Toni Fattorusso auf seiner getunten Vespa Foto: StN

Toni Fattorusso ist Rennfahrer. Zumindest in Teilzeit. Wenn seine Vespa knattert, geht er nicht durchs Remstal cruisen. Mit seinem modifizierten Roller brettert er über Europas Rennstrecken. Und das mit Erfolg. 2015 gewann er die European Scooter Challenge.

Stuttgart/Remstal - Das Racing auf den italienischen Rollern hat Tradition. Bereits zwei Jahre nach der Gründung des Unternehmens 1946 brachte es eine erste Rennversion auf den Markt. 60 Jahre später fand die erste European Scooter Challenge statt. Bei fünf bis sechs Rennen im Jahr wird auf kleinen Rennstrecken in verschiedenen Klassen die europäische Meisterschaft ausgefahren.

Die Klassen unterscheiden sich in Karosseriegröße und Hubraum. Toni Fattorusso fährt in der Klasse 3. Seine Maschine hat eine große Karosserie und 177 Kubik. „Eigentlich gefallen mir die kleineren Modelle besser, aber in den größeren Klassen verspricht das Reglement mehr Konstanz“, sagt Fattorusso. Seine Vespa hat je nach Modifikation 18 bis 20 PS und kommt je nach Übersetzung auf Geschwindigkeiten bis zu 130 Kilometer pro Stunde. Viel wichtiger als die Maximalgeschwindigkeit ist auf den 1,5 bis 2,7 Kilometer langen – oder besser: kurzen – Strecken allerdings die Beschleunigung. Mit der richtigen Übersetzung sind Durchschnittsgeschwindigkeiten zwischen 70 und 80 Kilometer pro Stunde möglich.

Für den Erfolg opfert der Rennfahrer aus Kernen im Remstal einen Großteil seiner Freizeit. Für ein Rennen ist er das ganze Wochenende unterwegs, abends schraubt er in einer Werkstatt an seiner Maschine. Hinzu kommen noch zwei Langstreckenrennen im Jahr, für die eigene Roller aufgebaut werden müssen, da sich das Reglement von der European Scooter Challenge unterscheidet.

Ein Roller kostet zwischen 2000 und 3000 Euro

„Die Zeit mit der Familie leidet natürlich unter meinem Hobby, aber bei Rennen in der Nähe versuche ich, sie mitzunehmen“, sagt der 42-Jährige. Auch finanziell ist der Sport eine Herausforderung. Zwischen 2000 und 3000 Euro kostet allein der Roller. Hinzu kommen Meldegebühr, Versicherung, Verschleißteile, Sprit und die Anfahrt. „Ein Rennwochenende kostet da schnell mal 1000 Euro“, sagt Fattorusso. Mit den Rennen groß Geld zu verdienen ist kaum möglich.

„Ein paar Fahrer haben Sponsoren, die Teile des Materials stellen oder die Unterkunft.“ Auch Fattorusso hat kleinere Lieferanten, die ihn sponsern. „Dazu kommen noch ein paar Leute aus dem Ort, und mein Arbeitgeber hilft auch ein klein wenig mit, der Rest ist eigenfinanziert“, erzählt Fattorusso, der bei Stihl als Maschinenbauingenieur beschäftigt ist.

Problem sind die Trainingsmöglichkeiten

Zusammen mit Arbeitskollegen stellt er auch ein Stihl-Werkteam. „Meine Kollegen fahren andere Klassen, aber wir arbeiten zusammen an den Rollern und fahren auch gemeinsam zu den Rennen“, sagt der Europameister.

Diesen Titel konnte er 2015 das erste Mal gewinnen. Im Jahr zuvor musste sich Fattorusso noch mit dem zweiten Platz zufriedengeben. Dieses Jahr konnte er in der Qualifikation und den zwei anschließenden Läufen insgesamt die meisten Punkte sammeln. „Ich wollte die Serie unbedingt gewinnen und bin sehr glücklich, dass es 2015 geklappt hat“, freut sich der Remstäler.

Die Möglichkeit zu trainieren hat Fattorusso auf einer Rennstrecke in Walldorf. Die ist jedoch sehr klein und nur an bestimmten Zeiten in der Woche befahrbar. „Die Trainingsmöglichkeiten in der Region sind nicht gut, da haben andere Fahrer deutliche Vorteile“, moniert Fattorusso. Unterkriegen lässt er sich von den schlechten Trainingsbedingungen aber nicht. Nach der erfolgreichen European Scooter Challenge stand am vergangenen Wochenende bereits das nächste Rennen an. Im französischen Magny-Cours duellierten sich die Fahrer diesmal im Team bei einem zehnstündigen Langstreckenrennen.

Dieses Jahr soll besser werden

„Auf so einem schönen und traditionsreichen Kurs zu fahren macht natürlich besonders Spaß“, sagt Fattorusso und fügt an: „Leider hat es dieses Jahr nur zum neunten Platz gereicht, da waren wir natürlich schon enttäuscht. Das zeigt, dass das Niveau gestiegen ist.“ Nachdem das Team im letzten Jahr den achten Platz belegt hatte, sollte dieses Jahr eine Steigerung her, doch das klappte trotz großer Anstrengungen nicht.

Doch Toni Fattorusso wird auch nächstes Jahr wieder an den Start gehen und versuchen, sein Ergebnis zu verbessern. „Vielleicht lässt uns Daimler dafür ja mal auf seiner Teststrecke trainieren, da hätten wir endlich die Trainingsbedingungen, die wir uns wünschen“, sagt er dazu schmunzelnd.