So schmeckt die fünfte Jahreszeit – zum Beispiel mit klassischem Schmalzgebäck  Foto: dpa

In der Faschingszeit taucht es wieder verstärkt mit verschiedenen Formen und Füllungen auf: Schmalzgebäck, das seinen Ursprung im Mittelalter hat. Aber neben Süßem gibt es auch Deftiges, mit dem sich die Narren für ihr Treiben stärken.

Stuttgart - Kaum hat man sich den Weihnachtsspeck mühsam wieder von den Hüften abtrainiert, locken in der Faschingszeit die nächsten Versuchungen. Das Symbol aller Faschings, Fasnet- und Karnevalsspeisen ist dabei das in schwimmendem Fett gebackene süße Schmalzgebäck. Die Leckereien heißen je nach Region Berliner, Krapfen, Faschingskreppel, Pfannkuchen, Mutzen oder in Italien auch Chiacchiere. Es gibt kaum etwas, das besser schmeckt, als ein frischer Berliner. Und kaum etwas lastet schwerer auf Gaumen und Magen als ein altbackener Vertreter.

Wer keine Kreppel backt, dem kann das Jahr durch nicht froh sein – so lautet ein alter Narrenspruch. In der Auslage im Stuttgarter Café Hummel am Bubenbad findet man in diesen Tagen den klassischen Berliner – mit Himbeermarmelade gefüllt und puristisch in Puderzucker gewälzt. Daneben sind Spritzkuchen aus Brandteig, Quarkkrüstchen und Apfelküchle drapiert. „Der Ansturm ist nicht mehr so groß wie früher“, sagt Konditor Dirk Hummel. Wenn ein Gebäck ständig verfügbar sei wie der Berliner, dann verliere er das Besondere.

Da sich an der Form nicht viel ändern lässt, konzentrieren sich die Bäcker auf immer wieder neuen Füllungen. Bei der Bäckerei Schurr in Bad Cannstatt kann man heute mit Nougatcreme gespritzte Exemplare kaufen, mit Pudding oder Eierlikör, die noch dazu mit Schokolade oder kleinen bunten Perlen überzogen sind. Die Bäckerei Rau im närrischen Stadtteil Hofen hat ihr Repertoire für Süßmäuler um die Scilla-Blüte erweitert, die aus Quarkteig, Zwetschgen, Zimt und Zucker und mit Streuseln daherkommt. Urheber dieser Kreation ist Daniel Sichler, der die Bäckerei vor zwei Jahren von seinem Onkel übernommen und angelehnt an die Hofener Scilla-Männle die süßen Blaublüten entworfen hat.

Der Faschings-Horst lässt grüßen

Kunden der Bäckerei Zoller in Neuhausen auf den Fildern dürfen sich auf den Faschings-Horst freuen, ein in ein Schokoladenbad getauchtes Männchen aus Biskuitteig, das mit verschiedenen Kopfbedeckungen erhältlich ist. Zum Teil haben auch die dünnen Schweizer Fasnachtsküechli, die niedliche Namen wie Schlüferli und Hasenöhrli haben, den Weg in deutsche Backstuben gefunden. Der süße Teig wurde früher über dem Knie dünn ausgezogen und in Fett frittiert. Heute wird auch das Wallholz statt dem Knie verwendet.

Woher aber stammen all diese Köstlichkeiten? Die Geschichte begann im Mittelalter. Da war der Donnerstag traditionell der Tag, an dem vor Beginn der österlichen Fastenzeit noch ein letztes Mal geschlachtet werden durfte. Doch wohin mit dem ganzen Fett? Damit es nicht verdarb, kochten Menschen besonders fetthaltige Mahlzeiten oder nutzten es für die Zubereitung von Gebäck. Klöster und Stadtverwaltungen verteilten die Krapfen, an denen sich die Menschen so richtig satt essen konnten.

Auch Kutteln essen die Narren gern

Neben Fettgebackenem bildet Deftiges eine gute Grundlage für die Narren, um die Fastnachtszeit durchhalten zu können. Mehlsuppen bieten dabei eine gute Basis, und dann werden natürlich auch die sauren Kutteln, der in Streifen geschnittene Vormagen von Kühen oder Kälbern, in den Faschingsgaststätten serviert. Kutteln zählten auch zu den Lieblingsgerichten des aus Lahr stammenden und kürzlich verstorbenen Gastrokritikers Wolfram Siebeck. In seinem Werk „Das Kochbuch der verpönten Küche“ hat er eine Hommage auf die Kutteln verfasst hat. Bruder im Geiste ist der Stuttgarter Koch Vincent Klink. „Man sollte nie in Länder reisen, in denen es keine Kutteln gibt“, sagt der Sternekoch.

Seit 1829 findet in Riedlingen im Landkreis Biberach das Froschkuttelnessen statt, wobei die Narrenzunft Gole ihren meist auch prominenten Gästen wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann keine Frösche, sondern eine Suppe aus Rinderpansen, -herz, -leber und -nieren kredenzt. Der Name bezieht sich darauf, dass sich Riedlingen als Storchenstadt versteht und die Leibspeise der Störche nun mal Frösche sind. Der Ursprung der Fleischeslust liegt auch hier im 16. Jahrhundert. Damals durften die Metzger die Fastnachtsfeste ausrichten, weil sie in der folgenden Zeit keine Einnahmen hatten. „Man hat in dieser Zeit einfach alles gegessen, was man danach nicht mehr durfte“, sagt der Volkskundler und Fastnachtsexperte Werner Mezger. Darum spielen in vielen Fastnachtsbräuchen auch die Würste eine wichtige Rolle.

In Mainz hält man es mit Weck und Worscht, in Italien ist Zampone, ein gefüllter Schweinefuß, eine Spezialität. Die Kölner essen ihren halve Hahn, und es ranken sich diverse Entstehungsmythen um die Wortschöpfung. Doch keiner weiß, wie aus dem knusprig gebratenen Hähnchen ein Roggenbrötchen mit Gouda und Senf werden konnte. Das gilt auch für den falschen Hasen, wobei der getarnte Hackbraten seine Betrugsabsichten wenigstens im Namen trägt.

Nach Fasnacht ist bekanntlich vor dem Kater, und den bekämpft man am Aschermittwoch am besten mit einem eingelegten Matjeshering. Wohl bekomm’s.