Der interne Bericht kritisiert die Zahl der eingesetzten Beamten als zu niedrig. Foto: dpa

Seit wann wusste die Kölner Polizeispitze vom Ausmaß der Übergriffe? Und warum wurden Details erst so spät bekannt? Ein interner Bericht der Bundespolizei gibt Einblick in die dramatische Lage vor dem Hauptbahnhof der Domstadt.

Köln - Die Polizei war nach Angaben eines leitenden Beamten frühzeitig über Ausmaß und Dramatik der Übergriffe in der Kölner Silvesternacht informiert. Während der Ausschreitungen am Hauptbahnhof hätten Frauen Schutz bei der Polizei gesucht, heißt es unter anderem in einem internen Einsatzbericht des Bundespolizisten, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Im Gespräch mit einem führenden Landespolizisten habe er sogar befürchtet, dass das „Chaos noch zu erheblichen Verletzungen wenn nicht sogar zu Toten führen würde“, schreibt der Beamte.

In der ersten Pressemitteilung der Polizei am Neujahrsmorgen war die Stimmung in der Innenstadt dagegen als „friedlich“ bezeichnet worden. Erst zwei Tage nach Silvester hatte die Polizei über Übergriffe informiert.

Dagegen schreibt der Bundespolizist, ein Leiter der an dem Einsatz beteiligten Hundertschaft, über die Zeit vor Mitternacht: „Frauen mit Begleitung und ohne durchliefen einen im wahrsten Sinne „Spießrutenlauf“ durch die stark alkoholisierten Männermassen, wie man es nicht beschreiben kann“. Viele weinende und schockierte Frauen und Mädchen hätten den Beamten von sexuellen Übergriffen berichtet.

Hohe Zahl von Migranten unter Tätern frühzeitig bekannt

Auffällig sei die „sehr hohe Anzahl an Migranten innerhalb der polizeilichen Maßnahmen“ gewesen. Da die Polizei „nicht jedem Opfer einer Straftat helfen und den Täter dingfest machen konnte, kamen die eingesetzten Beamten an die Grenze zur Frustration“, schreibt der Bundespolizist in dem Bericht, der zunächst der „Bild“-Zeitung und dem Magazin „Der Spiegel“ vorgelegen hatte.

In dem Bericht wird zudem eine viel zu geringe Zahl eingesetzter Beamter beklagt. Alle eingesetzten Polizisten seien „ziemlich schnell an die Leistungsgrenze gekommen“. Wegen der zahlreichen Vorfälle hätten sich die Beamten „auf die Lagebereinigung mit den notwendigsten Maßnahmen“ beschränkt. Aber: „Maßnahmen der Kräfte begegneten einer Respektlosigkeit, wie ich sie in 29 Dienstjahren noch nicht erlebt habe.“ Die Situation sei „Chaotisch und beschämend“ gewesen.

Die Kölner Polizei wollte sich zunächst nicht zu dem Bericht des Bundespolizisten äußern. Die Zeitung „Express“ zitierte am Donnerstag einen weiteren Beamten der Kölner Polizei, der im Einsatz war: „Ich habe junge Frauen weinend neben mir gehabt, die keinen Slip mehr trugen, nachdem die Meute sie ausgespuckt hatte“, erinnert sich dieser laut Zeitung. „Das waren Bilder, die mich schockiert haben und die wir erstmal verarbeiten mussten.“ Die Polizisten seien „damit beschäftigt (...), uns selbst zu schützen, da wir massiv angegriffen wurden“.