Für Judith Hauser ist der Stützpunkt mehr als nur ein Arbeitsplatz. Foto: /Eva Herschmann

Judith Hauser ist seit 2018 Co-Trainerin der Nationalgruppe am Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden. Die 28-Jährige steht an der Seite der Cheftrainerin Camilla Pfeffer – wie bei den Olympischen Spielen 2012.

Schmiden - Gemeinsam sind Judith Hauser und Camilla Pfeffer bei den Olympischen Spielen 2012 in London Zehnte im Wettstreit der Gymnastikgruppen geworden. Neun Jahre später stehen die beiden noch immer Seite an Seite in der Übungshalle im Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden. Seit 2018 sind die beiden ehemaligen Topgymnastinnen verantwortlich für die Nationalgruppe, die Deutschland international bei den großen Wettkämpfen vertritt. „Ich liebe es, die Entwicklung der Mädchen und ihre Fortschritte zu sehen und sie zum Erfolg zu begleiten.“

Der Stützpunkt in Schmiden ist die zweite Heimat von Judith Hauser, die mit ihrem Freund in Stuttgart wohnt. Aber es war keine Liebe auf den ersten Blick. Als Zehnjährige war sie 2002 schon einmal zum Probetraining da. Es blieb bei einem Kurzbesuch. „Ich war zu jung, und ich wollte damals noch nicht von zu Hause weg“, sagt Judith Hauser, die einen deutschen Vater und eine ungarische Mutter hat, beide Staatsangehörigkeiten besitzt und in Pforzheim geboren wurde.

Es war für Judith Hauser keine Liebe auf den ersten Blick

Als sich die Eltern trennten, war Judith Hauser drei Jahre alt. Mit ihrer Mutter zog sie nach Budapest, wo sie auch mit der Sportgymnastik begann und später mit der ungarischen Nationalgruppe trainierte. Bei den Weltmeisterschaften 2011 im französischen Montpellier verpasste die ungarische Auswahl als 14. die Qualifikation für die Olympischen Spiele, während sich die deutschen Gymnastinnen als Sechste direkt für London qualifizierten. Gleich nach den Weltmeisterschaften sei die Anfrage seitens des Deutschen Turner-Bundes (DTB) gekommen, erzählt Judith Hauser. Im Oktober 2011 kam sie also erneut zum Probetraining nach Schmiden. „Diesmal hat alles gepasst“, sagt sie mit einem Lächeln.

Eigentlich war die Deutsch-Ungarin als Ersatzgymnastin für die Gruppe geplant. Denn Regina Sergeeva, die eigentliche Stammkraft, hatte aufgrund einer Fehlstellung der Sprunggelenke ständig mit Fußprobleme zu kämpfen. Im Frühjahr 2012 kamen bei Regina Sergeeva zusätzlich hartnäckige Beschwerden im rechten Knie auf, die sie zu einer Trainingspause zwangen. Die Ersatzgymnastin, die erst wenige Monate dabei war, rückte auf. Bei den Europameisterschaften in Nischni Nowgorod belegte sie mit der deutschen Nationalgruppe den neunten Platz. Im Juni dann nominierte der DTB Regina Sergeeva, Sara Radman, Camilla Pfeffer, Cathrin Puhl, Nicole Müller und Mira Bimperling für die Olympischen Spiele. Doch Regina Sergeeva verletzte sich kurz vor den Spielen. Judith Hauser, die die gesamte Vorbereitung mitgemacht hatte, wurde nachnominiert. „Die Spiele in London waren ein ganz besonderes Erlebnis“, sagt Judith Hauser. Das sei ihr nach den Bildern der von der Pandemie beeinflussten Olympischen Spiele in Tokio ohne Zuschauer gerade wieder richtig bewusst geworden.

Die Olympischen Spiele in London waren ein besonderes Erlebnis

Nach London beendeten viele Teamgymnastinnen ihre sportliche Laufbahn, auch Camilla Pfeffer hörte auf. Judith Hauser machte noch ein bisschen weiter. Mit der neu formierten Gruppe, zu der neben Sara Radman und ihr nun Anastasia Kempf, Anastasija Khmelnytska, Daniela Potapova und Rana Tokmak gehörten, erreichte Judith Hauser 2013 bei den Weltmeisterschaften in Kiew den neunten Platz im Mehrkampf und den siebten Rang im Keulenfinale. Bei den Europameisterschaften 2014 in Baku wurde die Gruppe, bei der Nicole Müller mittlerweile Sara Radman ersetzt hatte, Elfte im Mehrkampf und Achte im Finale mit zehn Keulen.

Im Jahr darauf trat Judith Hauser zurück. „Ich war mit Abstand die Älteste.“ Sie verwarf ihren Plan, nach Budapest zurückzukehren und ein Studium in Sportmarketing zu beginnen. Stattdessen blieb Judith Hauser, machte an der Kölner Sporthochschule den Diplom-Trainerschein – wie später auch Camilla Pfeffer – und trainierte bis zu ihrer Ernennung als Co-Trainerin von Camilla Pfeffer 2018 den Nachwuchs in Schmiden.

Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Weltmeisterschaften Ende Oktober im japanischen Kitakyūshū. Und die Weichen für danach sind auch schon gestellt. Erst kürzlich haben Camilla Pfeffer und Judith Hauser Seite an Seite ihre Verträge als Trainerinnen mit dem DTB auf unbefristete Zeit verlängert.