Geeignete Flächen für eine interimsweise Nutzung für Spiel und Sport gibt es in Stuttgart-Ost zwar. Aber der Umsetzung stellen sich einige Hindernisse in den Weg. Wie geht es nun weiter?
Kinder und Jugendliche brauchen Spiel- und Sportflächen als Treffpunkte gerade auch in den Innenstadtbezirken. Darüber sind sich alle Verantwortlichen in den Bezirken und bei der Stadt einig. Deswegen gibt es beispielsweise auch den Aktionsplan Kinder- und Jugendfreundliche Kommune der Landeshauptstadt, in dem „Nichtkommerzielle Begegnungsorte für Jugendliche im öffentlichen Raum“ sogar ein eigenes Unterkapitel sind. Zwei Beispiele aus Stuttgart-Ost zeigen aber, wie schwer es offenbar trotz geeigneter brachliegender Flächen ist, solche Spiel-, Bewegungs- und Begegnungsflächen zu schaffen. Die EnBW verlangt Miete, die die Stadt nicht zahlen kann oder will, die SSB argumentiert mit notwendigen Parkplätzen.
Den neuen Anwohnern waren die Street- und Basketballer zu laut
In Stuttgart-Ost wird spätestens seit der Schließung des beliebten Cotta-Sportplatzes immer wieder über neue Bewegungsräume im Stadtbezirk diskutiert. Zur Erinnerung: Der Cotta-Sportplatz hatte sich über Jahre zu einem beliebten Treffpunkt für junge Streetball-Spielerinnen und -spieler entwickelt. Das hatte niemanden gestört, solange direkt daneben der Betriebshof des Garten-, Friedhofs- und Forstamts war. Damit die Stadt die Villa Berg kaufen konnte, wurde dieser jedoch dem damaligen Villa-Besitzer, einem Immobilienentwickler, übereignet. Während bei der Villa bekanntlich noch nicht viel passiert ist, stehen auf dem ehemaligen Betriebshof-Grundstück inzwischen Wohnungen. Einigen der neuen Anwohner waren die Street- und Basketballer zu laut. Die Folge nach rechtlicher Prüfung: der Platz wurde für nichtschulische Zwecke geschlossen.
Alle Bemühungen auch im Bezirksbeirat Stuttgart-Ost, den Platz wenigstens tageszeitlich begrenzt wieder zu öffnen, scheiterten. Voriges Jahr stellten sowohl die Bezirksbeiratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen als auch die SPD-Gemeinderatsfraktion Anträge zur Zwischennutzung möglicher Flächen in Stuttgart-Ost. Die Stadtverwaltung hat daraufhin ämterübergreifend einen Suchlauf gestartet und ist auch fündig geworden: im Unteren Klingenbachtal und bei der Brendle-Kreuzung für eine dauerhafte Nutzung, auf dem EnBW-Areal an der Hackstraße und beim SSB-Depot für eine Interimsnutzung. Daraufhin sei die Verwaltung mit ausgearbeiteten Vorschlägen auf die EnBW (dem Land Baden-Württemberg gehören 46,75 Prozent der Anteile) und die SSB (Eigentümer ist die Landeshauptstadt) zugegangen. Die Antworten waren ernüchternd.
Die EnBW verlangte Miete von der Stadt – die lehnt erst mal ab
Für die Fläche auf dem EnBW-Areal bei der Stadtbahnhaltestelle Karl-Olga-Krankenhaus zur Hackstraße hin hätte sich die Stadt zum einen „Bodenmarkierungen, die die Kinder zum Fahrradfahren sowie Hüpfen und Springen animieren“ vorstellen können. Zum anderen schlug das Amt für Sport und Bewegung einen „zu einer individuell gestalteten Spiel- und Bewegungsfläche mit Sitzelementen“ umgebauten Container vor, der später auch an anderen Standorten einsetzbar wäre. O-Ton Stadtverwaltung: „Das in Stuttgart einzigartige Angebot würde einen großen Mehrwert für die Nachbarschaft und für das Quartier schaffen. Der Standort bietet hinsichtlich Lage- und Nutzungsmöglichkeiten optimale Qualitäten.“
Die EnBW war zwar grundsätzlich bereit, die Fläche zur Verfügung zu stellen. Die Stadt hätte dort allerdings alle „Arbeiten für Reinigung, Winterdienst, Verkehrssicherung, Grünschnitt etc.“ selbst übernehmen müssen, auch für Strom und Wasser hätte die Stadt selbst sorgen müssen. Darüber hinaus wollte die EnBW Miete für die rund 1400 Quadratmeter große Fläche, und zwar insgesamt 2440 Euro pro Monat. Dazu die Stadtverwaltung: „Weder den planenden, noch den ausführenden Ämtern stehen finanzielle Mittel in dieser Höhe zuzüglich den Anschaffungs- und Unterhaltungskosten zur Verfügung.“ Ohne ein Entgegenkommen der EnBW sei das Projekt dort nicht realisierbar.
Man sei zu Gesprächen über die Mietkosten bereit, sagt die EnBW
Die EnBW teilt mit, dass sich diese erste Mietkostenvorstellung an den Werten orientiert habe, „die die Stadt umgekehrt von uns für unbebaute Flächen verlangt“. Ein EnBW-Sprecher: „Seit Mitte Juni haben wir dazu nichts mehr von der Stadt gehört, wir sind aber gerne zu Gesprächen bereit.“
Beim SSB-Depot mitten in Stuttgart-Ost kann sich die Stadt bis zum Baubeginn dort eine Nutzung der Fläche vor dem Kinder- und Jugendhaus Ostend vorstellen. Dort sind aktuell Parkplätze, die nach Einschätzung der Stadtverwaltung „nur gering ausgelastet sind“. Davon würde auch nur ein Teil etwa für Tischtennisplatten, einen mobilen Pumptrack, einen Basketballkorb, Sitzgelegenheiten, Bodenmarkierungen etc. benötigt. „Derzeit nutzen schon viele Jugendliche den Platz und die Treppe vor dem Kinder- und Jugendhaus Ostend“, so die Verwaltung. „Die temporäre Bespielung bringt somit einen Mehrwert für die Jugendlichen vor Ort. Eine adäquate Spiel- und Bewegungsfläche lässt sich jedoch nur dann umsetzen, wenn dafür ein Teil der Stellplätze umgewandelt würde.“
Die kaum genutzten Parkplätze werden bald für etwas anderes benötigt
Die SSB allerdings sieht keine Möglichkeit, Parkplatzflächen zur Verfügung zu stellen. Diese Flächen würden voraussichtlich bereits im Jahr 2025 größtenteils für die Baustelleneinrichtung benötigt. Dann soll dort laut SSB mit den Abbrucharbeiten begonnen werden. Die dann verbleibenden Parkplätze würden beispielsweise an Wochenmarkttagen (immer freitags auf der nahen Schönbühlstraße) weiter benötigt, ein Teil davon sei auch vermietet.
Für die Antragsteller von den Grünen im Bezirksbeirat Stuttgart-Ost sind diese Antworten unverständlich „und zeigen leider keinerlei Verständnis für die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nach Gelegenheiten für Bewegung und Sport“, so Bezirksbeirat Eberhard Frei. Dieses mangelnde Verständnis hat auch die Mobile Jugendarbeit Stuttgart-Ost in ihrem soeben erschienenen Jahresbericht 2023 im Zusammenhang mit dem Cotta-Sportplatz noch einmal thematisiert: „Man wirft der Jugend vor, zu viel Zeit am Handy, am Tablet, am Computer oder der Konsole zu verbringen und rät den Jugendlichen, sich doch mehr zu bewegen und mehr Sport zu treiben. Wenn junge Menschen dies außerhalb von Vereinen und selbstorganisiert tun wollen, finden sie im Stuttgarter Osten weder ausreichend Bewegungsräume, sie werden sogar mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruch bedroht, wenn sie dafür vorgesehene Plätze aufsuchen und dies tun.“ Diese Androhung ist beispielsweise am Zaun des Cotta-Sportplatzes zu lesen.
Die Suche nach passenden Flächen im Stuttgarter Osten geht also weiter. Für eine langfristige Nutzung hat die Stadtverwaltung noch die Spielfläche im Unteren Klingenbachtal neu entdeckt – allerdings sind dort demnach lediglich drei bis vier weitere Calisthenics-Stangen möglich: „Aufgrund der Nähe zur Wohnbebauung scheidet eine lärmintensive Nutzung (Ballsport, Rollsport) aus.“ Eine weitere städtische Fläche an der Brendle-Kreuzung in Richtung Stuttgart-Wangen ist sogar planungsrechtlich schon lange als öffentliche Grünfläche mit Skaterbahn vorgesehen. Tatsächlich wird sie als Lagerfläche des Garten-, Friedhofs- und Forstamts genutzt. Jetzt soll ein neuer Anlauf für eine Skateranlage dort unternommen werden. Vorher muss das Gartenamt allerdings eine alternative Lagerfläche finden – was bekanntlich auch nicht so einfach ist.