Bühne der Zukunftsdiskussion: Stirlingbau der Staatsgalerie Foto: Staatsgalerie

„So wie bisher können wir nicht weitermachen“. Mit solch einfachen Sätzen sorgte Christiane Lange, Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart, in den vergangenen Wochen für Aufregung. Jetzt will Lange nach „Grenzen des Wachstums“ fragen.

Stuttgart - „So wie bisher können wir nicht weitermachen“. Mit solch einfachen Sätzen sorgte Christiane Lange, Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart, in den vergangenen Wochen für Aufregung. Jetzt will Lange nach „Grenzen des Wachstums“ fragen.

Der Antritt

Seit Januar 2013 lenkt Christiane Lange die Staatsgalerie Stuttgart. Ein Haus, das die vormalige Lenkerin der Hypo-Kunsthalle in München nach dem Willen der Politik in die erste Liga der Kunstmuseen (zurück)führen soll. Doch schon bei ihrer Vorstellung in Stuttgart zeigt Lange die gelbe Karte. Das Haus, verblüfft die neue Chefin die verantwortlichen Kunstpolitiker neben ihr, habe strukturelle und finanzielle Defizite bei der doch immer wichtigeren Arbeit mit der eigenen Sammlung. Die Spannung bei Christiane Langes ersten öffentlichen Auftritt ist im ganzen Saal spürbar. Dann aber bricht sie selbst das Eis, lacht und schwärmt davon, das Publikum mitnehmen zu wollen.

Das Innehalten

Fast drei Jahre später lädt Christiane Lange an diesem Donnerstag und Freitag zu einer zweitägigen Konferenz in die Staatsgalerie. Der Titel: „Grenzen des Wachstums“. Allein die Ankündigung sorgte für einen nationalen Interviewmarathon. Christiane Lange – und damit die Staatsgalerie Stuttgart – auf allen Kanälen. „Wir müssen einfach darüber reden, wie es in den Kunstmuseen weitergehen soll“, sagt sie. Immer wieder. Da dürfte sich mancher an ihren Antritt erinnern, an die ja keineswegs versteckte Warnung vor falschen Erwartungen und nicht mehr realen Hoffnungen.

Das Thema

„Die Kunstwelt“, heißt es nun in der Ankündigung für die Konferenz „Grenzen des Wachstums“, „scheint sich der Wirtschaft angepasst zu haben: Wachstum ist die einzige Erfolgsformel. Museen leisten sich immer größere Bauten, ihre Zahl nimmt jährlich zu, die Sammlungen werden erweitert und die Kunstwerke selbst passen häufig nur noch in gigantische Industriehallen. Das Rad der Wechselausstellungen dreht sich zunehmend schneller, die Preise auf dem Kunstmarkt explodieren, die Marketing-Abteilungen werden ausgebaut, es geht darum immer neue Zielgruppen anzusprechen.“ Und weiter: „Ausgerechnet das Museum, das dem Sammeln, Forschen und Bewahren verpflichtet ist, scheint einer Wachstumslogik unterworfen zu sein, die der von entfesselten Märkten gleicht.“

Deutliche Worte, die doch immer auch als Selbstkritik zu verstehen sind – an einem Zustand, der nur gemeinsam zu ändern wäre.

Die Fragen

„Können Museen immer weiter wachsen? Gibt es eine Grenze des Wachstums? Wie könnte nachhaltiges Wachstum aussehen?“ Dies und andere Fragen sollen in der Staatsgalerie diskutiert werden.

Gesucht wird – ein „zukunftsweisendes Museumsmodell“. Und so ergeben sich weitere Fragen: „Wie kann etwa die Bedeutung der ständigen Sammlungen gestärkt werden? Welche Bildungsaufgaben übernimmt das Kunstmuseum im Vergleich zu anderen Institutionen?“ Und schließlich – kaum ohne Grund mit auf das Podium genommen: „Wie sieht ein nachhaltiger Museumsbau aus, der nicht nach 30 Jahren aufgrund zu geringer Flächen, veralteter Technik und veränderter Nutzungsbedürfnisse bereits wieder obsolet ist?“

Die Gäste

Programmatisch gibt sich der Auftakt der Konferenz an diesem Donnerstag. „Das Kunstmuseum – Eine erfolgreiche Fehlkonstruktion? Wie man Folgekosten erwirbt, die man nie wieder loswird“, ist der erste Vortrag überschrieben. Und ihn der Münchner Kunstwissenschaftler Walter Grasskamp halten wird, braucht man sich nicht zu sorgen, dass der versprochene Spannungsbogen nicht gehalten wird.

„Grenzen des Wachstums: Museum – Kunstmarkt – Politik – Gesellschaft. Eine Bestandsaufnahme“ unternimmt Staatsgaleriedirektorin Christiane Lange an diesem Freitag um 9.30 Uhr selbst – bevor Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg, bewusst provokant antworten darf: „Alle Welt ins Museum!“.

Eingeladen sind weiter Kunstwissenschaftlerinnen wie Bénédicte Savoy, aber auch Vertreter des Transport- und Logistikunternehmens Hasenkamp oder Spezialisten des Dialogs zwischen Museen und Partnern aus Industrie und Wirtschaft. Hintersinnig auch die Ankündigung für den Vortrag von Wolfgang Ullrich. Er fragt: „Das Kunstmuseum der Zukunft – eine Kreativitätsagentur?“

Die Informationen

Das gesamte Programm gibt es unter www.grenzendeswachstums.com und unter www.staatsgalerie.de. Die Veranstaltung findet im Vortragssaal im Stirlingbau der Staatsgalerie Stuttgart statt. Der Eintritt ist frei,