Der deutsche Schäferhund Lennox zeigt an, dass er in einem Schrank der Göppinger Straßenmeisterei Sprengstoff gefunden hat. Foto: Franz Feyder

Die Sprengstoffspürhunde der Landespolizei werden im Polizeipräsidium Einsatz ausgebildet und jährlich überprüft.

Göppingen - Wie eine Elfe windet sich Lennox über die Rückbank auf den Vordersitz. Schnüffelt am Handschuhfach, am Armaturenbrett. Irgendetwas mit dem Fahrersitz stimmt nicht: Die Vorderpfoten im Fußraum, die hinteren auf dem Beifahrersitz, den Rücken wie den Buckel einer Katze gekrümmt verharrt der deutsche Schäferhund plötzlich. „Lass‘ ihn mal, er soll es deutlicher anzeigen und noch einmal einfrieren“, hält Polizeioberkommissar Thomas Micklitz seinen Kollegen zurück.

Sekunden später bewegt sich Lennox im Schneckentempo: Knickt vorne in den Ellbogen ein, reckt den Po in die Höhe, sodass die Nase fast unter den Fahrersitz passt. Ein Klicken wie von einem Knackfrosch-Spielzeug – Lennox springt durch die offene Fahrertür, während Micklitz die Pistole hervorzieht, die unter dem Sitz versteckt war. Kommissar Thomas Mangold tollt derweil mit seinem Schäferhund am Auto herum, zerrt an dessen Lieblingsspielzeug und verteilt kleine Köstlichkeiten.

Es ist die vorletzte von elf Ausbildungswochen, in denen Micklitz und Mangold Kolleginnen und Kollegen aus dem ganzen Land am Trainings- und Kompetenzzentrum Polizeihundeführer ausbilden. Zusammen mit ihren belgischen und deutschen Schäferhunden sollen die das Handwerk der Sprengstoffspürens erlernen. Am Ende sollen Mensch und Hund in einer drei Tage langen Prüfung zeigen, dass sie Sprengstoffe entdecken können.

Eingefrorene Hunde schützen Leben

„Wichtig ist dabei, dass die Hunde den Fund nicht dadurch anzeigen, dass sie an der Fundstelle kratzen. Sie müssen einfrieren, sich nicht mehr aktiv verhalten. Denn ansonsten könnten sie den Sprengstoff auslösen“, erklärt Mangold den drei Polizistinnen und dem Schutzmann dieses Lehrganges.

15 Hunde und ihre Diensthundeführer bilden Mangold und Micklitz jährlich zu Spürhunden für Explosives und Waffen aus. Bei etwa 90 überprüfen sie jedes Jahr die Tauglichkeit fürs Sprengstoffspürgeschäft. Für Mensch und Tier eine Weiterbildung. Zuvor hat der Hund gelernt, Personen zu verfolgen und festzuhalten, seinen menschlichen Partner zu beschützen und vor allem zu gehorchen. Einmal jährlich wird dies überprüft. Besteht er diesen Test, wird er zum Sprengstoff-, Rauschgift- oder Brandmittelspürhund ausgebildet. Zwei Jahre sind die Hunde in der Regel alt, wenn sie im Trainingszentrum beim Polizeipräsidium Einsatz in Göppingen zur Schule gehen.

In der werden die Anforderungen höhergeschraubt. Eine Chemikerin des Landeskriminalamtes hat selbst Sprengstoff zusammengerührt und in 100 kleine Röhrchen gefüllt, in einen orangen Plastikkoffer verpackt. Die Hunde, beschreibt Micklitz, sollen jetzt Transferleistungen bringen: Manche Bestandteile der Lösung sind ihnen bekannt, andere sind neu für sie. „Damit durchbrechen wir das Schwarz-weiß-Denken bei den Hunden: Stellen Terroristen selbst Sprengstoffe her, reicht es aus, wenn der Hund einen der Bestandteile abgespeichert hat. Den muss er erkennen, damit wir den Sprengsatz finden können.“

Partner fürs Leben

Das ist in der Straßenmeisterei schwierig, in der eine Lagerhalle kurzerhand zur Bombenwerkstatt wird: Düngemittel sind dort gelagert. Schmierstoffe, Öle. Ein Eldorado für Duftwolken. Und irgendwo mittendrin in einem Blechspind versteckt eine Mischung selbst hergestellten Sprengstoffs. „Ein sehr realistisches Szenario“, sagt Mangold, der mit Lennox schon ungezählte Hallen, Säle und Wohnungen vor Politikerbesuchen oder Konzerten nach Sprengstoff abgesucht hat.

Auch mit dem Kommando „Such“ mit dem der Mensch den Polizeihund dann zur Räson ruft, als für den ein Gartenstuhl plötzlich zum Mittelpunkt seines Lebens wurde. Dann folgt die Nase wieder dem Finger des Hundeführers, mit dem der dem Tier die Bereiche anzeigt, in denen es suchen soll.

Fenris macht das routiniert. Fast 13 Jahre ist der Malinois, der belgische Schäferhund, alt. Täglich begleitet er trotzdem wie im vergangenen Jahrzehnt seinen Partner Thomas Micklitz zum Dienst in die Göppinger Präsidium. Auch wenn es zwickt und zwackt, es zum Schutzhund nicht mehr reicht, beim Aufspüren von Sprengstoff macht Fenny, wie ihn alle Polizisten rufen, keiner was vor. Dann schnüffelt er erst am Blechspind, dann rechts und links davon, um zu prüfen, ob die Sprengstoffduftwolke auch woanders herkommen könnte. Schließlich legt er sich langsam vor den Spind, die Nase am Boden, friert ein. Nur die dunklen Augen des Hundes bewegen sich noch. Nie würde Micklitz ihn hergeben.