Das Kunstrasenfeld beim Max-Graser-Stadion ist „in einem mürben, brüchigen Zustand“, so die Experten. Foto: Archiv/Patricia Sigerist

Die 19 Jahre alte östliche Fläche beim Fellbacher Max-Graser-Stadion hat an vielen Stellen Flickstellen. Die jetzt beschlossene Sanierung kommt auf 1,3 Millionen Euro. Das elastische Verfüllmaterial Kork hat in der Fußballszene jedoch auch Kritiker.

Fellbach - Es war eine Debatte, die richtig Fahrt aufnahm in diesem Frühjahr: Wie gefährlich sind die hiesigen Kunstrasenplätze? Sind womöglich auch die fünf derartigen Spielfelder in Fellbach und Kernen betroffen? Hintergrund waren Erkenntnisse, wonach die im Kunstrasen eingestreuten Plastikkrümel zwar eine zusätzliche Federung bewirken und so Gelenke schonen und Verletzungen vorbeugen. Andererseits besteht das Dilemma, dass der abgetragene Gummi und weiteres plastikbasiertes Füllmaterial bei Regen abfließt und über Drainage, Kanalrohre und Bäche sogar bis ins Meer gelangt. Dort könnten Fische und Kleinlebewesen die Teile als vermeintliche Nahrung aufnehmen, auch Menschen wären schließlich betroffen.

Als elastisches Verfüllmaterial wird Kork verwendet

Zwischenzeitlich drohte, dank einer EU-Richtlinie, gar ein Verbot derartiger Plätze. Um künftig gegen derartige Umwelt-Probleme gewappnet zu sein, gibt es nun auf dem zur Sanierung anstehenden östlichen Kunstrasenplatz beim Fellbacher Max-Graser-Stadion eine moderne Lösung. „Als Hauptfüllmaterial wird Quarzsand verwendet“, teilte Baubürgermeisterin Beatrice Soltys jetzt im Gemeinderat mit. Als elastisches Verfüllmaterial werde Kork verwendet. Dies sei eine Voraussetzung, um einen Förderantrag beim Land zu erhalten Das bisher verwendete Gummigranulat stehe im Verdacht, die Umwelt mit Mikroplastik zu belasten. Dass das zwischen dem Kombibad F3 und dem im Jahr 2010 im Westen gebauten weiteren Kunstrasenplatz liegende Kickfeld saniert werden muss, steht außer Frage. Ist dieser Platz doch bereits 19 Jahre alt – der übliche Lebenszyklus derartiger Felder liegt zwischen 12 und 15 Jahren und entspricht eben dem damaligen Stand der Technik. Der Platz wird häufig bespielt, die geflickten Stellen speziell in den Strafräumen sind für die Zuschauer gut erkennbar. „Auch die Halmlänge hat sich durch die intensive Nutzung abgespielt, sodass der Quarzsand nicht mehr ausreichend durch den Kunstrasenhalm abgedeckt wird“, führt der Fellbacher Tiefbauamtsleiter Thomas Stengel in den schriftlichen Expertise aus.

Die nun vorgesehene Variante hat allgemein in Sportkreisen aber nicht nur Anhänger

Bestätigt wird diese Diagnose durch das Gutachten eines eingeschalteten Sachverständigenbüros. Demnach müssen der Kunstrasen und die Füllstoffe komplett erneuert werden. Die darunterliegende elastische Tragschicht, die für den Kraftaufbau zuständig ist, „ist in einem mürben, technischen Zustand und löst sich partiell bereits auf“. Diese etwa zwei bis drei Zentimeter starke Schicht müsse ebenfalls ersetzt werden. „Der Kraftabbau liegt im Mittel unter den heutigen Anforderungen, gleiches gilt für den Bruchmittelgehalt der gebundenen Tragschicht (Asphalt)“, heißt es. Entsprechend des von Soltys präsentierten Sanierungskonzepts folgt zunächst der Ausbau samt Entsorgung des alten Kunstrasens, dann der Einbau der neuen Materialien. Empfohlen wird „ein Kunstrasenbelag mit 40 Millimeter Halmlänge Typ A nach Deutscher Industrie Norm“. Die Wege auf der Ost- und Westseite des Spielfelds erhalten zudem ein wasserdurchlässiges Pflaster.

Die Kosten werden auf 1,3 Millionen Euro geschätzt

Die nun vorgesehene Variante hat allgemein in Sportkreisen aber nicht nur Anhänger. Kork habe zwar einige Vorteile, aber als Nachteile den hohen Verschleiß, was häufigeres Nachfüllen nötig mache. Kork sei die günstigste Variante, aber die teuerste in der Unterhaltung und müsse zudem nach sieben bis acht Jahren ausgewechselt werden. Kork könne bei starkem Regen aufschwimmen, dadurch werde neues Einbürsten nötig. Und, so ein kritisierender Kicker: „Bei anhaltend ungünstigem Wetter schimmelt Kork.“

In Fellbach teilen die Bauexperten diese Bedenken offenkundig nicht, und wohl auch nicht der SVF. „Die Planung erfolgt in enger Abstimmung mit dem Verein“, so die Auskunft in der Sitzung.

Die Räte segneten das Vorhaben denn auch bei lediglich einer Enthaltung ab. Planung und Ausschreibung erfolgen im Herbst 2020, die Sanierung ist für Sommer 2021 anvisiert. Die Kosten werden auf 1,3 Millionen Euro geschätzt – allerdings hofft die Stadt auf Geld vom Land. „Der Zuschussantrag ist bereits ausgefüllt und geht direkt zum Regierungspräsidium“, erklärte Beatrice Soltys im Gremium.