Für Flüchtlinge, wie hier im Camp Idomeo, wurde viel Geld gespendet. Foto: dpa

Die Deutschen Bürger spenden in diesem Jahr rund fünf Milliarden Euro. Firmen geben rund zwölf Milliarden Euro für den guten Zweck . 80 Prozent der Spenden fließen in humanitäre Projekte. Im internationalen Vergleich belegt Deutschland Rang 21.

Stuttgart - Vor allem mit Kindern wird geworben – mit großen Augen, oft traurig dreinblickend, manchmal aber auch mit einem Lächeln. Ob im Briefkasten oder auf Werbetafeln in der Stadt: Vielerorts werden die Menschen insbesondere in der Vorweihnachtszeit dazu aufgerufen, Geld zu spenden: für Kinder in Not, Flüchtlinge oder den Tierschutz.

Das private Spendenaufkommen

Für das Jahr 2016 prognostiziert der Deutsche Spendenrat, dass die Deutschen – Unternehmensspenden ausgenommen – zusammen etwa fünf Milliarden Euro spenden. Das ist ein Rückgang von etwa 500 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr, in dem 5,5 Milliarden Euro gespendet wurden. Daniela Felser zieht trotz des Rückgangs eine positive Bilanz. „Das ist das zweitbeste Ergebnis, das wir jemals erhoben haben“, sagt die Geschäftsführerin des Deutschen Spendenrats. Das Minus erklärt sie unter anderem mit den ausgebliebenen großen Naturkatastrophen in diesem Jahr. In das Jahr 2015 hingegen fiel der Höhepunkt der Flüchtlingskrise und das Erdbeben in Nepal. „Jeder kennt die Bilder vom letzten Jahr, vom Hauptbahnhof in München. Bei diesen Bildern war die Spendenbereitschaft sehr hoch.“ Entsprechend niedriger seien die Spenden in diesem Jahr ausgefallen.

Die Entwicklung

Auch die Zahl der Spender ist leicht zurückgegangen. 2016 haben bisher gut 26 Prozent der Deutschen gespendet, 2015 waren es noch 27 Prozent. Auch an dieser Stelle wird auf die ausgebliebenen Katastrophen verwiesen. Insgesamt ist die Zahl der Spender in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen und hat sich bei Werten zwischen 26 und 27 Prozent eingependelt. 2006 und 2007 war die Zahl derjenigen, die Geld für den guten Zweck lockermachten, mit mehr als 32 Prozent deutlich höher. Der größte Teil der Spenden kommt von Personen, die 70 Jahre und älter sind. Sie haben in den ersten drei Quartalen mehr als 38 Prozent des Spendenvolumens ausgemacht. Im Vergleich dazu nimmt aber die Spendenhäufigkeit der Geber weiter zu. Diese haben in den ersten drei Quartalen im Durchschnitt 5,5-mal gespendet. In den Vorjahren war diese Zahl etwas geringer. Die durchschnittliche Höhe pro Spende liegt 2016 bei 32 Euro. Das ist zwar ein Rückgang im Vergleich zu 2015. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist die Höhe der Spenden jedoch angestiegen.

Der Weihnachtseffekt

Von Januar bis September haben die Deutschen bereits 3,1 Milliarden Euro gespendet. Für Dezember wird nochmals ein kräftiger Zuwachs erwartet, denn dass vor allem in der Vorweihnachtszeit gespendet wird, ist alles andere als ein Klischee, wie die Zahlen des Deutschen Spendenrats belegen. Im Dezember des vergangenen Jahres wurden mehr als eine Milliarde Euro gespendet. Das war etwa ein Fünftel der Gesamtspendensumme. Auch in den Jahren davor gab es jeweils in der Vorweihnachtszeit einen deutlichen Spendenanstieg. Diese Zahlen hat das Marktforschungsinstitut GfK erhoben, das repräsentativ 10 000 Deutsche befragt hat. Was diese Statistik allerdings nicht berücksichtigt: Unternehmensspenden, Spenden an Parteien und Spenden mit einem Volumen von mehr als 2500 Euro.

Die Firmenspenden

Acht von zehn Unternehmen in Deutschland engagieren sich mit Geldspenden für wohltätige Zwecke, heißt es beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Demnach spendet mehr als die Hälfte der Firmen auch Waren oder bietet Dienstleistungen an. Im Fachjargon heißt das Engagement dann Corporate Giving. Dabei landen 90 Prozent der Spenden in der eigenen Region. Beim Corporate Volunteering werden die Mitarbeiter bei vollem Lohn für einen gewissen Zeitraum freigestellt, wenn sie sich in dieser Zeit ehrenamtlich engagieren, zum Beispiel in einer Flüchtlingsunterkunft. Rund die Hälfte aller deutschen Unternehmen stellen laut dem IW ihre Mitarbeiter für solche Zwecke frei. Zudem arbeiten viele Unternehmen mit Vereinen, Bürgerinitiativen oder Wohltätigkeitsorganisationen zusammen, was neudeutsch gerne als Corporate Support bezeichnet wird. Ebenfalls gängig ist längst die Kooperation mit Stiftungen oder die Gründung einer eigenen Stiftung. Insgesamt wird das unternehmerische Engagement auf ein Volumen von etwa zwölf Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Der größte Teil davon sind Geldspenden. Diese machen laut IW etwa 8,5 Milliarden Euro aus.

Der Spendenzweck

Und wofür spenden die Deutschen, wenn sie sich dazu entscheiden, mit Geld zu helfen? Der größte Teil aller Spenden fließt in humanitäre Hilfsprojekte. Etwa 80 Prozent fließen in diesen Bereich. Daneben wird viel Geld für kirchliche Projekte gegeben, ebenso für Aktivitäten und Projekte der Kinder- und Jugendhilfe. Mittel fließen auch in kulturelle Projekte, in die Denkmalpflege, für den Umwelt- und Naturschutz, für den Sport und nicht zuletzt für den Tierschutz.

Der internationale Vergleich

Schaut man sich das Engagement der Deutschen im internationalen Vergleich an, kann von einer Spitzenplatzierung nicht die Rede sein. Auch wenn die Summe aller Spenden mit einem Volumen von rund 17 Milliarden Euro beachtlich ist. Die britische Charities Aid Foundation (CAF) erstellt in jedem Jahr einen Überblick darüber, wie es weltweit mit der Spendenbereitschaft aussieht. Spitzenreiter in diesem Jahr ist wie im Vorjahr das asiatische Land Myanmar. Beim World Giving Index geht es dabei nicht in erster Linie um die Höhe der Spenden. Stattdessen stellt das CAF folgende Fragen: Haben die Befragten einem Fremden geholfen? Haben sie Geld für eine gute Sache gespendet? Haben sie ehrenamtlich bei einer Organisation gearbeitet? Die Antworten auf diese Fragen werden zu gleichen Teilen bewertet und miteinander verrechnet. Am Ende kommt man so auf ein prozentuales Ergebnis. Hier kommt Myanmar auf 70 Prozent. Deutschland schafft es mit 47 Prozent immerhin auf Platz 21 von 140. Zwar hat laut dem CAF-Bericht mehr als die Hälfte der Deutschen in diesem Jahr einem Fremden geholfen und Geld gespendet, aber nur 27 Prozent haben sich ehrenamtlich engagiert. Im CAF-Ranking landen die Vereinigten Staaten auf dem zweiten Platz. Den dritten Platz belegt Australien. Das Schlusslicht bildet China mit einem Wert von elf Prozent. Was auffällt: Nur fünf der G-20-Staaten, die 85 Prozent des Welt-Bruttosozialprodukts erwirtschaften, haben es im Fünfjahresvergleich unter die Top 20 geschafft.