Die neue SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Foto: dpa

Die SPD genießt die guten Schlagzeilen für ihren Tempo-Start in die große Koalition. Auch wenn beim Parteitag große Einmütigkeit herrscht: Der schöne Schein verdeckt mögliche Konflikte. Jetzt soll ein Dämpfer bei der Europawahl unbedingt vermieden werden.

Die SPD genießt die guten Schlagzeilen für ihren Tempo-Start in die große Koalition. Auch wenn beim Parteitag große Einmütigkeit herrscht: Der schöne Schein verdeckt mögliche Konflikte. Jetzt soll ein Dämpfer bei der Europawahl unbedingt vermieden werden.

Berlin - Die SPD hat sich in Berlin auf die Europawahlen im Mai eingestimmt und die letzten personellen Konsequenzen aus der Regierungsbeteilung in der großen Koalition gezogen. Mit einem überzeugenden Wahlergebnis von über 97 Prozent der Stimmen wurde Martin Schulz, der amtierende Präsident des Europaparlaments, zum Spitzenkanditen der SPD für die Europawahl bestimmt. Zudem wurde die 46-jährige Gewerkschaftsfunktionärin Yasmin Fahimi mit 88,5 Prozent zur neuen Generalsekretärin der Partei gewählt. 78,3 Prozent votierten für den Parteilinken Ralf Stegner, Landeschef der SPD Schleswig-Holsteins, als zusätzlicher stellvertretender Vorsitzender.

Die Europawahlen könnten für die Sozialdemokraten zur echten Spaßbremse werden. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sieht die Gefahr, dass die Aufbruchstimmung nach dem die gesamte Partei belebenden Mitgliedervotum schnell verfliegt, wenn das traditionelle Desinteresse des SPD-nahen Wählerklientels an Europawahlen wieder durchschlägt. Deshalb rief er seine Partei gestern auf dem Parteitag in der Hauptstadt zu einem „Europawahlkampf wie noch nie“ auf. Dabei will er die SPD auf einen kompromisslos pro-europäischen Wahlkampf festlegen. „Wir sind nicht der Zahlmeister Europas, sondern der Gewinner Europas“, sagte er. „Wenn wir in Europa investieren, dann investieren wir in unsere eigene Zukunft“. Martin Schulz ist gleichzeitig der Spitzenkandidat aller sozialdemokratischer Parteien in den EU-Staaten. Er will nach einem überzeugenden Wahlergebnis der nächste Kommissionspräsident der EU werden.

Der Berliner Parteitag hatte neben der Einstimmung auf den Europawahlkampf auch noch einiges an parteiinterner Flurbereinigung zu erledigen. Die alte Generalsekretärin Andrea Nahles sitzt nun im Ministersessel. Die Umstände, wie ihre Nachfolgerin gefunden wurde, gibt interessante Einblicke auf das innere Machtgefüge der Partei frei. Die neue Frau im Amt ist nicht die erste Wahl des Parteichefs Gabriels. Das ist bemerkenswert: Eigentlich gilt der Generalsekretär als das Amt, das in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Parteichef steht. Deshalb hat er gemeinhin freie Hand bei der Besetzung. Doch so mächtig ist Sigmar Gabriel auch nach seinem Triumph bei der Mitgliederbefragung nicht. Er wollte Ralf Steger, dem er vertraut und der viel für Gabriels Erfolg getan hatte, zum Generalsekretär machen. Dann aber probten die Frauen den Aufstand. Und wenn die sich einig sind, dann muss der Vorsitzende kleinbeigeben. Das hörte sich gestern so an: „Wir sind gemeinsam zum Ergebnis gekommen, dass es nicht gut ist, wenn die SPD in der ersten Reihe nur männliche Gesichter präsentiert.“

Das hat durchaus Konsequenzen. Fahimi, der bislang jede bundespolitische Erfahrung fehlt, ist sicher nicht der Fels, auf den Gabriel seine Partei bauen wird. Den Europawahlkampf konzipiert der erfahrene Matthias Machnig. Und für die Schärfung des politischen Profils der Partei soll entscheidend Ralf Stegner beitragen. Seine kurze Rede war dann eigentlich das Kurzprogramm eines Generalsekretärs. Er verstehe die SPD als „politisches Gegengewicht in der Regierung“. Die SPD solle „nie die Perspektive einer linken Mehrheit aus dem Augen verlieren“. Die Linkspartei müsse man herausfordern, aber Mehrheiten solle man auch nutzen, wo sie möglich sind.

Das ist so politisch – und zwar politisch links –, dass Fahimi wenig Raum bleibt. Kein Wunder, dass sie als Ziel ihrer Arbeit ausgibt, „die Partei nach innen stark zu machen“. Das könnte ihr gelingen. Sie hat einen Ruf als extrem gute Organisatorin.