SPD-Landeschef Nils Schmid (rechts) ist zuversichtlich, dass die Basis der Partei dem Koalitionsvertrag zustimmen wird. Foto: dpa

SPD-Landeschef Nils Schmid und die Spitze der Landes-SPD sind zufrieden mit dem Koalitionsvertrag. Kritik kommt allerdings von der Jungen Union und aus der Wirtschaft.

SPD-Landeschef Nils Schmid und die Spitze der Landes-SPD sind zufrieden mit dem Koalitionsvertrag. Kritik kommt allerdings von der Jungen Union und aus der Wirtschaft.

Stuttgart  - Die Spitze der Südwest-SPD steht nach anfänglichen Bedenken gegen ein Bündnis mit der Union nun ohne Wenn und Aber zum schwarz-roten Koalitionsvertrag im Bund. „Allein der Fortschritt beim Mindestlohn würde rechtfertigen, dass man dem Vertrag zustimmt“, sagte SPD-Landeschef Nils Schmid am Mittwoch im dpa-Interview. Er warb offensiv für ein „Ja“ der Parteibasis, da sich viel aus dem SPD-Programm in der Vereinbarung wiederfinde. „Ich bin auch zuversichtlich, dass die Mitglieder zustimmen werden“, sagte der Finanz- und Wirtschaftsminister.

Kurz nach der Bundestagswahl im September gehörte die Südwest-SPD zusammen mit den Genossen in Nordrhein-Westfalen noch zu den größten Kritikern einer Koalition mit der Union. Damals hieß es aus dem Vorstand angesichts der Erfahrungen aus der großen Koalition von 2005 bis 2009, es gebe kein Interesse an so einem Bündnis. Auch Schmid selbst hatte wiederholt Zweifel geäußert. In der Nacht zum Mittwoch hatten sich Union und SPD in Berlin auf den Koalitionsvertrag geeinigt.

Auch der Gewerkschaftsflügel der Südwest-SPD zeigte sich zufrieden mit der Vereinbarung. Verdi-Bezirksleiterin und SPD-Landesvize Leni Breymaier erklärte, es gebe zwar einige Enttäuschungen, etwa in der Europapolitik. „Doch nach vielen Jahren des Sozialabbaus und einseitiger Politik zugunsten von Arbeitgebern, stimmt jetzt wenigstens die Richtung wieder.“ Breymaier betonte: „Der gesetzliche Mindestlohn wiegt schwer auf der Haben-Seite“, ergänzte sie.

Die Koalitionspartner hatten sich auf einen Mindestlohn von 8,50 Euro von 2015 an. Südwestmetallchef Stefan Wolf sieht das äußerst kritisch: „Ich halte es für schädlich für den Standort Deutschland“, sagte er der dpa. „Ich glaube, dass das Arbeitsplätze vernichten wird.“

FDP-Landeschef Michael Theurer sekundierte: Schwarz-Rot schwäche die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und setze Jobs aufs Spiel. Die Kosten für die „vermeintlichen Wohltaten“ summierten sich auf etwa 50 Milliarden Euro. Es sei klar, dass es auf Steuererhöhungen und mehr Schulden herauslaufe.

Verdi-Landeschefin Breymaier bedauerte, dass es keine Steuererhöhungen für Vermögende gebe. „Warum man Superreiche aus der Verantwortung nimmt, den Staat in dem sie gut leben, besser zu finanzieren, verstehe ich nicht“, sagte Breymaier. Schmid erklärte, es sei klar gewesen, dass die SPD Steuererhöhungen nicht werde durchsetzen können.

Die SPD entscheidet in einer Mitgliederbefragung über die Annahme des Koalitionsvertrags. Das Ergebnis soll am 14. Dezember bekanntgegeben werden. Auch Innenminister Reinhold Gall (SPD) rief die Mitglieder zur Zustimmung auf. „Jetzt gilt für alle Verantwortung zu übernehmen, denn Ablehnung heißt, es gibt von all dem Ausgehandeltem nichts“, schrieb Gall auf Twitter.

Jungen Union: Zu viele Kompromisse

Der Chef der Jungen Union im Südwesten, Nikolas Löbel, beklagte, es gebe zu viele Kompromisse zulasten der Union. Den Mindestlohn halte er wirtschaftspolitisch für gefährlich. Die Änderungen beim Staatsbürgerschaftsrecht werden nach seiner Einschätzung bei der Unions-Basis eher auf Ablehnung stoßen. Union und SPD hatten sich in der Nacht darauf geeinigt, die sogenannte Optionspflicht zu streichen.

Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, sollen sich künftig nicht mehr bis zum 23. Geburtstag zwischen dem deutschen Pass und dem ihrer Eltern entscheiden müssen. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) geht der Kompromiss nicht weit genug. Sie will sich weiter für eine allgemeine doppelte Staatsbürgerschaft einsetzen.

Der Handel in Baden-Württemberg sieht im Koalitionsvertrag „zu viel Sozialstaat“ und „zu wenig Wirtschaft“. Der Mindestlohn sei ein falsches Signal, sagte die Geschäftsführerin des Einzelhandelsverbands Baden-Württemberg Sabine Hagmann. „Es geht nicht um die Höhe, sondern dass sich der Staat einmischt.“ Mit Sorge sieht sie außerdem die Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen. Das treibe die Logistik-Kosten.