Futsal ist so etwas wie der kleine Bruder des Fußballs, und für einige Länder in Südamerika ist er sogar der coolere kleine Bruder. Doch in Deutschland setzt sich die neue Hallenfußballvariante bisher nicht durch.
Stuttgart - Beim Indoor-Kick mit Auslinien statt Banden geht es ums Kombinieren, Passen und vor allem ums Rochieren. Doch in Deutschland tut sich dieser Sport schwer, weil zum einen der Zweikampf als die Seele des Erfolgs gilt und weil es an Spezialisten fehlt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will auf dem bisher vernachlässigten Feld aufholen. Deshalb ist der Württembergische Fußballverband (WFV) dabei, seine Mitglieder an die neue Hallenvariante zu gewöhnen.
Zur Beruhigung der Amateurfußballgemüter fährt der WFV zweigleisig. Verbandswettbewerbe werden durchgängig als Futsal gespielt. Wenn Vereine Turniere ausrichten, dürfen sie das Regelwerk wählen. Die C-Jugendlichen stiegen im vergangenen Winter ein, jetzt war auch erstmals der D-Jugend-Nachwuchs nach den Futsal-Regeln unterwegs. Die Resonanz fällt unterschiedlich aus. Torsten Haubrich, U-13-Coach bei den Stuttgarter Kickers, gefällt die Vier-Sekunden-Regel, die ein umgehendes Ausführen von Freistößen erzwingt und der Schnelligkeit des Spiels förderlich ist. Und er schätzt das Spielgerät, das mit einer dickeren Schaumstoffschicht gepolstert ist, nicht so stark springt und eine bessere Ballkontrolle ermöglicht. „Mich stört aber, dass der Torwart durch die Rückpassbeschränkung wenig am Spiel teilnimmt und dass wenig Tore fallen“, sagt Haubrich. Dem widerspricht José Macias, Futsal-Experte beim WFV. „Der Torspieler übernimmt eine zentrale Rolle und wird zu einer intelligenten Spieleröffnung gezwungen.“
WFV nimmt Bedenken ernst
Zu den Skeptikern zählen auch Klaus Hubrich und Martin Klopfer, die beim SV Vaihingen für die U 15 zuständig sind. „Das Unbefangene geht für mich verloren“, sagt Klopfer, und Hubrich stört, dass nur noch reiner Ergebnisfußball statt Budenzauber gezeigt wird. Georgios Metaxarakis, Leiter der Fußballakademie beim MTV Stuttgart, sperrt sich nicht gegen Futsal. „Ich habe das Gefühl, für die Kinder ist es gut, was die Reaktion im Kopf angeht“, sagt Metaxarakis. Aber er hat festgestellt, dass auch die Schiedsrichter noch nicht sicher in der Auslegung der Regeln sind.
WFV-Sprecher Heiner Baumeister nimmt die Bedenken ernst. „Wir sind alle in einem Lernprozess und denken über Anpassungen nach“, sagt er. Macias beruft sich auf eine Studie der Uni Frankfurt, die belegt, dass das Techniktraining sehr förderlich sei. Mittelfristig würden die Vereine das Hallentraining nach Futsal-Regeln oder zumindest mit dem entsprechenden Ball absolvieren müssen, wenn sie dranbleiben wollen. Demnächst wird die Futsal-AG beim WFV die Runde analysieren und im Rahmen des Regelwerks an einigen Stellschrauben drehen. Es wird ein längerer Gewöhnungsprozess werden, bis man auch in Württemberg Futsal als den schöneren Hallenfußball akzeptieren kann.