Teepflückerinnen kann man in Sri Lanka häufig beobachten. Die Frauen wickeln sich Plastikplanen um die Hüften, um sich vor den harten Zweigen zu schützen. Foto: Garbor von Bickensohl

Die landschaftliche Vielfalt der Tropeninsel Sri Lanka vor der Südspitze Indiens lernt man am besten zu Fuß kennen - unser Autor hat es ausprobiert.

Sigiriya - Die Wolkenmädchen machen ihrem Namen heute alle Ehre. Rund um die Fresken der halbnackten Schönen auf dem Löwenberg von Sigiriya hängt der Himmel tief und grau. Die anmutigen Damen aus dem 5. Jahrhundert seien die Konkubinen des Königs Kashyapa gewesen, der sich hier verschanzt habe, behauptet der Führer. Den Einwand, dass Wissenschaftler hier einst eher ein Kloster als eine Festung vermuten und es sich bei den Damen um Bodhisattvas handle, Wesen, die nach Erleuchtung streben, wischt er locker beiseite: „Wie - bitte schön - hätten die Mönche beim Anblick der Barbusigen denn noch vernünftig meditieren sollen?“

Wohl wahr. Auf jeden Fall aber scheint der Aufstieg über die 1200 Stufen genau der richtige Einstieg in einen Wanderurlaub auf Sri Lanka zu sein. Denn die Insel im Indischen Ozean steht nicht nur für Tee, Buddhas und Traumstrände. Ihre landschaftliche Vielfalt lernt man erst zu Fuß richtig kennen. In der Knuckles Range im zentralen Bergland etwa nimmt Sothi, der im „Dumbanagala Chalet“ als Kellner arbeitet, die Wanderer mit in sein Heimatdorf. In langgezogenen, flachen Häusern wohnen Raum an Raum die tamilischen Familien, die als Teepflücker in den Plantagen arbeiten.

Die Unterkunft ist ärmlich, aber man spürt das Bemühen um Schönheit: Tagetes, Dahlien und Geranien blühen im winzigen Vorgarten. Dazwischen sitzt ein alter Mann in einer Badewanne, lässt sich von seinen Enkeln mit Kesta-Blättern abreiben, die dem allgemeinen Wohlbefinden dienen, und seufzt vor Vergnügen. Der Pfad abwärts führt in die Reisfelder. Die weißhaarige Frau am Weg ist 95 und hat noch die Kolonialzeit erlebt - doch so sehr anders dürfte es auch damals nicht ausgesehen haben: Gleich den Rängen eines Amphitheaters sind die Hänge sorgfältig in Terrassen angelegt.

„I like pen“

Malerisch grast zwischen den Feldern hin und wieder ein Büffel, und hoch oben auf einem der Hügel thront eine Hütte, die wie alle anderen Häuser hier mit Palmstroh gedeckt ist. Eine Handvoll Menschen davor sind mit irgendeiner Arbeit beschäftigt, neugierige Kinder mit blitzenden Augen im dunklen Gesicht kommen heruntergelaufen und trainieren bei den Gästen aus dem Ausland ihr Englisch: „I like pen“ - ich mag Kugelschreiber.

Da die verschiedenen Wandergebiete über mehrere Ecken der Insel verstreut sind, gibt es immer wieder Gelegenheit, sich in den Städten treiben zu lassen: Dreirädrige Tuk-Tuks schieben sich voran wie geschäftige Käfer. Es riecht nach Benzin, nach Trockenfisch, Jasmin und Räucherstäbchen. Tata-Busse hupen, Lotterieverkäufer rufen baldiges Glück aus, und auf den Straßen dösen sandfarbene Hunde, in grenzenlosem Vertrauen auf die Langmut der buddhistischen Autofahrer. In den Wäldern rings um Mahinyangana dagegen leben die Veddas, die letzten Ureinwohner des Landes.

Im Dorf Dambana sind Touristen, gegen bares Geld, durchaus willkommen. Im Begegnungszentrum treffen sie auf Wannila Uruwalige, den rauschebärtigen Chef, und einige seiner Söhne, muskulöse Jungs mit Wickelrock und fein geölter Lockenmähne. Die Veddas bauen Mais an, suchen Früchte und Honig und gehen mit Pfeil und Bogen auf die Jagd nach Kaninchen. Ja, es gibt eine öffentliche Schule, aber ob die Kinder sie besuchen oder lieber das Leben im Wald üben wollen, bleibt ihnen überlassen. Nein, gefährlich ist der Alltag hier nicht, gegen Schlangen kennen sie einen bewährten Zauber.

Eine einzigartige Kulturlandschaft

Am Ende führen sie einen Totentanz vor, schießen mit Pfeilen auf Bäume und kramen geschnitzte Krokodile aus einem Sack, Souvenirs aus Dambana. Von Kandy aus fährt ein Zug hoch ins Bergland von Nuwara Eliya. Im Komfortwagen läuft auf einem Bildschirm „Mr. Bean“, das wahre Kino aber spielt sich vor dem Fenster ab. Mal rostet ein Eisenbahnwaggon, vor Jahrzehnten aus dem Gleis gekippt, vor sich hin, mal turnen Affen durch die leeren Fensterhöhlen eines seit langem verlassenen Bungalows. Fast überall haben die britischen Pflanzer den einstigen Dschungel in eine einzigartige Kulturlandschaft verwandelt. Am Grunde weiter Täler erheben sich Kuppen, die von kreisförmigen Reihen bedeckt sind, auf denen die Teebüsche wachsen.

So gepflegt wirken die Anlagen, als würden sie jeden Morgen neu in Form gebracht. Zwischen den Büschen bewegen sich Teepflücker in bunten Kleidern und zupfen mit erstaunlicher Geschwindigkeit die obersten Blättchen ab. Durch diese Art von Landschaft führt am letzten Tag der Weg von Ohiya ins Tal hinunter zum Bambarakanda-Wasserfall, mit fast 250 Metern der höchste der Insel. Wie ein Geschmeide aus Silberdraht und zerplatzenden Perlen rieselt und rauscht das Wasser über den schwarzen Fels, an den sich Farne und Aloen klammern.

Ganz unten klatscht das Wasser mit Macht in ein Felsbecken, feuchte Schwaden stieben hoch, neblige Schleier zerfetzen in der Luft und lösen sich in nichts auf. Schön ist sie, diese Insel. Viel zu schön, um einfach nur hindurchzufahren.

Infos zu Sri Lanka

Anreise
Sri Lankan Airlines verkehrt nonstop von Frankfurt a. M. nach Colombo. Flugzeit ca. 10 Stunden. Ab ca. 540 Euro, www.srilankan.com/de_de

Der Reisepass sollte bei der Einreise noch mindestens sechs Monate gültig sein. Das Visum lässt sich übers Internet vorab besorgen, www.eta.gov.lk/slvisa/ . Kosten: 30 US-Dollar (27 Euro). Bei der Einreise am Flughafen kostet es fünf Dollar mehr (rund 32 Euro).

Beste Reisezeit
Im Allgemeinen von November bis April. Allerdings kam es in den letzten Jahren selbst Ende November noch zu starken Regenfällen. Ab März wird es meistens heißer. Die Luftfeuchtigkeit ist generell sehr hoch. Ausrüstung Empfohlen werden ein Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor, leichte Funktionskleidung, warmes Fleece für die Nächte im Hochland, Taschenlampe, Regenschirm, wasserdichter Tagesrucksack.

Essen und Trinken
Das Essen ist meist eher einfach. Currys, vor allem mit Fisch und Huhn, sind am weitesten verbreitet. Dazu gibt es Reis, Linsenbrei und Papadam, knackige, scharfe Linsenmehlchips. Manchmal kommen grüne Bohnen dazu, Jackfrucht, Kürbis, klein gehackte Bananenblüte, Kohl oder eine Art Spinat. Imbissbuden servieren in Fett ausgebackene Krapfen und unterschiedlich gefüllte Teigrollen. Früchte gehören zu jeder Mahlzeit. Das heimische Bier („Anchor“, „Lion“) ist durchaus trinkbar. Arrak wird aus Kokosmilch gebrannt und erinnert, wenn er gut ist, an alten Rum.

Reiseführer
Rainer Krack/Joerg Dreckmann „Sri Lanka“, Reise Know-How 2013, 22,50 Euro Landkarte: Reise Know-How „Sri Lanka“ 2014, 1 : 500 000, 9,95 Euro

Veranstalter
SKR-Reisen organisiert eine 17-tägige Wanderreise nach Sri Lanka, max. 12 Teilnehmer. Im Reisepreis (ab 2039 Euro) sind Flug, Übernachtung, Halbpension, Transporte und deutschsprachige Reiseleitung enthalten, Tel.: 02 21 / 93 37 20, www.skr.de

„Sri Lanka - die Löweninsel aktiv erleben“ heißt eine ganz ähnliche Wanderreise (18 Tage, ab 3150 Euro) vom Veranstalter Studios, www.studiosus.com

Allgemeine Informationen
www.srilankatourism.org, www.sri-lanka-board.de, www.lanka.at