Daniel Abbou hatte viel Erfahrung damit, schwierige Projekte gut zu verkaufen – keine schlechte Voraussetzung für den Job als Sprecher der Berliner Flughäfen. Foto: dpa

Daniel Abbou, der ehemalige Sprecher von Nils Schmid, wollte dem BER ein neues Image verpassen. Mehr Transparenz in der öffentlichen Darstellung sollte dazugehören. Nun musste er gehen.

Berlin - Daniel Abbou ist ein Sprecher. Und er spricht. Wer sich mit dem 45-jährigen trifft, braucht sich über Gesprächspausen keine Gedanken machen. Er sprudelt und erzählt, holt aus, scherzt, setzt eine kleine Pointe, erklärt, beschreibt. Kleines Lächeln, große Gesten. So jemanden braucht man, wenn man etwas zu erklären hat. Wie der BER, der Berliner Großflughafen. Könnte man meinen. Seit Januar war Abbou der neue Mann für die öffentliche Darstellung der peinlichen Dauerbaustelle. Nun ist er es nicht mehr. Völlig überraschend ist er gestern mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. Warum? Weil er gesprochen hat. Ein wenig zu offenherzig, wie seine Vorgesetzten offenbar meinen.

Unter dem Titel „Alles kommt raus“ hatte Abbou 100 Tage nach seinem Amtsantritt schonungslos über die „interne Angstkultur“ und „versenkte Milliarden“ beim BER gesprochen. Abbou lobte zwar seinen Chef, Karsten Mühlenfeld, als „lern- und kritikfähig“, fügte aber hinzu, er habe kein Interesse, „unterm Deckel zu halten, was Platzeck, Wowereit, Schwarz und Mehdorn verbockt haben.“ Im Herbst gibt es Landtagswahlen in Berlin. So viel klaren Ansagen waren wohl dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Sozialdemokrat wie Abbou, zu viel.

Abbou ist der der ehemalige Sprecher von Nils Schmid, des (noch ein paar Tage amtierenden) baden-württembergischen Finanzministers. Auch so ein havarierendes Großprojekt. Hat der Mann eine Schwäche für etwas, nun ja, morbide Unternehmungen? Schöner Scheitern mit Daniel Abbou? Schließlich hatte er schon seine erste einschlägige Aufgabe 2008 als Sprecher bei Gisela von Aue begonnen, eine ehemalige Berliner Justizsenatorin, die – als er den Job übernahm – unangefochten als die größte Enttäuschung im Senat von Klaus Wowereit galt. Abbou konnte ihren Ruf aufpolieren.

Und Schmid? Als Abbou, der gebürtige Stuttgarter, 2011 wieder ins Schwäbische zog, um zunächst Sprecher des SPD-Wahlkampfs von Schmid und dann auch sein Ministeriumssprecher zu werden, hatte er eine schon eine harte Schule hinter sich. In einem Gespräch mit unserer Zeitung, Ende März, hatte Abbou davon berichtet. Nach dem Sprecheramt bei von Aue war er zu Ulrich Nussbaum gewechselt, dem parteilosen Berliner Finanzsenator. „Eine hammergeile Zeit.“ Nussbaum und Abbou – das galt in Berlin als funktionierendes Tandem. Aus Empörung ist er dann gegangen. Nicht über Nussbaum. Über Stefan Mappus. Der sollte weg. „Die Bilder vom Schlossplatz. Das ging gar nicht.“ Der Wahlkampf war nicht leicht für die SPD. Fukushima war das beherrschende Thema. Ein grünes Thema. Aber immerhin: Regierungsbeteiligung und 23,1 Prozent. Es geht schlechter, wie man heute weiß.

Ministeriumssprecher und Vize-Regierungssprecher. Drei Jahre lang. Eine schöne Aufgabe. Ein mörderischer Job. Nach den drei Jahren stand für Abbou fest: „So will ich nicht weiterleben.“ So – das heißt: „Um 7.30 die Lektüre der Zeitungen und Studium der Nachrichtenlage. 8.30 Uhr die erste Schaltkonferenz. Von da an ein Termin nach dem anderen. Wenn Du abends um halb zehn abspannen willst, erreicht dich noch der Anruf eines Lokalpolitikers, der eine Veranstaltung mit Schmid und ihm nur auf Seite 6 seiner Lokalzeitung gewürdigt sieht und ein eklatantes Versagen des Sprechers vermutet.“ Abbou wollte „raus aus dem Hamsterrad.“

Und zurück nach Berlin. Dann also der Flughafen. Er trat an, um einen Mentalitätswandel in der Öffentlichkeitsarbeit durchzusetzen. Nach dem medialen Destaster um wieder und wieder verschobene Eröffnungstermine sei jeder, der beim BER mit Kommunikation zu tun habe „in den Atombunker“ gegangen. Dicht machen, schützen, schweigen. Das wollte er ändern. Manches war dabei auch schief gegangen. Neulich ist Mark Zuckerberg in Schönefeld gelandet. Das sollte auf seinen Wunsch nicht öffentlich werden. Aber Karsten Mühlenfeld, der Flughafen-Chef war da, Abbou auch. Presse, Blumenstrauß, Kamera – volles Programm. Zuckerberg bockte. Blieb einfach sitzen, bis alle wieder abgezogen waren. Abbous Fazit: „Hoch gepokert, hoch verloren.“ Das gilt nun wohl für seinen gesamten 100-Tage-Job.