Ob im Haus oder an der frischen Luft – Sport ist wichtig. Foto: imago//stock&people

Für den Handball-Landestrainer Nico Kiener geht es jetzt darum, dass seine Schützlinge Grundlagen schaffen.

Herrenberg - Handball zu Hause? Viele Eltern werden bei diesem Gedanken die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die teure Vase, der Fernseher, die Fensterscheiben! Ball spielen im Haus, das sagt eine weit verbreitete Regel, ist doch verboten. In Corona-Zeiten könnte es allerdings sein, dass diese Regel im einen oder anderen Haushalt gebrochen werden muss. Zum Beispiel, wenn kleine oder große Handballer in selbigem leben. Denn diese können meist nur schwer beziehungsweise gar nicht wochenlang ohne einen Ball auskommen. Zumindest prellen oder einfache Wurfübungen sollten im Haus kein Problem sein. Wer einen Hof oder eine Terrasse hat, der ist – wie so oft in diesen Zeiten – klar im Vorteil.

Für Nico Kiener allerdings stehen während der trainingsfreien Zeit gar nicht so sehr die Übungen mit Ball im Vordergrund, sondern vielmehr das Athletik- und Ausdauertraining. „Wichtig ist, dass sich die Spieler fit halten – bis der Trainingsbetrieb wieder losgehen kann“, sagt der Landestrainer und D-Jugend-Coach der SG H2Ku Herrenberg. „Für uns ging es darum, welche Übungen die Jungs und Mädels selbstständig oder mit ihren Eltern zu Hause machen können“, erklärt er. Und auch: wie man ihre Motivation hoch hält.

Das Training fällt schwer

Nico Kiener weiß, dass es gerade Mannschaftssportlern schwerfällt, alleine zu trainieren. Und deshalb hat er sich eine Challenge ausgedacht, die das ganze Team gemeinsam bestehen muss. Gemeinsam sollen die rund 30 Spielerinnen des Jahrgangs 2005 bis zum 18. April 6000 Minuten lang Kraft und 5600 Minuten lang Ausdauer trainieren. Die D-Jugendlichen, 25 an der Zahl, sollen ebenfalls bis zum Ende der Osterferien 2000 Minuten Kraft und 6000 Minuten Ausdauer schaffen.

Dabei zählt jede Art von sportlicher Betätigung. „Ob sie jetzt im Garten Trampolin springen, in der Wohnung Seil springen, joggen gehen oder mit den Inlinern unterwegs sind, ist egal, wichtig ist, dass sie sich bewegen“, sagt der Trainer aus Herrenberg. Die Resonanz ist super. Täglich bekommt Nico Kiener Whatsapp-Nachrichten mit den absolvierten Einheiten, die er fein säuberlich in Excel-Tabellen einträgt. Jeder Handballer bekommt von Nico Kiener eine Rückmeldung. „Das ist wichtig“, sagt er, „damit sie wissen, dass ihre Leistung gewürdigt wird.“ Am Ende steht eine Belohnung. „Wenn die Kinder es schaffen, richten wir, sobald es wieder möglich ist, ein Grillfest für alle aus“, verspricht der Trainer Kiener.

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Die Idee mit der Minuten-Challenge kann auch auf Familien übertragen werden und eine Möglichkeit sein, Kinder zum Sporttreiben zu animieren. Kiener selbst ist derweil gespannt, wie fit seine Schützlinge aus der Zwangspause kommen. „Die Grundlagenausdauer kommt im normalen Trainingsbetrieb oft zu kurz“, sagt er, „wahrscheinlich sind wir danach so fit wie selten zuvor.“

Dafür werden, so der Trainer, die handballspezifischen Übungen höchstwahrscheinlich zu Hause eher weniger umgesetzt werden können. „Handball ist eine sehr komplexe Sportart, das macht es schwierig, handballspezifisch zu trainieren“, sagt Nico Kiener. Je nach Platzangebot bieten sich aber trotzdem einige Übungen an, die man zu Hause durchführen kann – auch mit Ball.

Ideen aus dem Internet

Wer Ideen dafür braucht, findet diese im Internet. Der Deutsche Handball-Bund stellt in seiner Fitnessserie „Wir machen stark – fit mit dem DHB“ regelmäßig neue Übungen auf seine Homepage. Der Athletik-Bundestrainer David Gröger hat die Beiträge gemeinsam mit seinem Team entwickelt. „Die Übungen sind für jeden geeignet, von der D-Jugend bis zu den Profis“, erklärt der Trainer im ersten Video der Serie.

Auch mehrere Videos für Kinder sind bereits erschienen. „Wir wollen Familien unterstützen und mit dafür sorgen, dass die Kinder in Bewegung bleiben“, sagt der DHB-Vorstand Sport Axel Kromer. Er hat für die Online-Trainingseinheiten sein Wohnzimmer zur Verfügung gestellt. Dort präsentiert sein Sohn Übungen, für die man nur ein bis zwei Handbälle, zwei Wasserflaschen und ein Handtuch braucht.

Er zeigt zum Beispiel, wie man im Achterlauf prellend um die Wasserflaschen läuft, den Ball hinter dem Rücken fängt oder wie oft man es schafft, im Ausfallschritt unter dem Bein zu klatschen, während der Ball in der Luft ist. Und wenn man dafür alle zerbrechlichen Gegenstände aus dem Weg räumt, dann kann die Haus-Ball-Regel in der Corona-Zeit dafür auch ausnahmsweise gebrochen werden. Wie so vieles, ist eben auch das anders in diesen Zeiten.