem noch deutlich höheren Schaden für die Stadt.

Außerdem ist zu hören, dass nicht nur im Rahmen des Weihnachtsmarktes Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, auch andere Feste wie die Venezianische Messe sollen betroffen sein. Ob der Mitarbeiter lediglich unsauber arbeitete oder eventuell gezielt vorging, klärt derzeit die Staatsanwaltschaft. Der Hauptvorwurf lautet, so berichten es Insider, dass der Abteilungsleiter nicht von allen Marktbeschickern die Miete kassiert haben soll, die er gemäß der Preisliste der Stadt hätte kassieren müssen. Zudem soll seine Rechnungsführung ex-trem undurchsichtig gewesen sein, auch die Abrechnungen von Nebenkosten sollen Unregelmäßigkeiten aufweisen.

Hat der Mitarbeiter einzelne Gastronomen bevorzugt?

Warum der äußerst erfahrene Mitarbeiter derart dubios vorging – sofern die Anschuldigungen zutreffen, denn bis zum Beweis des Gegenteils gilt die Unschuldsvermutung –, ist nebulös. Zwei Insider aus der Marktszene vermuten, der Mann sei damit einzelnen Gastronomen entgegengekommen: beispielsweise, weil diese sich bei der Vergabe von Plätzen auf dem Markt benachteiligt gefühlt hätten. Dies wäre ein klarer Verstoß gegen die Satzung der Stadt, denn diese beinhaltet eine detaillierte Preisliste für die Standmieten: Diese richten sich in erster Linie nach dem Warenangebot und der Größe der jeweiligen Stände. Letztlich hätte der zuständige Mitarbeiter damit vor allem gegen den Grundsatz verstoßen, alle Beschicker und Gastronomen gleich zu behandeln.

Zu den vielen offenen Fragen in dieser Affäre gehört auch jene, wie die mutmaßlichen Verfehlungen bekannt wurden. Aus unterschiedlichen Quellen ist zu hören, dass einer Verwaltungsangestellten im vergangenen Dezember Ungereimtheiten bei der Verlegung eines Standes aufgefallen seien. Daraufhin wurden offenbar alle Bilanzen und Rechnungen der Feste in den vergangenen Jahren überprüft: mit dem Ergebnis, dass der Stadt wohl ein hoher Betrag entgangen ist. Die Revision innerhalb der Verwaltung dauert noch an.

Der Weihnachtsmarkt boomt

Gerüchteweise ist auch zu hören, dass die Verwaltungsspitze schon länger schlecht auf den Mitarbeiter zu sprechen war, weil dieser zu eigenmächtig agiert habe. Unter vielen Beschickern genießt der Mann jedoch einen guten Ruf: Sie betonen, dass sie sich nicht vorstellen können, dass der Abteilungsleiter in krimineller Absicht gehandelt habe. Im Gegenteil: dieser sei stets sehr verlässlich gewesen. „Wenn das wirklich so gravierend war, stellt sich auch die Frage, warum das so lange niemandem aufgefallen ist im Rathaus“, sagt ein Gastronom.

Zu betonen ist auch, dass sich der Weihnachtsmarkt unter der Zuständigkeit des beschuldigten Abteilungsleiters hervorragend entwickelt hat. Weil die Zahl der Stände stetig zugenommen hat, sind auch die Mieteinnahmen sukzessive gewachsen.