Die englische Dramatikerin Caryl Churchill Foto: Staatstheater Stuttgart/Marc Brenner

Sie war schon fürs Gendern, als noch niemand sonst das Wort kannte: das Land Baden-Württemberg und das Staatstheater Stuttgart ehren die britische Dramatikerin Caryl Churchill mit 75 000 Euro.

Der Europäische Dramatikerpreis des Landes Baden-Württemberg geht an die Theaterautorin Caryl Churchill. Die 83-jährige Britin habe, so eine fünfköpfige Fachjury unter Leitung des Kritikers Peter Michalzik, „über mehr als 60 Jahre ein substanzielles, wirkungsstarkes und ausgesprochen engagiertes Werk geschaffen“. Sie greife „gesellschaftliche, humane, wissenschaftliche und politische Fragestellungen auf“. Der, wie er korrekt heißt, Europäische Dramatiker:innenpreis wird alle zwei Jahre vom Schauspiel Stuttgart des Staatstheaters für ein „herausragendes Gesamtwerk“ vergeben und ist mit 75 000 Euro der höchstdotierte Preis der dramatischen Kunst in Europa.

Über die „Top Girls“ aus der Wirtschaft

Feministisch, kapitalismuskritisch, antikolonialistisch – all das war Caryl Churchill schon Anfang der 1970er Jahre, also lange bevor solche Haltungen zum guten Ton auch bürgerlicher Medien wurden. Stücke wie „Cloud 9“ über den englischen Imperialismus, „Top Girls“ über Frauenkarrieren in der Wirtschaft oder „A Number“ über das Klonen von Menschen wurden auf vielen Bühnen weltweit gespielt. In jüngerer Zeit ist es um die Autorin, die auch fürs Fernsehen arbeitet, dagegen ruhiger geworden.

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Der diesjährige Förderpreis, dotiert mit 25 000 Euro, geht an die ukrainische Dramatikerin Lena Lagushonkova. Sie lebt derzeit in Kiew. Ihre Stücke erzählen vom Leben einer jungen Frau vor dem Hintergrund von Revolution und Krieg. Nach Angaben des Theaters reagierte Lagushonkova aktuell auf die Mitteilung einer bevorstehenden Auszeichnung mit den Worten: „Vielen Dank. Ich hoffe, dass ich dann noch lebe.“

Europäischer Dramatikerpreis. Verleihung im Rahmen eines Festwochenendes vom 18. bis 20. November im Staatstheater Stuttgart.