Streit-, Dreh- und Angelpunkt beim Wiedereinstieg des Landes bei der EnBW ist der Kaufpreis. Er sei zu hoch gewesen, sagen Grüne und SPD. CDU und FDP hingegen halten ihn für vertretbar. Nun bestellt die Staatsanwaltschaft einen Gutachter.
Stuttgart - Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft drückt bei den Ermittlungen zur Aufklärung des umstrittenen EnBW-Deals aufs Tempo. Die Behörde hat ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, mit dem der Wert des gehandelten Aktienpakets ermittelt werden soll. Das sagte Behördenchef Siegfried Mahler am Freitag vor dem EnBW-Untersuchungsausschuss im Landtag.
Das Ergebnis solle im Juli oder August dieses Jahres vorliegen. Die Expertise befasse sich mit dem Preis zum Stichtag des Rückkaufs durch das Land unter dem damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU). „Das Gutachten ist ein wichtiger Meilenstein“, erklärte Mahler. Ihm wäre es recht, wenn das Ermittlungsverfahren zum Jahresende abgeschlossen werden könnte.
Mahler machte deutlich, die Expertise sei notwendig, um sich ein unabhängiges Bild zu machen. Der federführende Staatsanwalt in dem Verfahren, Peter Vobiller, sagte weiter, es gebe noch keine Ergebnisse aus Frankreich. Das Land hatte den 45-Prozent-Anteil der EnBW-Aktien von der französischen EdF zurückgekauft.
Die Einholung der unabhängigen Expertise stieß auf breite Zustimmung. CDU-Obmann Alexander Throm meinte: „Die Staatsanwaltschaft traut dem Gutachten der Landesregierung nicht.“ SPD-Obmann Sascha Binder erklärte, er sei gespannt auf die Ergebnisse. In die Bewertung sollen nach Darstellung der Ermittler auch interne Unterlagen der EnBW miteinfließen.
Grünen-Obmann Uli Sckerl sagte, das Ziel, die Ausschuss-Arbeit vor der Sommerpause abzuschließen, sei in weite Ferne gerückt. Die Staatsanwaltschaft ist eigenen Angaben zufolge gleichfalls im Besitz der Schiedsklage des Landes gegen die EdF. Die Regierung verweigert bislang die Herausgabe der Dokumente. Das kritisierte erneut der FDP-Abgeordnete Andreas Glück. „Das ist eine unglaubliche Blockade der Landesregierung.“
Die schwarz-gelbe Regierung unter Mappus hatte im Dezember 2010 rund 4,7 Milliarden Euro für den Wiedereinstieg bei dem Karlsruher Energieversorger bezahlt. In diesem Zusammenhang ermittelt die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen Mappus wegen des Verdachts der Untreue.
Vor der Sitzung des Ausschusses war ein Streit um Material der landeseigenen Gesellschaft Neckarpri ausgebrochen. Sckerl warf der CDU ein Ablenkungsmanöver vor, weil sie einen Antrag auf Beschlagnahme des Materials stellen will. „Wir sind dafür, diese Frage ohne großen Wind in einem Gutachten klären zu lassen“, sagte der Grünen-Politiker. Dann wisse man, ob der Ausschuss den sogenannten Impairment-Test trotz der Bedenken seitens der EnBW bekommen kann. „Wir wollen das seriös geklärt haben.“
Bei dem Material handelt es sich um einen Test der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young zur Werthaltigkeit des Karlsruher Energieversorgers zum Stand Ende Juni 2011 im Auftrag der Neckarpri. Sie verwaltet den Landesanteil an der EnBW.
Der frühere LBBW-Analyst, Bernhard Jeggle, sagte, er habe keine Anzeichen für den Wiedereinstieg des Landes gehabt. Er habe nie geglaubt, dass die EdF ihre Anteile komplett verkaufen würde. Vor dem umstrittenen Geschäft hatte sich Jeggle, der heute bei der Neckarpri ist, mit der EnBW befasst.