Die Entwürfe werden in St. Maria ausgestellt. Foto: Kathrin Wesely

Die 1871-1879 nach Plänen von Hofbaumeister Joseph Egle erbaute Kirche St. Maria wird umgebaut. Der neogotische Bau hat dringenden Sanierungsbedarf. Nun sind in einem Wettbewerb Entwürfe vorgelegt worden, die man in der Kirche besichtigen kann.

S-Süd - In St. Maria an der Tübinger Straße wurden vor vier Jahren die Portale weit aufgestoßen. Die Menschen sollten hereinkommen, artikulieren, was sie von ihrer Kirche wünschen und brauchen. Zahlreiche Projekte sind seither entstanden, das Kirchenleben ist erblüht. Dieser Tage geht es nun nicht mehr nur um die innere Erneuerung – es geht St. Maria an die Substanz, die bauliche Substanz. Dem katholischen Gotteshaus steht ein Umbau bevor.

Die im 19. Jahrhundert im neogotischen Stil errichtete Kirche wird saniert. Weil das Haus längst nun nicht mehr allein ein Ort für Gottesdienste und Gebete ist, sondern auch für Vernetzung und Dialog, der sich regelmäßig für Veranstaltungen der Stadtgesellschaft öffnet, muss die Kirche nun auch diesen Nutzungen Rechnung tragen. In der Ausschreibung für den Ideenwettbewerb zum Umbau wurde daher gefordert, dass sich diese Offenheit in der Architektur spiegeln und zugleich die Würde des liturgischen Ortes spürbar bleiben solle.

Kirchenraum wird neu inszeniert

Seit Ende vergangener Woche werden die Ideen der Wettbewerber prominent im Mittelschiff der Kirche an Stellwänden und anhand von Modellen präsentiert. Eine Jury hat über den Wettbewerb entschieden und den ersten Preis an das Fellbacher Büro von Professor Fritz Barth verliehen, der mit dem Büro Habermann Architekten einen Entwurf vorgelegt hatte. Der zweite Preis ging an das Büro Meck Architekten aus München.

„Beide Entwürfe würdigen die neogotische Architektur der Kirche, gehen dabei aber sehr kreativ mit dem Raum um und inszenieren diesen neu“, kommentierte Stadtdekan Christian Hermes. Und der Juryvorsitzende und Stuttgarter Architekt Arno Lederer urteilte, beide „betrachten die Kirche als hochkarätiges Baudenkmal und zeigen auf unterschiedliche Weise auf, wie in und vor der Kirche dem Bedürfnis nach Erneuerung und Aufbruch architektonisch Rechnung getragen werden kann“.

Der Siegerentwurf wirkt minimalistisch und klar: Der Kirchenraum ist hier auf ein einheitliches Höhenniveau eingestellt, eine Vielzahl an Lampen an der Decke lassen einen Himmel aus Licht entstehen. Das flexible Beleuchtungssystem ermöglicht es, unterschiedliche Raumsituationen zu schaffen. Der Entwurf der Arbeitsgemeinschaft Habermann Architekten und Fritz Barth sieht ferner an den Außenwänden des Seitenschiffs Anbauten sowie eine Art Kiosk für die Foodsharing-Station vor. Die Jury erkannte darin ein städtebauliches Moment, das die Kirche zum Mittelpunkt des Platzes erhebt. Für Arno Lederer regen die Siegerentwürfe dazu an, „den Bereich zwischen Paulinenbrücke und Kirche gewinnbringend für die Stadt und die Kirche zu verbessern“.

Architektur spiegelt die Debatten

Der Entwurf von Meck Architekten sieht den Einbau einer Rauminsel vor. Die Jury stellte fest, dass auf diese Weise ein „konzentrierter Raum im Raum geschaffen wird, der verschiedenartig bespielt werden kann, ohne den bestehenden Kirchenraum visuell zu verstellen“. Um diese Insel herum wird eine Serie von Andachtsorten definiert. Ein mittiges neues Dach vor der Kirche soll als Versammlungsort für die Kirchen- und die Stadtgemeinde dienen.

Für Sebastian Schmid, Kurator von „St. Maria als“, sind die Entwürfe eine gute Basis, um weiterzudenken: „Wie ist das Verhältnis von Außen- und Innenwahrnehmung von drinnen und draußen, von Kirche und Stadt?“ Auch wenn, man nun einen Siegerentwurf habe, heiße das nicht, dass dieser auch eins zu eins umgesetzt werde. Vielmehr sei es darum gegangen, die Möglichkeiten auszuloten. Alle neun Entwürfe sind bis 17. Juni, Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr, in St. Maria, Tübinger Straße 36, zu sehen.