Prägt das Stuttgarter Stadtbild wesentlich mit: die Staatsgalerie mit dem 1984 eröffneten Neubau von James Stirling (rechts) Foto: Staatsgalerie

Museen gelten als energetische Problemfälle. Die Staatsgalerie Stuttgart verweist auf massive Einsparungen und sieht sich in einer „Vorreiterrolle in Deutschland“.

Prächtig glitzert die Neue Staatsgalerie in der Sonne – auch im 39. Jahr nach der Eröffnung 1984 behauptet sich die Architektur des Briten James Stirling als zentrale Wegmarke. Doch die Schätze der Staatsgalerie sind nicht nur hinter Glas und Travertin zu finden – erst die Sammlungs- und Ausstellungsräume im wiederholt aufwendig sanierten Altbau und im architektonisch feinen Querriegel des Steib-Baus hin zur Urbanstraße komplettieren das Staatsgalerie-Ganze mit 23 646 Quadratmeter Gesamtfläche – eine Kulturmaschine unter ständigem Volldampf. Und doch gilt auch für die Staatsgalerie die klare Forderung, Stromverbrauch und CO2-Emissionen zu senken.

166 Tonnen CO2 eingespart

Ein unmögliches Vorhaben? Die Zwischenergebnisse seit dem Startschuss der Nachhaltigkeitsoffensive 2016 zeigen ein anderes Bild. Durch eine Reduzierung des Stromverbrauchs 2020 und 2021 um 413 340 Kilowattstunden und das ausschließliche Nutzen von Ökostrom wurden 166 Tonnen CO2 eingespart. „Dies entspricht“, sagt Dirk Rieker, Kaufmännischer Direktor der Staatsgalerie, „der durchschnittlichen Menge des Verbrauchs von 100 Dreipersonenhaushalten.“

Auch andere Schritte wirken: Die komplette Beleuchtung im Haus ist auf LED-Lampen umgestellt. Zudem werden während der Heizperiode die Temperaturen in den Büros auf konstant 19 Grad abgesenkt, und in allen Verkehrsflächen und Nasszellen wird die Heizung abgestellt. Zudem wurde von 2017 bis 2019 der Wasserverbrauch um 1178 Kubikmeter reduziert.

Inlandsflüge sind verboten

Die 164 Beschäftigten der Staatsgalerie sind gleichzeitig Akteure wie Boten des „Green Culture“-Leitfadens. „In der Stellen- und Aufgabenbeschreibung eines jeden Mitarbeiters und einer jeden Mitarbeiterin“, sagt Dirk Rieker, „ist ein gewisser Stundenanteil für das Energie- und Umweltmanagement verankert.“ Ständig werden zudem Transportwege für Kunstwerke und andere Lieferungen und gewählte Verkehrsmittel überprüft. Inlandsflüge für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind grundsätzlich untersagt. Nur zu gerne summiert der Kaufmännische Direktor: „Wir sehen Nachhaltigkeit und Umweltschutz als einen lebendigen Prozess, der das ganze Haus und alle Abteilungen betrifft und mit dem wir unter den Kultureinrichtungen in Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen.“ Und Rieker geht noch weiter: „Im besten Falle würde dieser Prozess zukünftig von allen Kultureinrichtungen in Deutschland umgesetzt.“

Zentrale Steuerung

Seit dem Jahr 2020 leitet Konstantin Lom die Abteilung Verwaltung. Bei Lom als Managementbeauftragten der Staatsgalerie Stuttgart „laufen alle Fäden unserer Klimaschutzmaßnahmen zusammen, und er sorgt für deren Umsetzung“, erläutert Dirk Rieker. Braucht es diese Stelle wirklich? „Ein fester und hauptverantwortlicher Mitarbeiter“, entgegnet Rieker, „ist in diesem Prozess – von der Analyse, der Überwachung, der Realisierung bis hin zum Nachbessern und zur internen Kommunikation, um unser Personal in die Aktivitäten einzubinden – schlicht unabdingbar.“

Dirk Rieker ist Kaufmännischer Direktor der Staatsgalerie Stuttgart Foto: Staatsgalerie/

Wer aber überprüft, ob die „Green Culture“-Schritte auf dem Museumsflaggschiff des Landes wirklich greifen? Auf diese Frage hat Dirk Rieker gewartet: „Wir lassen unser Engagement für mehr Nachhaltigkeit einmal im Jahr von unabhängigen, externen Stellen prüfen und bewerten.“ Mit Erfolg. Was sich kompliziert anhört, steht für international anerkannte Eckdaten. Seit 2016 ist die Staatsgalerie in den ISO-Normen für Umwelt und Energie zertifiziert: nach DIN EN ISO 14001 und DIN EN ISO 50001 – „eine absolute Besonderheit in der deutschen Museumslandschaft“, sagt Dirk Rieker.

Die nächsten Schritte

Seit September 2022 empfiehlt der Deutsche Museumsbund für das zentrale Gut aller Museen – die Sammlung – statt eines einzelnen Sollwerts einen Klimakorridor mit festen Grenzwerten. Klar ist jedoch: Unter 15 Grad darf die Temperatur in keinem der Depots fallen. Auch die Staatsgalerie will die Empfehlung nutzen.

Die nächsten Schritte? Bis zum Jahr 2030 sollen die Raumlufttechnik-Anlagen erneuert, das Dach energetisch saniert sein – Photovoltaikanlagen inklusive. Eher spät erscheint dagegen die Umstellung des Staatsgalerie-Fuhrparks auf E-Antrieb sowie E-Lastenrad.

Auch das Publikum ist beteiligt

Das Publikum ist derweil bereits mit an Bord. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, erhält bei Vorlage eines entsprechenden Tickets den ermäßigten Eintrittspreis in die Ausstellungen. „Wir wissen“, sagt Dirk Rieker, „gerade die Museen stehen in Sachen Nachhaltigkeit unter kritischer Beobachtung – entsprechend offensiv wollen wir in der Staatsgalerie Stuttgart agieren.“

Das machen die anderen

Haus der Geschichte
 Hier spielt die Umstellung auf LED eine zentrale Rolle: In der Dauerausstellung geht es um 500 Einbauleuchten, die 16 inszenierte Bildräume in Szene setzen, und 480 Exponat-Beleuchtungen, die 1000 Objekte ins Licht rücken.

Kunstmuseum
„20 Prozent Energie“ will man im Kunstmuseum in diesem Winter einsparen. Dazu gehört auch, dass die Öffnungszeiten seit 1. Januar um eine Stunde reduziert sind – Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Freitag bis 20 Uhr.

Landesmuseum
In diesem Jahr will man „eine*n Nachhaltigkeitsmanager*in“ einstellen. Aktuell werden auch im Alten Schloss die Klimaanlagen so optimiert, „dass sie mit dem geringstmöglichen Außenluftanteil versorgt werden müssen“.