Der BVB-Bus ist von drei Explosionen getroffen worden. Foto: Getty Images Europe

Nach drei Explosionen am Mannschaftsbus von Borussia Dortmund ist das Champions-League-Spiel am Dienstagabend gegen Monaco abgesagt worden. Der Verein zeigt sich geschockt.

Stuttgart - Kurz nach 20 Uhr nahm Norbert Dickel das Mikro in die Hand, mit dem er sonst mit sich überschlagender Stimme die Aufstellung und die Tore verkündet. Dieses Mal war seine Stimme gesetzt bis belegt, denn der ehemalige Stürmer musste die Zuschauer im Stadion über einen schockierenden Vorfall aufklären. „Achtet auf die Anzeigetafel, wir halten Euch auf dem Laufenden“, mahnte Dickel und verkündete das, was bereits 20 Minuten zuvor in den Sozialen Netzwerken durchgesickert war: Es habe eine Explosion gegeben. Der Vorfall habe sich auf der Wittbräucker Straße – knapp zehn Kilometer vom Dortmunder Stadion entfernt – ereignet. „Bild“ berichtete, Manndecker Marc Bartra sei dabei verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die Polizei von Nordrhein-Westfalen gab weitere Details bekannt: „Im Bereich Dortmund-Höchsten hat es eine Explosion gegeben. Wir sind mit starken Kräften vor Ort.“

Nähere Informationen, was genau geschehen war, gab es zunächst nicht, es wurde verkündet, dass eine Kommission unter Führung der Uefa tagen und um 20.30 Uhr eine Entscheidung verkünden würde. Später, als verkündet worden war, an diesem Dienstag nicht zu spielen, lobte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke das „professionelle Management und das solidarische Miteinander aller Beteiligter.“

Friedlich und geordnet, ohne Panik verließen die Zuschauer das Stadion. „Großes Lob an alle Stadionbesucher! Ohne Probleme haben fast alle das Stadion verlassen und sind auf dem Heimweg! (...) #Vorbildlich #Danke #Dortmund“, schrieb später die Dortmunder Polizei im Kurznachrichtendienst Twitter.

Scheiben aus Panzerglas zerbrechen

Zuvor war Dickel erneut ans Mikrofon getreten und hatte mit zitternder Stimme von einem „gravierenden Zwischenfall“ berichtet, bei dem der Mannschaftsbus stark beschädigt worden sei. Die Nachrichtenagentur AFP vermeldete, drei Sprengsätze seien am Mannschaftsbus gezündet worden, was von der Polizei kurz darauf bestätigt wurde. Die Scheiben waren durch die Wucht der Detonationen zerbrochen.

„Bild“ verkündete als erstes Medium, was längst naheliegend war: Das Spiel sei abgesagt worden, als neuer Spieltermin sei der Mittwochabend festgelegt worden, als Uhrzeit komme 18.45 Uhr in Betracht. Längst hatte sich im Dortmunder Stadion bei den anwesenden Zuschauern eine beklemmende Stimmung breit gemacht, die Menschen diskutierten, manche schlugen geschockt die Hände vor das Gesicht. Nichts war mehr zu spüren von der großen Vorfreude auf einen Abend, der als Gala des schönen Fußballs geplant war. Das Video, das Borussia Dortmund am Spieltag online stellte, sollte Lust auf einen großen Abend machen: „Welcome to the Capital of Football, AS Monaco“, war da zu lesen, und die Worte wurden unterlegt mit fetten Beats und bewegten Bildern von Toren und Emotionen, die es beim BVB in der laufenden Champions-League-Saison bereits zuhauf gegeben hat. Doch der Fußball wurde an diesem Abend zur Nebensache.

Sorge um Marc Bartra

Die Dortmunder müssen sich um den Gesundheitszustand von Marc Bartra sorgen und ihren Schock verdauen. „Ich saß in der hintersten Reihe neben Marc Bartra, der von Splittern der zerborstenen Rückscheibe getroffen wurde“, sagte Torhüter Roman Bürki. „Der Bus bog auf die Hauptstraße ein, als es einen Riesenknall gab - eine regelrechte Explosion.“ Dann hätten sich die Spieler geduckt und auf den Boden gelegt. „Wir wussten ja nicht, ob noch mehr passiert.“

Noch bevor das eigene Spiel gegen Juventus Turin angepfiffen wurde, twitterte der FC Barcelona und garantierte seinem ehemaligen Spieler Marc Bartra „unsere ganze Unterstützung“ das Gleiche gelte auch „für den BVB und seine Fans“. Auch viele andere Stars schickten Botschaften via Twitter. Moralische Unterstützung erhielt der BVB auch vom Erzrivalen Schalke 04. „Getrennt in den Farben, vereint gegen Gewalt! Alles Gute, Marc Bartra und dem gesamten Team des BVB! Ich hoffe, es geht euch gut!“, twitterte Schalkes Kapitän Benedikt Höwedes

Als das Spiel eigentlich den Anpfiff unter Flutlicht erleben sollte, traten die Dortmunder Bosse Hans-Joachim Watzke und Präsident Reinhard Rauball ans Mikrofon. „Wir sind alle geschockt, am meisten jedoch die Mannschaft“, sagte Watzke, der berichtete, Trainer Thomas Tuchel sei besonders in Mitleidenschaft gezogen, weil ein Sprengsatz „direkt an seiner Seite“ hochgegangen sei. Watzke blieb nicht nur dem dramatischen Moment verhaftet, sondern lenkte den Blick bereits auf den folgenden Tag, wenn die Profis wieder dem Ball nachjagen sollen. Ein äußerst schwieriges Unterfangen, „solche Bilder kriegst du so schnell nicht aus dem Kopf“, betonte Watzke: „Ich hoffe, dass die Spieler das einigermaßen wegstecken können.“

Für Gänsehaut im Stadion sorgten die Anhänger des AS Monaco auf den Rängen, die „Dortmund-Dortmund“-Sprechchöre anstimmten – ein ergreifender Moment an diesem fürchterlichen Abend.