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Im Rechtsstreit um den Abriss der Cannstatter Kurve ist es am Mittwoch zu keiner Einigung gekommen.

Stuttgart - Die Häussler-Gruppe fordert von der Stadion GmbH bereits jetzt Geld für den Fall, dass die Mieter im Carl-Benz-Center während des Umbaus der Cannstatter Kurve die Miete mindern. Vor Gericht kam es am Mittwoch zu keiner Einigung. Jetzt kann nur noch eine einstweilige Verfügung den Abriss verhindern.

Nach drei Stunden zäher Diskussionen herrscht im Saal des Stuttgarter Landgerichts dicke Luft - nicht nur, was den Sauerstoffgehalt im Raum angeht. Denn trotz einiger Zugeständnisse sind sich die Kontrahenten zuvor bei der Güteverhandlung im Kernpunkt nicht nähergekommen. "Wir werden am Montag wie geplant mit dem Abbruch der Cannstatter Kurve beginnen", sagt Martin Rau, Geschäftsführer der Stadion Neckarpark GmbH, am Ende sichtlich genervt.

Fassadenreinigungen und Lärmschutz vorgesehen

Die 16. Bau- und Bodengesellschaft der Stuttgarter Häussler-Gruppe und der Waiblinger Stihl-Gruppe klagt gegen die Stadion GmbH, in der Stadt und VfB Stuttgart vertreten sind. Rudi Häussler, Miteigentümer des Carl-Benz-Centers neben dem Stadion, befürchtet, dass seine Mieter während der Umbauzeit der Cannstatter Kurve die Miete mindern. Deshalb fordern die Anwälte der Gesellschaft eine Sicherheitsleistung von 1,75 Millionen Euro, ansonsten dürfe der Abriss nicht beginnen.

Die Stadion GmbH lehnt dieses Ansinnen am Mittwoch erneut ab. Sie ist der Meinung, dass jegliche rechtliche Grundlage für die Forderung fehle. Laut Erbbaurechtsvertrag sei klar geregelt, dass Beeinträchtigungen durch die Baustelle geduldet werden müssten. Zudem werde man alles Erdenkliche tun, um die Beeinträchtigungen gering zu halten. Neuerdings sind zusätzliche Fassadenreinigungen am Carl-Benz-Center sowie eine Lärmschutzwand vorgesehen. Man könne bei Problemen sogar über Entschädigungen reden - aber nicht bereits vorher.

Einstweilige Verfügung kann Bagger stoppen

Unterstützung bekommt die Stadion GmbH vom VfB Stuttgart. Der ist nicht nur in der GmbH vertreten, sondern auch als Mieter im Carl-Benz-Center. Vor Gericht erklärt ein Vereinsvertreter, dass man auf Mietminderungen verzichten werde. Der einzige Betrieb, der noch im Gerichtssaal eine Mietminderung um hundert Prozent ankündigt, ist das Hotel Hilton Garden Inn. "Während der Bauarbeiten erwarten wir große Umsatzverluste besonders im Tagungsbereich", sagt Betreiber Manfred Friedrich.

Die Richterin rät zu einem Vergleich, doch der kommt nicht zustande. Ein Vorschlag der Häussler-Anwälte sorgt für zusätzliches Erstaunen: Man würde statt der Sicherheitsleistung auch akzeptieren, wenn sich die Stadion GmbH dazu verpflichte, Hotelzimmer und die - ohnehin nur schwach gebuchte - Veranstaltungshalle Carl-Benz-Arena auszulasten.

Einstweilige Verfügung kann Bagger stoppen

Das Gericht lässt durchblicken, dass die Klage der Häussler-Gruppe wenig Chancen hat. "Ich tue mich schwer damit, jetzt schon einen Entschädigungsanspruch zu bemessen", sagt die Richterin. Man wisse noch gar nicht, ob, wann und in welchem Umfang es zu Beeinträchtigungen komme und ob es überhaupt ein Recht auf Entschädigung gebe. "Wir fühlen uns bestätigt", sagt Rau.

Nichtsdestotrotz soll nun über die Klage entschieden werden. Der Verkündungstermin ist der 22. Juni. Das macht das Verfahren endgültig kompliziert. Denn bis dahin wäre der Abriss der Cannstatter Kurve, den die Klage verhindern will, bereits weit fortgeschritten. Deshalb könnte nur noch eine einstweilige Verfügung die Bagger stoppen. Mit der hat die Häussler-Gruppe im Saal bereits gedroht. Die Stadion GmbH hat für diesen Fall eine Schutzschrift beim Gericht hinterlegt, damit sie angehört werden muss, bevor entschieden wird.

Falls eine solche einstweilige Verfügung dennoch greift, müssten die Bauarbeiten gestoppt werden. Doch dann könnte am Horizont der nächste Rechtsstreit heraufziehen. Falls das Stadion nicht rechtzeitig fertig würde, könnte wiederum der VfB Schadenersatz von der Häussler-Gruppe fordern. Dann würde richtig dicke Luft herrschen.