Mehrere Gleisabschnitte im Streckennetz der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) sind bald 30 Jahre alt – Zeit, sie zu sanieren. Derzeit wird ein Abschnitt an der Linie U 3 neu gebaut.
Stuttgart - Ein paar Meter hinter der Stadtbahn-Haltestelle Sigmaringer Straße in Möhringen, Fahrtrichtung Plieningen, steht ein gelber Bagger. An seinem schwarzen Arm ist eine massive Kette befestigt. An ihr baumelt eine Stahlschiene. Drei Mitarbeiter der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) packen die Schiene mit ihren Händen und bugsieren sie achtsam in die Spur, um sie anschließend auf den hellgrauen Betonschwellen befestigen zu können. Es ist ein Bild, das sich in den kommenden Tagen oft wiederholen wird.
Von den Gleiserneuerungen betroffen sind die Streckenabschnitte zwischen Bahnhof Möhringen und Rembrandtstraße und zwischen der Sigmaringer Straße und der Brücke, die über die B 27 führt. Am 30. Juli sollen die Sanierungsarbeiten nach Angaben der SSB abgeschlossen sein. Derzeit verkehren auf der Linie U 3 zwischen den Haltestellen Möhringen und Plieningen keine Stadtbahnen, stattdessen kommen Ersatzbusse zum Einsatz.
Es gibt Fahrgäste, die sich an den vergangenen Sommer erinnern. Schon damals fuhren von Möhringen nach Plieningen und zurück über sieben Wochen hinweg nur Busse. „Wenn es der Sicherheit dient, habe ich kein Problem, ein paar Wochen mit dem Bus zu fahren“, sagt die 74 Jahre alte Erna Maier.
Weniger pragmatisch sieht es die 21-jährige Kathrin, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie stöhnt über den Schienenersatzverkehr. „Das ist echt ätzend“, sagt die Studentin der Wirtschaftswissenschaften an der Uni Hohenheim, „dadurch dauert die Fahrt von Möhringen nach Plieningen fast doppelt so lange.“ Sie könne „nicht wirklich verstehen“, dass zwei Jahre hintereinander auf der gleichen Strecke saniert werden müsse. Die Erklärung dafür liefert SSB-Sprecherin Birte Schaper: „Im vergangenen Jahr haben wir auf dem Abschnitt zwischen Landhaus und Plieningen die Gleise ausgetauscht und an anderen Stellen kleinere Sanierungs- und Reinigungsarbeiten gehabt.“ Jetzt sei ein insgesamt knapp zwei Kilometer langer Abschnitt zwischen Bahnhof Möhringen und der Brücke hinter der Haltestelle Salzäcker dran. „Es war an der Zeit. Wir tauschen die Gleise nicht in der letzten Sekunde aus“, sagt Schaper.
Der Abschnitt zwischen Möhringen und Plieningen ist 1983 umgebaut und auf zwei Fahrspuren erweitert worden. Er ist damit einer der ältesten Abschnitte der neuen Stadtbahn-Generation in Stuttgart – und bald komplett saniert. Mit Blick auf das gesamte Streckennetz bedeutet das jedoch, dass die Arbeiten an der U 3 erst der Anfang einer großen Instandhaltungswelle sind. Mehrere Streckenabschnitte kommen in ein Alter, in dem sie neu gebaut werden müssen. „Wir werden in den nächsten Jahren immer mehr Gleise austauschen müssen“, sagt Schaper.
Für die Fahrgäste bedeuten die Instandhaltungen zwar Unannehmlichkeiten wie einen Umstieg in Ersatzbusse und eine längere Reisezeit. Aber danach sind die Stadtbahn-Strecken wieder in Schuss für die nächsten Jahrzehnte. Bei den umfangreichen Sanierungsarbeiten wird in der Regel ein neues Schotterbett mit neuen Betonschwellen und neuen Gleisen verlegt – wie derzeit in Möhringen. „Dort, wo es geht, versuchen wir, bei den Instandhaltungsmaßnahmen Betonschwellen einzubauen“, erklärt Schaper. Beton habe sich im Vergleich zu Holz als „das bessere Material“ erwiesen.
Das Thema Begrünung der Gleiskörper ist bei den aktuellen Arbeiten indes keines. Aus drei Gründen: die Streckensperrung würde länger dauern als gewöhnlich, die Kosten höher und die Pflege aufwendiger sein.
Nach SSB-Angaben werden durchschnittlich fünf Kilometer Gleise pro Jahr instand gesetzt – bei einem Gesamtnetz von etwa 250 Kilometern Gleis sei das aber zu wenig. Denn in diesem Tempo dauerte die Sanierung aller Strecken rund 50 Jahre. „Eigentlich müssten jährlich etwa zehn Kilometer erneuert werden“, sagt SSB-Vorstandssprecher Wolfgang Arnold. Das Problem sei die Finanzierung: „Die Erneuerung der Infrastruktur können Verkehrsunternehmen ohne Zuschüsse nicht leisten.“