Handstand üben, das geht auch im Garten ganz prima. Foto: imago/Panthermedia

Turnen ist sehr trainingsintensiv, aber Gerätetraining ist derzeit tabu. Der Landesnachwuchstrainer Tobias Mackert sieht das auch als Chance und setzt andere Schwerpunkte.

Stuttgart - Kunstturner gehören zu den Sportlern mit dem höchsten Trainingspensum. Mehrere Stunden täglich verbringen sie in der Turnhalle, den Großteil davon an den Geräten. Im Kunstturnforum in Stuttgart beispielsweise arbeiten große und kleine Akrobaten an ihrer Karriere – auf den Spuren von Fabian Hambüchen, Marcel Nguyen, Kim Bui oder Elisabeth Seitz. Doch die Turnhallen sind zurzeit geschlossen. Keine Salti, keine Riesenfelgen, keine Überschläge. Fit bleiben müssen die kleinen Turnerinnen und Turner trotzdem, ansonsten kommt das böse Erwachen, sobald das reguläre Training wieder beginnt.

Tobias Mackert ist Landestrainer und trainiert normalerweise im Kunstturnforum Jungs im Alter zwischen sieben und zehn Jahren. „Für uns Trainer ist die Zeit gerade mindestens so schwer wie für die Turner“, sagt er. Denn die Trainer müssen erfinderisch sein und dafür sorgen, dass das Training während der Kontaktsperre nicht zu kurz kommt.

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Nach der Skype-Konferenz wird trainiert

Einmal täglich gibt es derzeit eine Skype-Konferenz. Dann wird trainiert – und Tobias Mackert gibt Anweisungen über das Internet. „Ich habe jetzt schon alles gesehen“, sagt er und lacht: „Manche trainieren im Garten, andere im Wohn- oder Kinderzimmer – überall da, wo Platz ist.“ Einige Turner hätten sogar ein ganzes Arsenal an Geräten zu Hause, vom Turnpilz über ein Pauschenbrett bis hin zur Air-Track-Bahn. „Das ist alles natürlich eine Geld- und Platzfrage“, sagt Tobias Mackert und betont: „Auch ohne diese Geräte kann man als Turner gut durch die Krise kommen.“

Gerade für die jungen Leistungsturner sei allerdings die Anleitung durch die Trainer wichtig, auch für die Motivation, sagt Tobias Mackert. Ältere Sportler wüssten schon eher, was sie machen müssen, und trainieren selbstständig. Das Gerätetraining freilich, fehlt allen. „Was wir machen können, ist Schadensbegrenzung“, sagt der Landestrainer. Kräftigung, Beweglichkeit und Ausdauer, so dass der Trainingsstart ohne Wiederaufbau vonstattengehen kann. „Wenn man es positiv sehen will, kann man sagen, dass die Turner jetzt Zeit für all das haben, was im normalen Training oft etwas zu kurz kommt“, sagt der Trainer.

Ratschlag: Feste Trainingszeiten

Für Hobbyturner gelte dasselbe Prinzip. „Auch wer sonst nur ein-, zweimal die Woche zum Turnen geht, kann sich während der trainingsfreien Zeit fit halten, indem er zu Hause trainiert“, sagt Tobias Mackert und rät Kindern und Jugendlichen zu einem geregelten Tagesablauf mit festen Trainingszeiten. Dabei kann es helfen, sich mit seiner Trainingsgruppe zum Skype-Training zu verabreden, um die Motivation hochzuhalten und den Kontakt nicht zu verlieren. „Jeder kann dann eine Trainingseinheit zu einem bestimmten Thema wie zum Beispiel Sprungkraft, Beweglichkeit oder ein Handstandprogramm vorbereiten“, sagt Tobias Mackert.

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Bei den ganz kleinen Turnern schlägt jetzt die Stunde der Eltern. Spielerisch kann man auch zu Hause viele turnerische Übungen machen. Wer kann die bessere Rolle vorwärts? Mama oder Tochter? Wer schafft den schöneren Handstand? Papa oder Sohn? Während die Eltern ungeahnte Talente (wieder-)entdecken, können die Kinder stolz zeigen, was sie im Training gelernt haben.

Natürlich gibt es auch für Turner ganz viele Ideen im Internet. Der Schwäbische Turnerbund bietet zum Beispiel einen Kinderturn-Broadcast mit zahlreichen Spielideen an. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag werden die Bewegungsideen kostenlos veröffentlicht. In der Kitu-App der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg gibt es ebenfalls viele Spiel- und Turnideen für alle Altersklassen.

All diejenigen, die schon immer einen Handstand lernen wollen, können dies nun sogar mit Marcel Nguyen tun. Der dreimalige Europameister zeigt in Kooperation mit dem SWR in fünf Episoden Tipps, Tricks und Übungen, um einen Handstand zu lernen oder zu verbessern.

„Insgesamt“, sagt Tobias Mackert, „bietet das Internet in diesen Tagen unzählige Ideen, um zu Hause fit zu bleiben – auch von Turnern für Turner. Man muss sich nur das Passende heraussuchen, es ergänzen und kombinieren – so kann man die Zeit gut überbrücken.“

Und die Rückkehr ins Gerätetraining wird – wenn es wieder möglich ist – nicht ganz so hart.