Abgeordnete stellen sich bei den Altersbezügen besser Foto: dpa

Die Abgeordneten im Landtag wollen sich selbst ermöglichen, staatliche Pensionen in Anspruch zu nehmen. Das ist ein unverschämter Affront gegenüber den Wählerinnen und Wählern, kommentiert unser landespolitischer Autor Nils Mayer.

Stuttgart - Wer würde sich selbst nicht eine sichere, lukrative Altersversorgung genehmigen, wenn er es könnte? Irgendwie ist es ja menschlich, dass Grüne, CDU und SPD den Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag die Möglichkeit einer staatlich finanzierten Pension einräumen wollen. Aber dieser Schritt ist eben auch ein unverschämter Affront, weil die drei Fraktionen damit ihre Macht schamlos ausnutzen und eine ungeschriebene Vereinbarung mit den Wählerinnen und Wählern brechen.

Als der Landtag 2008 eine Parlamentsreform beschloss, lautete das Credo: Wir erhalten eine deutlich höhere Diät, dafür sorgen wir selbst vor und verzichten auf die üppigen Pensionen vom Staat. Die Abgeordneten verkauften dies damals auch als vertrauensbildendes Zeichen an die allermeisten Menschen, die für einen unbesorgten Lebensabend ebenfalls privat vorsorgen müssen. Es war allerdings ein Deal, den die Abgeordneten auf dem Rücken ihrer künftigen Kollegen abschlossen. Denn von der Regelung ausgenommen sind all diejenigen Abgeordneten, die schon vor 2006 in den Landtag einzogen.

Generationenkonflikt und Neid

Dass es deshalb mittelfristig zu einem Generationenkonflikt und zu Neid und Unmut bei den jüngeren Abgeordneten kommen würde, war abzusehen. Sie fühlen sich benachteiligt, obwohl sie zu ihrer Diät von derzeit 7616 Euro pro Monat noch einen Zuschuss für die private Altersvorsorge in Höhe von 1679 Euro pro Monat erhalten – und damit auch nach steuerlichen Abzügen den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung leisten könnten. Wer behauptet, dass die Gesamtsumme nicht ausreicht, um vorzusorgen, kann entweder nicht mit Geld umgehen oder hat schlichtweg den Bezug zur Realität verloren. Was sollen denn eine Krankenschwester und ein Einzelhandelskaufmann sagen, die mit ihrem Gehalt gerade so über die Runden kommen und denen im Alter nur eine mickrige Rente winkt?

Die Allianz aus Grünen, CDU und SPD begründet ihr Vorhaben vor allem damit, dass das Landtagsmandat für Menschen aus allen Bevölkerungsschichten attraktiv bleiben müsse. Das ist ein schwaches Argument. Zwar haben die Abgeordneten eine verantwortungsvolle Aufgabe und arbeiten – wenn sie ihr Mandat denn ernst nehmen – länger als ein gewöhnlicher Arbeitnehmer. Doch sollte Geld nicht das Motiv sein, in die Politik zu gehen.

Option für alle Parlamentarier

Nachvollziehbar und angemessen wäre gewesen, wenn der Landtag nur eine Lösung für jene Abgeordnete gefunden hätte, die derzeit mit dem Einzug ins Parlament auf staatliche Pensionen verzichten müssen. Lehrern, Polizisten oder Verwaltungsbeamten hätte die Mandatsdauer auf die Pensionen angerechnet werden können. Dafür wäre innerhalb der grün-schwarz-roten Eintracht aber eine differenzierte Betrachtungsweise des Themas nötig gewesen. Stattdessen sollen künftig alle Parlamentarier die Option haben, das lukrative, staatlich finanzierte Modell zu ziehen. Selbst jene, die noch nie einer anderen Tätigkeit nachgegangen sind und in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Das ist eine Frechheit.

Es bleibt der Eindruck, als seien die altgedienten Abgeordneten vor ihren jungen Kollegen eingeknickt. Sie müssen sich nicht wundern, wenn die Wähler das Vertrauen in sie und die Demokratie verlieren und die Politikverdrossenheit weiter zunimmt. Die Entscheidung, die schnell noch an diesem Donnerstag ins Parlament eingebracht wird, wird noch zum Eigentor.

nils.mayer@stuttgarter-nachrichten.de