Im August soll hier ein Imbiss stehen – wenn auch nur als Filmkulisse. Foto: Michael Steinert

Der Wilhelmsplatz wird zur Kulisse für einen Spielfilm. Rund um einen Imbiss auf dem Platz durchleiden vier Männer aus drei Generationen die Nöte des Großstädters.

Stuttgart-Mitte - Pfeif auf Berlin, Alexanderplatz. Alle Freuden und Sorgen des Alltagslebens in der Großstadt prallen zusammen in Stuttgart, auf dem Wilhelmsplatz mit seinen Kneipen und Restaurants, benachbart auf der einen Seite vom Rotlichtviertel, auf der anderen von Bürobauten. So sehen es jedenfalls der Produzent Arek Gielnik und der Regisseur Michael Baumann. „Die großen Kinofilme um Migration spielen üblicherweise in Berlin“, sagt Gielnik. Nicht dieser, der allerdings kein typischer Film über Einwanderer ist.

Der Rohstoff für 110 Minuten Spielfilm soll im August und September ausschließlich auf dem Wilhelmsplatz gedreht werden, genauer in und um einen Imbiss auf dem Platz, einen Imbiss, der nur Filmkulisse sein wird, weil es ihn nicht gibt. Die Finanzierung ist aus verschiedenen regionalen und europäischen Fördertöpfen gesichert. Der Film wird nicht nächtens in einem der dritten Programme der ARD ausgestrahlt, sondern im Kino zu sehen sein. Das Drehbuch, verfasst von Baumann, ist auf der Berlinale schon mal mit dem Strittmatter-Preis ausgezeichnet worden.

Die Handlung ist so verwirrend wie das Leben

„Habib Rhapsody“ ist der Spielfilm betitelt. Die Handlung ist so verwirrend wie das Leben des Großstädters selbst oder – das bleibt Ansichtssache – so verwirrend, wie vier Männer der Großstadt aus drei Generationen sich das Leben machen können. Habib ist der Betreiber jenes Imbisses, für den er seine Jugendliebe in der Türkei zurückließ, was ihm zunehmend die falsche Lebensentscheidung scheint. Sein Sohn Thomas, der sich lieber Neco nennt, leidet gewissermaßen unter dem Gegenteil. Er hat früh geheiratet und ein Kind gezeugt. Nun behindern Ehe und Vaterschaft ihn in seiner Liebe zu einer Studentin.

Der Geschäftsmann Bruno ist wegen des Verdachts der Untreue buchstäblich vor die Tür gesetzt worden. Dort hockt er nun aus Protest im Sitzstreik, mutmaßlich aber nicht lang, denn sein größter anzunehmende Unfall ist schon Tatsache. Ihm wurde sein iPhone abgeschaltet. Schließlich wackelt noch Ingo über den Wilhelmsplatz, der unterwegs ist, einen Lebensfehler zu korrigieren. Behindert von beginnender Demenz ist er aus dem Pflegeheim entfleucht, um sich für 40 Jahre des Schweigens bei seiner Tochter zu entschuldigen.

Die banalen Sorgen der Filmemacher beginnen mit dem Müll

Der gefühlte Weltschmerz der Männer wird überdeckt vom sehr realen Gestank der Fäulnis, denn im Film ist Sommer und die Müllabfuhr streikt. Damit beginnen die banalen Sorgen der Filmemacher, die auf der Suche nach Unterstützung im Bezirksbeirat für ihr Projekt warben. Während der sieben- bis achtwöchigen Dreharbeiten „muss der Müll irgendwo gelagert werden“, sagte die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. „Wir brauchen die Unterstützung der Ämter.“ Womöglich behindert den Film zur Großstadt auch das tatsächliche Großstadtleben in Stuttgart. Das Straßenmagazin Trottwar will während der Drehzeit ein Kulturfestival auf dem Wilhelmsplatz feiern, hat die Absicht bisher aber nur angekündigt und keinen Antrag eingereicht.

Ungeachtet solcher Unwägbarkeiten besteht wenig Anlass, am Zustandekommen des Projekts zu zweifeln. Die im Osten Stuttgarts ansässige Produktionsfirma namens Indi-Film ist zwar klein, aber erfolgreich. Für ihre Stuttgart-21-Dokumentation „Alarm am Hauptbahnhof“ bekam sie in diesem Jahr den Grimme-Preis zugesprochen. „Hochburg der Sünden“, eine Dokumentation über die Schauspielkarriere einer Muslima, gewann im Jahr 2008 in Leipzig die goldene Taube.