Drei Spielzeiten lang wird das Schauspiel Stuttgart saniert – Juristische Nachspiele drohen.
Stuttgart - „Endstation Sehnsucht“, eine Theaterfassung des Romans „Die unendliche Geschichte“, „Blick zurück im Zorn“, das wären so die Dramen, die einem beim Gedanken an das 25 Millionen Euro teure Sanierungsdesaster im Schauspielhaus Stuttgart einfallen. Das Spielzeitbuch ist aber schon lange fertig, und diese Titel, sagt Hasko Weber, kämen ihm nicht in den Sinn. Kein böser Blick zurück also, dazu ist auch gar keine Zeit. Denn noch gibt es jede Menge ungelöster Fragen, die auch am Montag noch nicht alle geklärt werden konnten. Auch nicht von Ministerialdirektor Wolfgang Leidig vom Finanzministerium, das als Bauherr fungiert, und der sich kurzfristig zum Gespräch am Dienstag bei den Theaterleuten hinzugesellt hatte.
Die Schuldfrage
Unklar. Der Landesrechnungshof wurde vom Finanzministerium gebeten, eine Fehleranalyse zu betreiben und zu klären, ob die Bauherren sich nicht genügend um zügige Bauabwicklung gekümmert haben, ob falsch geplant wurde, ob zu geringe Bauzeiten veranschlagt wurden und wo Verzögerungen und Pfusch von Baufirmen verursacht wurden. „Wir haben die allergrößte Gewissheit nötig, damit sich diese Erfahrungen nicht wiederholen“, so Wolfgang Leidig. Denn es steht ja bald noch die Sanierung der Oper an. Leidig rechnet mit einem längeren gerichtlichen Nachspiel. „Generell ist die Kompetenz unser Bauabteilung hoch“, verteidigt er seine Mitarbeiter. Tatsache ist aber auch, dass seit Sommer ein zusätzlicher Bauamtsmitarbeiter aus Karlsruhe die Arbeiten überwacht. Leidig: „Man wollte einen Kollegen, der in den bisherigen Prozess nicht involviert war.“ Auch ein externer Kostencontroller wurde eingesetzt – bezahlt vom Land.
Die Kosten fürs Theater
Statt einer Interimssaison werden es drei, statt der vom Staatstheater veranschlagten Eigenkosten von drei Millionen Euro sind es bis zum 17. Februar 2012 4,5 Millionen Euro. Geschäftsführender Intendant Marc-Oliver Hendriks: „In der Saison 2010/2011 haben Einrichtung und Betrieb in der Interimsspielstätte Türlenstraße 2,2 Millionen gekostet, 1,3 Millionen geringere Einnahmen durch weniger Platzkapazität kommen hinzu. Wegen der hohen Personalbindung in den drei Bühnen waren keine Gastspieleinnahmen möglich.“ Ein Minus von einer Million Euro kam in der Zeit von Sommer 2011 bis Februar 2012 hinzu, weil das Theater länger als geplant in der Türlenstraße bleiben musste und wiederum weniger Karten verkaufen konnte. Bis zum Saisonende 2012 gibt es wegen dringender Reparaturen weitere Vorstellungsausfälle. Auch die nächste Schließzeit, die mindestens bis März 2013 dauert, wird zusätzliche Kosten verursachen. Die bisherigen 1,5 Millionen Euro Mehrkosten gehen vom künstlerischen Etat ab. Ob deshalb Premieren ausfallen müssen oder Stadt oder Land finanziell einspringen, ist noch unklar.
Wer zahlt die Pannen?
Ein klares Nein kommt vonseiten des Landes, was die Frage betrifft, ob das Land als Bauherr und möglicher Mitverursacher der Pannen mehr als die vereinbarten 50 Prozent der Baukosten übernimmt. Die Stadt Stuttgart, die die anderen 50 Prozent bezahlt, so war am Montag nach der Verwaltungsratssitzung von Mitglied und Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann zu hören, sieht das anders und will das prüfen lassen.
Wie geht es weiter?
„Uns wurde bis Ende Februar ein Bauplan versprochen. Es liegt bis jetzt keiner vor“, sagt Hasko Weber. Das Land als Bauherr ist in der Pflicht, denn das Theater nutzt das Gebäude, kann aber keine Bauaufträge vergeben. Wolfgang Leidig konnte jedoch noch immer keinen konkreten Termin nennen, bis wann es einen Plan geben wird – seit März ist allerdings bekannt, dass die Drehbühne komplett neu gebaut werden muss (allein der Einbau dauert mehrere Monate). Die Firma dafür kann aus vertragsrechtlichen Gründen nicht gewechselt werden. Seit Dezember ist klar, dass die Kommunikationstechnik nachgebessert, neue Stühle eingebaut und die Beleuchtungsrinne repariert werden müssen.