Realitäten der Staatsgalerie Stuttgart: mal funkelnd . . . Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Staatsgalerie Stuttgart steckt schon seit 2016 in der Baustellenfalle. Der Weg hinaus führt nur über das Kulturquartier Stuttgart, kommentiert „Stuttgarter Nachrichten“-Autor Nikolai B. Forstbauer.

Stuttgart - Ein Gespenst geht um in Stuttgart – der Umweg. Er lauert an jeder Ecke, bringt aber kaum positive Überraschungen. Da wird die Lage schnell unübersichtlich – auch dann, wenn das Ziel in Wahrheit immer erreichbar bleibt. Der Ruf nach schnellen und einfachen Lösungen ist programmiert. Hilfreich ist er nicht.

Das Zentrum der Landeshauptstadt birgt einen Schatz. Wie sonst nirgendwo in Deutschland finden sich in einem Geviert von kaum mehr als 1,5 Quadratkilometern hochkarätige Kultureinrichtungen. Das Geviert führt von den Staatsgalerie-Bauten über die Musikhochschule und das Haus der Geschichte weiter zum Hauptstaatsarchiv und zur Landesbibliothek, schwenkt mit dem Stadtpalais und dem benachbarten Institut für Auslandsbeziehungen Richtung Schlossplatz zum Landesmuseum Württemberg und dem Kunstmuseum Stuttgart. Dann über die in alle Festivals eingebundenen Kinos der Mertz-Gruppe in der Bolzstraße zum Kunstgebäude Stuttgart und schließlich über das Staatstheater-Areal mit Opernhaus und Schauspielhaus zurück zur Staatsgalerie. Höchste Qualität verbindet sich hier – und längst ist der richtige Begriff geprägt: Kulturquartier Stuttgart.

Das Kulturquartier verbindet Gegensätze, wagt Zeitsprünge, provoziert und versöhnt, schafft vibrierende Spannung und belohnt mit völliger Entspannung. All dies bündelt sich, wenn das längst in der großen Mitte der Bürgerschaft angekommene Internationale Trickfilm-Festival seine Fühler von der Arena Schlossplatz aus in die Kinos, in das Kunstgebäude und in das Kunstmuseum ausstreckt. Das Kulturquartier ist real, wird gelebt.

Rückendeckung durch Stadt und Land fehlt

Wo aber ist das Bekenntnis von Stadt und Land zu diesem Schatz, zu diesem einmaligen Ganzen? Die Landeshauptstadt muss ihre Mitte endlich neu denken, sich bekennen. Nur zu gerne pocht die Politik gegenüber Kultureinrichtungen auf das schöne Wort Zusammenarbeit. Warum aber machen umgekehrt Stadt und Land den realen Mehrwert des Kulturquartier-Ganzen nicht zum Ausgangspunkt eines übergreifenden Ganzen – von der Wegeführung über den Markenauftritt bis hin zu gegenseitigen Ticketvergünstigungen für Tagesbesucher?

Nur das klare Bekenntnis zu einem Ganzen im Straßengeviert Konrad-Adenauer-Straße, Charlottenplatz, Schlossplatz, Bolzstraße und Gebhard-Müller-Platz hilft weiter, wenn eine eben noch strahlende Einzelperle verschattet wird. Bleiben etwa, wie aktuell bei der inzwischen von allen Seiten schwer zugänglichen Staatsgalerie, die Besucherströme aus, spürt man dies auch im Kunstmuseum Stuttgart und im Institut für Auslandsbeziehungen. Gäbe es das klare Wegesystem Kulturquartier Stuttgart, wäre die Frage, wie man welche Einrichtung erreicht, leicht beantwortet – auch, wenn ein Umweg notwendig ist.

Kulturquartier Stuttgart jetzt!

Noch Jahre werden die Kultureinrichtungen in Stuttgarts Mitte mit Umwegen zu kämpfen haben. Dem absehbaren Abschluss des Neubaus der Landesbibliothek folgt von 2024 an die Großbaustelle Staatstheater-Areal mit Sanierung und Erweiterung des Opernhauses und Neubau des Kulissengebäudes. Auch deshalb gibt es nur einen Weg: Kulturquartier Stuttgart jetzt!

Und dies heißt auch: Zwischen dem Stirling-Ensemble mit Staatsgalerie, Musikhochschule und Haus der Geschichte sowie dem Staatstheater-Areal die Adenauerstraße ebenerdig überqueren zu können. Das geht nicht? Das hat man auch behauptet, als sich der frühere Baubürgermeister Matthias Hahn für Fußgänger-Überwege zwischen Leonhardskirche und Marktplatz verkämpfte. Heute? Sind sie selbstverständlich.