Auf der Jugendfarm Böblingen kümmern sich unter anderem Kinder und Jugendliche um das Wohlergehen der dort lebenden Tiere – darunter auch zahlreiche Pferde. Foto: factum/Granville

Die Jugendfarm Böblingen lockt alljährlich viele Kinder und Jugendliche im Alter von sieben bis 17 Jahren an. In der offenen Einrichtung im Süden der Stadt lernen die Kinder unter anderem die Pflege und den Umgang mit Tieren. Die Stadt unterstützt die Arbeit jährlich mit 50 000 Euro.

Böblingen - Einstimmig hat der Böblinger Gemeinderat bei seiner jüngsten Sitzung beschlossen, die Arbeit der Jugendfarm Böblingen in den kommenden fünf Jahren mit jeweils 50 000 Euro zu bezuschussen. Iris Wersich, die Vorsitzende des Trägervereins, freut sich über die kommunalpolitische Entscheidung. Dennoch reicht das Geld längst nicht, um die vor 24 Jahren von Eltern gegründete Einrichtung zu finanzieren. Um das Projekt am Laufen zu halten, muss der Verein jährlich 60 000 Euro selbst erwirtschaften. „Mindestens“, sagt die Vorsitzende. Denn selbst wenn am Ende pro Jahr 110 000 Euro für den laufenden Betrieb und das Personal zur Verfügung stünden, könne sich die Jugendfarm weder große Sprünge erlauben, noch seien freie Mittel für Investitionen verfügbar.

Heuunterstand wird dringend benötigt

Viel Kopfzerbrechen hat der Vorsitzenden daher der erforderliche Bau eines Heuunterstandes bereitet. Mehr als 50 000 Euro müssen noch 2016 in das Futterlager investiert werden, um das Stroh und Heu für die Tiere über den Winter trocken lagern zu können. Dass das Stuttgarter Bauunternehmen Flachs dem Verein das Betonfundament kostenfrei erstellen will, stimmt Wersich froh. „Aber der Schuppen steht dann halt immer noch nicht“ , sagt sie und hofft, nicht zuletzt über Spenden die Finanzierung so hinzubekommen, dass die Kasse des aktuell 129 Mitglieder zählenden Vereins nicht zu sehr belastet wird. „Denn rote Zahlen schreiben wir dafür sicher nicht“, sagt die Vorsitzende energisch. Sie legt auf der Farm selbst kräftig mit Hand an – ebenso ihr Mann und die beiden Söhne.

Viele Tiere sind auf der Jugendfarm zu finden und werden von den überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeitern sowie den Kindern und Jugendlichen, die an vier Tagen in der Woche nachmittags auf dem Gelände sind, versorgt. Dass das Angebot am südlichen Stadtrand Richtung Schönaich sehr beliebt ist, zeigen die Besucherzahlen. Jährlich werden 4000 Nutzer gezählt. Sie pflegen die auf der Farm lebenden Tiere, gehen mit ihnen spazieren, spielen oder basteln – beispielsweise für den nächsten Adventsbasar, über den der Verein einen Teil seiner Einnahmen erwirtschaftet. „Jedes Stück Kuchen, jedes gebastelte Stück, das wir da verkaufen, hilft uns zu überleben“, sagt die Vorsitzende. Sie würde sich wünschen, dass die Einrichtung insgesamt mehr Unterstützung aus der Bevölkerung erfährt – und freilich auch von Eltern, deren Kinder regelmäßig auf die Jugendfarm kommen. „Manche Eltern sind immer mit vollem Einsatz dabei, wenn wir Hilfe brauchen – andere nie zu sehen“, bedauert sie.

Kinder sollen von der Einrichtung profitieren

Im Klagen ergeht sich Iris Wersich aber nur selten. Stattdessen lebt sie nach der Devise: Machen! „Es geht um die Kinder, die von dieser Einrichtung profitieren“, sagt die 51-Jährige, die hofft, dass das Projekt, das im nächsten Jahr 25 Jahr besteht, noch viele Jahre ein Ort der Begegnung zwischen Menschen und Tieren ist. Sorgen bereitet ihr aber, dass sie noch niemanden in ihrer Nachfolge als Vorsitzende sieht. Denn irgendwann komme auch der Zeitpunkt, wo sie sich nicht mehr so stark einbringen könne. „Ich frage mich oft, was passiert, wenn ich beispielsweise durch Krankheit ausfalle.“ Eine Schließung der Jugendfarm kann und will sich Wersich nicht vorstellen. Sie setze daher alles daran, die Zukunft der Einrichtung zu sichern, „auch wenn ich nicht mehr mitmische“. Dafür würde sie sich wünschen, dass das genutzte Areal dem Verein pachtfrei zur Verfügung gestellt würde. „So wie es in Sindelfingen der Fall ist“, so Wersich. Der einstige Aussiedlerhof ist seit 1990 im Besitz der Stadt.

Auch tiergestützte Therapien werden angeboten

Nicht nur die offene Arbeit für Kinder und Jugendliche wird auf der Jugendfarm groß geschrieben. Auch mit Schulen und Kindergärten arbeitet die Einrichtung zusammen. Außerdem werden tiergestützte Therapien angeboten.

Die nächste große Aktivität des Vereins wird der Adventsmarkt auf dem Jugendfarmgelände am 19. November (von 16 Uhr bis 20 Uhr) sowie am Tag darauf von 15 bis 19 Uhr sein. Ihren Blick richtet Iris Wersich aber auch bereits auf das Jahr 2017. Dann soll das 25-jährige Bestehen der Jugendfarm nämlich „ganz groß gefeiert werden“.