Weil ein Mann ohne Wohnsitz eine Haltestelle an der Schozacher Straße in Zuffenhausen dauerbelegt hat, lässt die SSB die Sitzbank abmontieren. Die Maßnahme stößt auf geteiltes Echo.
Zuffenhausen - Über Jahre hat ein offenbar wohnsitzloser Mann die Bushaltestelle an der Schozacher Straße zu seinem Schlafplatz gemacht und damit dauerhaft blockiert. Nachdem es zu Verunreinigungen und zu Ordnungswidrigkeiten gekommen ist, hat die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) reagiert und die Bank abmontieren lassen.
Eine Entscheidung, die nicht jeder Bürger gutheißt: „Der Mann hat niemandem etwas getan. Ich kann nicht nachvollziehen, dass man eine Sitzbank entfernt, nur weil ein Obdachloser sie nutzt“, sagt Hueseyin Mutlu. „Ich finde, wir sollten lieber Mitgefühl und Verständnis für diese Person haben als sie zu vertreiben.“ Er selbst habe mit dem Obdachlosen ab und zu gesprochen, habe ihm sogar eine Decke gebracht. Dass er die Sitzbank an der Schozacher Straße als Schlafplatz ausgewählt hat, kann der Zuffenhäuser nachvollziehen: „Die Sonne scheint dorthin, da ist es warm“, sagt Mutlu. Dass die Bank nun weg ist, sei für ihn schwer verständlich: „Ich finde, das ist unmenschlich.“
Fahrgäste hatten sich bei der SSB beschwert
Birgit Kiefer, Sprecherin der SSB, erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung: „Wir hatten vermehrt Beschwerden von Fahrgästen, die sich nicht mehr an der Haltestelle unterstellen wollten, weil es sich dort jemand häuslich eingerichtet hat.“ Mitarbeiter des Unternehmens hätten mehrfach versucht, mit dem Mann zu sprechen und auf sein Verständnis gehofft, sich einen anderen Platz zu suchen. Ohne Erfolg. Und leider habe es an der Haltestelle auch Verunreinigungen gegeben, sodass man sie mehrfach mit hohem Aufwand säubern musste. Einen Platzverweis habe das Unternehmen in diesem Fall nicht erteilen können. „Wir haben als SSB keine rechtliche Handhabe, jemanden von dieser Bushaltestelle zu verweisen“, sagt Kiefer. Weil man jedoch im Sinne der anderen Fahrgäste handeln wollte, habe man sich entschieden, die Sitzbank bis auf Weiteres abzumontieren.“ Wann sie wieder montiert werden soll, sei offen.
„Der Mann lehnt sämtliche Hilfsangebote ab“
Auch bei der Stuttgarter Stadtverwaltung haben sich schon mehrere Personen mit der Angelegenheit befasst: „Diverse Dienststellen sind mit dem Fall betraut“, sagt Karin Buschkühl, stellvertretende Bezirksvorsteherin von Zuffenhausen. „Der Mann meint, er wohnt dort und lehnt sämtliche Hilfsangebote von uns ab. Sei es, ins Männerwohnheim zu ziehen, seien es andere betreute Angebote oder finanzielle Unterstützung.“ Aber so lange von dem Mann keine Gefahr für Leib und Leben ausgehe, dürfe er sich aufhalten, wo er wolle. Allerdings habe er Ordnungswidrigkeiten begangen, etwa als er im Vorraum eines dortigen Bankinstituts seine Notdurft verrichtet hat, worauf auch die Polizei eingeschaltet wurde.
Andere Fahrgäste begrüßen die Maßnahme der SSB. „Ich kann mich zwar nicht mehr hinsetzen, aber wenigstens kann ich mich jetzt wieder unterstellen, wenn ich auf den Bus warte und es regnet“, sagt ein Mann, der auf den 52er wartet. „Davor war die Bank oft von dem Obdachlosen belegt und es roch nach Urin und Kot. Das war eine Zumutung!“ Eine junge Frau teilt die Ansicht: „Besser so als vorher. Leid tut es mir für ältere Leute, die sich jetzt nicht auf die Bank setzen können, aber vielleicht haben sie ja einen Rollator dabei.“ Den Obdachlosen haben die beiden seit dem Abbau der Bank nicht mehr an der Haltestelle gesehen: „Er wird sich einen anderen Platz gesucht haben.“