Giacomo Girolamo Casanova (1725-1798), der Prototyp des triebgesteuerten und lustbetonten Hallodri. Foto: dpa

Anglizismen und Bürokraten-Deutsch, Mode-Floskeln und aussterbende Begriffe – in unserer Sprach-Glosse hören wir genau hin. Wie die Menschen so reden, was sie sagen, wie sie’s meinen. Heute unter der Lupe: „Hallodri“.

Stuttgart - Der Wiener ist bekannt für seine Qualitäten als Suitier, Schlawiner und Schürzenjäger. „Dea Hallodri hot scho so manches Heaz brochn“, heißt es in ostmittelbairischer Dialekt, dem Vielvölkergemisch, das in Wien und Umgebung gesprochen wird. Hallodri ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für ein erogen leichtfüßiges, lockeres und unbeständiges Mannbild.

 

Filou, Ladykiller, Womanizer

Offenbar gab es von dieser Spezies nicht nur zu Zeiten der K. u. K. Monarchie zahlreiche Vertreter, die der Damenwelt den Kopf verdrehten. Filou, Frauenheld, Gigolo, Herzensbrecher, Ladykiller, Witwentröster, Schwerenöter, Womanizer . . . Die Liste mit Synonymen für den lustvoll sich inszenierenden und agierenden Narzissten ist lang. Hinsichtlich zwischenmenschlicher Beziehungen ist der Hallodri ein Tunichtgut, Taugenichts, Lebenskünstler und Windhund, der Frauen schöne Augen macht und von Moral wenig, von Etikette dagegen viel hält.

Allótria

Die Bezeichnung geht zurück auf eine Verballhornung des zuerst von Gelehrten im 17. Jahrhundert verwendeten altgriechischen Begriff „Allótria“. Im ethischen Skeptizismus der Philosophie der Kyniker und Stoiker stand „Allótria“ – das Fremdartige – für ein Denken und Verhalten, das vom Eigentlichen und Werthaften des Menschseins ablenkt und sich an Besitz, Ruhm, Macht, Lust und Leidenschaften orientiert.

Ist der Mensch zum Hallodri geboren?

In der Psychologie würde man sagen, der Hallodri ist der Inbegriff des triebgesteuerten Mannes. Immer auf der Suche nach amourösen Abenteuern stellt er jedem Weiberrock hinterher. Zur Ehrenrettung des Hallodri sei gesagt, dass Evolutionsbiologen und Sexualforscher den Menschen von Geburt an geschlechtsunabhängig als promiskes Wesen sehen. Der Hallodri im Mann und in der Frau ist demnach die Regel, monogame Keuschheit hingegen das Diktat kulturell-religiöser Ideologien.