Enttäuschte Schalker nach dem 0:2 in Mainz Foto: Getty

Vor dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart ist beim FC Schalke 04 die Teilnahme an der Europa League in Gefahr. Manager Horst Heldt stärkt Trainer Roberto di Matteo dennoch den Rücken.

Gelsenkirchen - 1187 Minuten. Seit 1187 Minuten ist Klaas-Jan Huntelaar ohne Torerfolg. An und für sich ist Huntelaar Torjäger, ein äußerst verlässlicher. In 125 Bundesliga-Spielen hat er 66 Treffer für den FC Schalke 04 erzielt. Der Niederländer trifft statistisch gesehen also in jedem zweiten Spiel. Eigentlich. Denn jetzt ist er eben seit 1187 Minuten ohne Torerfolg. In 1187 Minuten kann man beispielsweise fünfmal das vierstündige Hollywood-Epos „Vom Winde verweht“ schauen. Eine lange Dürreperiode.

Mit seiner Torlos-Phase ist Huntelaar eines der Gesichter der Schalker Krise. Von den vergangenen zehn Bundesliga-Partien hat Schalke lediglich eine gewonnen, in 13 Rückrunden-Spielen nur 15 Punkte geholt. Der Tabellenfünfte ist vor dem Heimspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den VfB Stuttgart geradewegs dabei, die internationale Startberechtigung zu verspielen. „Wir müssen uns mehr denn je Gedanken um die Europa League machen“, sagt Kapitän Benedikt Höwedes. Von der Königsklasse redet in Gelsenkirchen niemand mehr. „Wir müssen langsam den Arsch hochkriegen“, sagte Höwedes nach der 0:2-Niederlage in Mainz. Im Anschluss tobte die Fankurve, die Anhänger beschimpften ihre Mannschaft. Auf Schalke kocht die Volksseele.

Seit Montag ist das Team im Trainingslager in Marienfeld, an diesem Donnerstag endet es. „Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, auch Dinge verändern, um die Qualifikation für die Europa League zu schaffen“, begründete Trainer Roberto Di Matteo den Aufenthalt. Manager Horst Heldt hatte zuvor gesagt: „Der Trainer hat den Spielern angekündigt, wie er sich das vorstellt. Wenn einer das nicht mitmachen will, kann er sich melden, dann braucht er nicht mitzufahren.“ Und: „Wichtig ist, dass ein Gemeinschaftsgefühl entsteht.“ Gerade der letzte Satz lässt tief blicken, offenbar hat Heldt den mangelnden Teamgeist als eines der Hauptprobleme identifiziert.

Mittlerweile geht es in der Öffentlichkeit auch um Trainer Di Matteo. Um den Champions-League-Gewinner mit dem FC Chelsea. Um den Trainer von internationalem Format, den sie sich im Ruhrpott erhofften. Noch steht Heldt hinter Di Matteo, nach dem ernüchternden Ergebnis von Mainz sagte er: „Ich glaube nicht, dass die Mannschaft falsch eingestellt ist oder keinen Plan hatte. Was sich abspielte, hatte nichts mit dem Trainer zu tun. Da muss die Mannschaft Verantwortung zeigen.“

Trotzdem: Aktuell wirkt der Italo-Schweizer blass wie sein Vorgänger Jens Keller, dem stets fehlendes Charisma vorgehalten wurde. Zumal die Mannschaft zeitweise leblos auftritt, oftmals frei von jeglicher Kreativität. „Wir haben derzeit einfach nicht die Leichtigkeit in unserem Spiel“, sagte Höwedes. Und, noch viel schlimmer in der Arbeitermetropole Gelsenkirchen: Die Fans vermissen den Kampfgeist. Deshalb hat Clubboss Clemens Tönnies die Qualifikation für die Europa League zu einer „Frage der Ehre“ ausgerufen.

Der FC Schalke 04 schlingert durch diese Saison und wirft viele Fragen auf: Wie kann eine Mannschaft im Bernabeu in einer berauschenden Nacht den amtierenden Champions-League-Sieger Real Madrid 4:3 besiegen und im Anschluss sechs Bundesliga-Spiele in Folge nicht gewinnen – bei nur drei erzielten Toren? Warum ruft diese zweifelsohne mit viel Qualität bestückte Mannschaft nicht konstant ihr Potenzial ab? Liegt es an Roberto Di Matteo? Oder ist das Team nicht in den Griff zu bekommen? Braucht es einen Umbruch nach der Saison – unabhängig von deren Ende? Fragen über Fragen in Gelsenkirchen. Die Fans fordern Antworten auf dem Rasen. Am liebten schon an diesem Samstag gegen den VfB.