Die CDU will die Möglichkeit einschränken, zwei Staatsangehörigkeiten zu besitzen. Foto: dpa

Die Unterstützung für Recep Tayyip Erdogan unter Türken in Deutschland wirft Fragen auf. Die Union überlegt nun, dass sich spätestens die Enkelgeneration der Zuwanderer für eine Staatsangehörigkeit entscheiden soll – allerdings müsste ausgerechnet Erdogan dabei mitspielen.

Berlin - Mit einem Kompromissmodell zur doppelten Staatsangehörigkeit will die CDU ihren internen Streit beenden und in den Wahlkampf ziehen. „Der Doppelpass darf nicht die Regel sein, sondern er muss die Ausnahme bleiben“, sagte Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth dieser Zeitung: „Wir wollen vor allem nicht, dass sich unterschiedliche Staatsangehörigkeiten über Generationen hinweg vererben.“ Aus diesem Grund wird im Konrad-Adenauer-Haus und im CDU-geführten Bundesinnenministerium von Thomas de Maizière derzeit am Modell eines „Generationenschnitts“ gearbeitet.

De Maizière hatte Mitte Januar einen entsprechenden Vorschlag gemacht, nachdem der Essener CDU-Parteitag Anfang Dezember gegen seinen Willen und den von Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Rückkehr zum sogenannten Optionsmodell beschlossen hatte. Damals mussten sich in Deutschland geborene Kinder von Zuwanderern aus Nicht-EU-Staaten wie der Türkei mit 23 Jahren für einen Pass entscheiden. Da dies auch nach der Wahl keiner der möglichen Koalitionspartner unterstützen dürfte, zugleich aber die Forderung aus der Partei nicht in den Wind geschlagen werden soll, läuft es nun auf de Maizières Kompromissidee hinaus, die er sich vom Sachverständigenrat der deutschen Stiftungen für Integration und Migration geliehen hat.

Erdogan befeuert die Debatte in Deutschland

„Wir könnten den Schnitt so ausgestalten, dass nicht bereits die erste in Deutschland geborene, wohl aber die zweite Generation für eine der beiden Staatsangehörigkeiten optieren muss“, sagte Harbarth am Freitag: „Spätestens von der Enkelgeneration wird man ein eindeutiges Bekenntnis verlangen müssen und auch können.“

Angesichts der Unterstützung für den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan unter seinen Landsleuten in Deutschland hatten mehrere Unionspolitiker zuletzt ein klares Bekenntnis zur Bundesrepublik gefordert. „Ich möchte, dass der Parteitagsbeschluss gerade jetzt ins Wahlprogramm kommt“, sagt der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster: „Man muss einem Teil der türkischen Bevölkerung das Signal geben, dass Erdogan sie auf die Verliererstraße führt.“ Seine Fraktionskollegin Nina Warken sagt: „Das muss auf jeden Fall ins Wahlprogramm.“

Merkel hält sich im Moment noch bedeckt

Die CSU unterstützt die CDU-Basis in diesem Punkt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Rückkehr zur Optionspflicht in unserem Bayernplan stehen wird“, sagte Parteisprecher Jürgen Fischer dieser Zeitung. Vom Parteitagsbeschluss in Reinkultur dagegen wollte CDU-Chefin Merkel schon direkt im Anschluss nichts wissen. „Wir können nicht mit einer simplen Rückkehr zur Optionspflicht Wahlkampf machen, wenn die Spitzenkandidatin dagegen ist“, heißt es dazu in Parteikreisen – auch deshalb die Kompromisssuche. Merkel hat sich noch nicht zum „Generationenschnitt“ geäußert, allerdings hat sich nach de Maizière gerade die stellvertretende Bundesvorsitzende Ursula von der Leyen dafür ausgesprochen – sicher nicht ohne Merkels Wissen. „Ihre Position ist da nicht so unverrückbar wie bei der Flüchtlingsobergrenze“, heißt es in Parteikreisen.

Im Innenministerium wird jedoch darauf verwiesen, dass zur Praxistauglichkeit des Modells „Generationenschnitt“ noch einiges fehlt: „Dieses Projekt muss man sehr sorgfältig zu Ende denken, weil es die Mitwirkung von Drittstaaten verlangt, die teilweise ihre Gesetze ändern müssen.“ Es geht darum, dass sie ihre Staatsangehörigen auch aus der Staatsangehörigkeit entlassen, wenn die sich für die deutsche entscheiden. Die Türkei tut das bisher – in der Unionsfraktion gibt es aber die Sorge, dass Erdogan dies ändern könnte: Selbst eine spätere Optionspflicht wäre hinfällig, wenn Erdogan seine Staatsbürger nicht freigäbe.