Geht in seine zweite Stuttgarter Saison: der Opernintendant Viktor Foto: Lichtgut/Piechowski

Von Vivaldi über Verdi bis zu Sciarrino: Viktor Schoner und Cornelius Meister haben das Stuttgarter Opernprogramm der kommenden Spielzeit vorgestellt.

Stuttgart - Der Zusammenklang besteht aus vielen Tönen, und das Richtung Weisende an ihm ist, dass er keine Richtung hat. Cornelius Meister, Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart, spielt am Klavier das Vorspiel rund um Wagners berühmten „Tristan“-Akkord, und man darf sich über die schöne Reibung freuen, die danach entsteht: „Wir gehen unseren Weg weiter“, sagt Viktor Schoner, bevor er das Programm seines Hauses für die kommende Spielzeit vorstellt, und wirkt dabei durchaus zielbewusst. Welche Werke 2019/20 an der Staatsoper Premiere haben werden, hat der Opernintendant schon im März bekannt gegeben: Verdis „Don Carlos“ wird man erleben können (in der französischen Fassung), Mozarts „Figaro“, Vivaldis „Juditha triumphans“; dazu Schuberts „Winterreise“ in Hans Zenders Fassung sowie zwei Doppelabende, Mussorgskys „Boris Godunow“ mit Sergej Newskis neuem „Boris“ und Mascagnis „Cavalleria rusticana“ mit Sciarrinos „Luci mie traditrici“ (1998).

Das Repertoire wird mit attraktiven Namen aufgepeppt: Catherine Naglestad gibt ihr Debüt als Isolde, Daniel Behle wird sich (nach einigen Vorstellungen an der Oper Dortmund) in Stuttgart als Lohengrin ausprobieren. Großen Wert habe man, so Schoner, auch auf die Auswahl der Dirigenten gelegt, denn „das Kraftzentrum des Opernhauses ist im Graben“, und im übrigen sei Cornelius Meister „ein Magnet, er zieht viele an“.

Ähnliches hätte er auch über die in ihrer neuen Heimat florierende Junge Oper im Nord (Join) und ihre dynamische Leiterin Elena Tzavara sagen können, die bei den Neuproduktionen der kommenden Spielzeit mit der Nikolauspflege (bei „Artus“, einem Stück auf der Grundlage von Henry Purcells „King Arthur“) und dem Schwäbischen Turnerbund (bei Philip Glass’ Tanzoper „Les Enfants Terribles“) kooperiert. Das Angebot der Vermittlungsangebote für alle Altersgruppen ist vielfältig, es reicht von Kinder-Workshops zu fünf Sonntags-Sinfoniekonzerten bis hin zu Familienvorstellungen, einem Opern-Lab und gemeinsamen Stückentwicklungen. Mit ihren beliebten Sitzkissenkonzerten für die ganz Kleinen will die Junge Oper zukünftig in ganz Baden-Württemberg unterwegs sein.

Dass es für das Opernstudio der Staatsoper, das ebenfalls unter dem Dach des Join arbeitet, 650 Bewerber gab (von denen dann lediglich drei ausgewählt werden konnten), zeugt für die Attraktivität eines Hauses, das auch unter Viktor Schoner viel Wert auf das Sängerensemble legt. Bereichert wird dieses ab September durch zwei Opernstudio-Absolventen (Ida Ränzlöv, Moritz Kallenberg) sowie durch die Mezzosopranistin Rachael Wilson, die aus München, und den Bariton Björn Bürger, der aus Frankfurt nach Stuttgart kommt. Und um „Feldforschung rund um die Stimme“ (Schoner) wird sich das Orpheus-Institut von Johannes Müller und Philine Rinnert im Rahmen von drei freien Produktionen (u. a. im Klub Wizemann) kümmern.

Auch 2020 wird es ein Frühjahrsfestival (dann unter dem Motto „Futur II“) geben. Und an fünf Abenden will man Vorstellungen der Oper per Gratis-Livestream verfügbar machen. Damit die Welt mitbekommt, wie in Stuttgart altes Musiktheater auf seine Zukunftsfähigkeit untersucht wird. Oder zumindest der Kontinent. „Oper“, betont Viktor Schoner, „ist eine europäische Kunstform.“

Informationen unter www.staatsoper-stuttgart.de