Kristallkugel, Kartenlegen, Handlesen, Orakel, Langzeitprognosen: Die Trefferquoten sind ähnlich hoch wie beim Raten. Foto: dpa

Anglizismen und Bürokraten-Deutsch, Mode-Floskeln und aussterbende Begriffe – in unserer Sprach-Glosse hören wir genau hin. Wie die Menschen so reden, was sie sagen, wie sie’s meinen. Heute unter der Lupe: Superforecaster.

Stuttgart - Das neue Jahr ist erst wenige Tage alt – und schon ist man neugierig, wie’s wohl wird. Man könnte einen Hellseher, Wahrsager oder ein Orakel befragen, die von sich behaupten, die Kunst der Präkognition zu beherrschen – also die Fähigkeit, zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Die Trefferquote ist – genauso wie bei den Langzeitvorhersagen von Analysten und Futurologen – ähnlich hoch wie die eines Affen, der Darts spielt. Zu diesem Urteil kommt der amerikanische Psychologe Philip Tetlock, der seit mehr als 20 Jahren erforscht, wie stichhaltig Prognosen und wahrheitsgetreu Prognostiker sind.

Wissenschaft statt Kaffeesatzleserei

Auf der Suche nach der Superprognose lernte er „Superforecaster“ kennen. Das Wort ist ein lupenreiner Anglizismus, der in die deutsche Sprache Einzug gehalten hat. Die englischen Silben „fore“ und „caster“ bedeuten „Vordergrund“ und „der Zaubernde“. „Super“ ist ein lateinisches Präfix – eine dem Wortstamm vorangestelltes Erweiterung, die eine Begrifflichkeit im Sinne von sehr, extrem verstärken soll.

„Forecaster“ verfügen über die außergewöhnliche Fähigkeit, hinter das Vordergründige zu blicken und den Schleier der Zukunft teilweise zu lüften. Nicht mit Hilfe von Wahrsagerei und Kaffeesatzleserei, sondern aufgrund wissenschaftlicher Methodik – selbstkritischem Denken, breiter Information und ständiger Überprüfung eigener Einschätzungen. Rund 200 „Superforecaster“ gibt es weltweit. Ihre Vorhersagen sind Tetlock zufolge 60 Prozent zufolge genauer als die sonstiger Prognostikern und 30 Prozent genauer als die der US-Geheimdienste.

Mit ihren Voraussagen ist es indes wie mit allen Blicken in die Zukunft: Manchmal sollte man besser nicht zu genau wissen, was sie bringt, sondern abwarten und das Zukünftige auf sich zukommen lassen.