Bürgerm Foto: Haar

Eine Delegation aus Straßburg mit Schülern informiert sich im Rathaus zu Themen der Energiewende und des Klimaschutzes.

Stuttgart - Für diesen Termin mussten die Gymnasiasten nicht die Schule schwänzen. An diesem Tag konnten sie ganz offiziell ihre Haltung und Engagement in Sachen Klimawandel demonstrieren. Schüler aus Stuttgart (Porsche-Gymnasium, Robert-Bosch-Schule) und aus der Partnerstadt Straßburg waren dieses Mal nicht an einem Freitag „for future“ vor dem Rathaus, sondern mittwochs im mittleren Sitzungssaal.

Für Thierry Willm, Energie-Direktor der Stadt Straßburg, ist dieses Interesse der Schüler beider Länder am Klimaschutz eine wunderbare Sache. „Mich freut es sehr, dass diese jungen Menschen als Bürger positionieren und uns auf dieser Delegationsreise begleitet haben. Sie bilden unsere Gesellschaft von morgen – sie müssen den Klimaschutz weiter treiben und umsetzen.“

In Frankreich gibt es wie in Deutschland die „Friday-ForFuture“-Demonstrationen der Schüler. Allerdings sei die ökologische Bewegung insgesamt in Politik und Gesellschaft nicht so stark verankert, wie in Deutschland. „Bei uns werden solche Diskussionen von den sozialen Problemen überlagert“, erklärt Willm: „Es fehlt den Menschen das Geld.“ Deutschland, speziell Stuttgart, habe für die Straßburger in Sachen Klimaschutz eine gewisse Vorbildfunktion.

Neue Solaranlage auf dem Rathaus-Dach

Konkret wurde in einem Bericht von Jürgen Görres vom städtischen Amt für Umweltschutz. Er skizzierte das von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) angestoßene Konzept „Urbanisierung der Energiewende“. Auf diesem Weg, so assistierte ihm Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne), sei „die Stadt einen entscheidenden Schritt weiter gekommen“. Beispiele gebe es reichlich. Etwa, dass die Stadt und ihre Betriebe seit 2012 auf Ökostrom setze. Oder dass „wir den Ausbau der Fotovoltaik-Technik auf den städtischen Dächern weiter vorantrieben“. Dass man hier den ehrgeizigen Zielen etwas hinterherhinke, liegt laut Pätzold an den fehlenden Handwerkern und Statikern. Stolz verkündete das Duo Pätzold/Görres jedoch, dass die geplante Solaranlage (471 m²/280 000 Euro Kosten) auf dem Rathausdach bald jährlich 80 000 Kilowattstunden Ertrag bringen und 547 Kilogramm CO2 einsparen soll. Mit größerem Interesse verfolgten die Schüler jedoch die Details zur energetischen Sanierung der Uhlandschule. Zufriedenes Nicken bei den französischen Gästen erntete Görres auch, als er das große Ziel der Stadt verkündete: „Bis zum Jahr 2050 wollen wir ganz weg von Atom-, Kohle- oder anderen fossilen Energien. Bis dahin soll Stuttgart klimaneutral sein.“

Kein Energie-Plus-Bahnhof

Wie aufgeweckt die jungen Franzosen sind, zeigte sich in den Fragen an Bürgermeister Peter Pätzold und Energie-Experte Jürgen Görres.

„Wie viele Kohlekraftwerke speisen den Energiebedarf der Stadt?“

Pätzold: „Ein Müllkraftwerk, das auch Kohle verfeuert.“

„Gehen die großen Firmen wie Bosch mit gutem Beispiel voran?“

Görres: „Ja.“

„Wird der neue Bahnhof auch klimaneutral sein?

Pätzold: „Nein, das wird kein Energie-Plus-Bahnhof. Energie einzusparen, ist nicht das zentrale Thema dieses Bahnhofs.“

Die letzte Antwort zu diesem Zukunftsprojekt überraschte manche Gäste aus Frankreich. Denn dort gehen die jungen Menschen offenbar sehr bewusst mit Ressourcen um. Auf die Frage an die Schüler, „Macht ihr auch immer die Fenster zu und schaltet überflüssiges Licht aus?“, erntete Görres nur Kopfnicken. Es war nicht der Rede wert. Gleichwohl waren Pätzold und Görres angetan vom Dialog mit den Schülern. Der Bürgermeister ermutigte die jungen Menschen sogar, weiter für den Klimaschutz zu kämpfen: „Die Friday-for-Future-Demos sind ein wichtiges Zeichen. Auch wenn es mit einem gewissen Schulschwänzen verbunden ist.“ Aber vielleicht ist das ja in Zukunft gar nicht mehr nötig, wie Görres hofft: „Wir machen uns gerade Gedanken, was aus dieser Bewegung noch werden kann oder was man daraus machen kann.“

Ein Anfang war gemacht – an diesem Mittwoch für die Zukunft. Mit Schülern im Rathaus statt nur davor.