Kandidaten-Check:
Jasmina Hostert will für die SPD in den Bundestag einziehen. Der Böblinger Stadträtin und Regionalrätin sind die Förderung von Kindern und Familien sowie die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen ein besonderes Anliegen.

Böblingen - Für das Interview mit unserer Zeitung hat sich Jasmina Hostert den Spielplatz am Oberen See in Böblingen ausgesucht. „Hier war ich viel mit meiner Tochter“, begründet sie die Wahl. Sollte Hostert den Sprung in den Bundestag schaffen, soll die zehnjährige Tochter in den Sitzungswochen bei der Oma in Böblingen bleiben. Der Lebensgefährte jedoch pendelt mit zwischen Berlin und Böblingen. Er geht in Elternzeit, wenn im November das gemeinsame Kind zur Welt kommt.

Frau Hostert, der Afghanistan-Abzug ist momentan in aller Munde. Haben Sie nach diesem Debakel überhaupt noch Lust, für den Bundestag zu kandidieren?

Na ja, Politik hat wenig mit Lust zu tun. Es geht vor allem um Verantwortung. Und die Außenpolitik ist eines der schwierigsten Themen, gerade wenn es um humanitäre Katastrophen geht. Es ist schwierig abzuwägen, was die richtigen oder falschen Entscheidungen sind. Ich glaube, wir dürfe jetzt die demokratischen Kräfte in Afghanistan nicht alleine lassen.

Welche Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Ich hab mir drei Themen vorgenommen. Einmal die Familienpolitik und vor allem die Kinder. Ich finde, es ist ein Skandal, dass in Deutschland nach wie vor jedes sechste Kind in Armut lebt. Deswegen wollen wir ja bei der SPD die Kindergrundsicherung einführen und vor allem Familien mit geringem Einkommen und Alleinerziehende zu entlasten. Die anderen Themen sind Arbeitsplätze sichern und schaffen und Wohnraum fördern.

In welchem Bereich sehen Sie den größten Handlungsbedarf im Landkreis?

Also gerade beim Thema Wohnraum schaffen, sehe ich einen ganz großen Bedarf. Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum, in die auch der Staat investiert. Wir müssen auch bei dieser angespannten Lage Mietpreiserhöhungen gesetzlich begrenzen. Dafür brauchen wir qualifizierte Mietspiegel , wie wir sie in Böblingen und Sindelfingen haben. Das ist sehr wichtig, weil es sorgt für Transparenz und Vertrauen. Das würde ich mir wünsche, dass auch mehrere Städte solche Mietspiegel einführen.

Welchen Beitrag wollen Sie zur Verkehrswende leisten?

Also zunächst einmal ist mir wichtig zu sagen, dass wir das Auto nicht verteufeln dürfen. Natürlich müssen wir in alternative Antriebstechnologien investieren, aber wir dürfen dabei nicht nur auf Elektromobilität setzen, sondern müssen techonologieoffen bleiben. Elektromobilität ist wichtig. Aber das ist ein Ansatz, nicht der einzige. Wir müssen Forschung und Investitionen in alle Richtungen fördern. Und natürlich müssen wir den öffentlichen Nahverkehr ausbauen. Wir haben schon eine ziemlich gute Infrastruktur im Kreis , wie den 15-Minuten-Takt auf der S. Aber der ÖPNV muss günstiger werden und barrierefreier. Das ist noch nicht überall der Fall, zum Beispiel bei der S 60. Aber viele sind auch auf das Auto angewiesen, zum Beispiel die Krankenschwester aus dem Gäu, die morgens um 5 Uhr zur Arbeit muss. Es muss sozial verträglich sein.

Worin sehen Sie Ihren Beitrag zur Digitalisierung?

Deutschland hängt da wirklich hinterher. Es ist mit ein Rätsel, warum wir den Breitbandausbau nicht schneller hinbekommen. Wir brauchen schnelleres Internet, gerade auch im ländlichen Raum. Digitalisierung ist ja ein Querschnittsthema, das sich durch viele Bereiche zieht. Das haben wir ja während der Corona-Krise gesehen, dass unsere Kinder stark gelitten haben, weil die Schulen nicht modern und digital ausgestattet waren.

Was ist ihr vordringlichstes Projekt beim Klimaschutz?

Wir müssen auf jeden Fall den Klimawandel stoppen. Dazu hat sich die SPD in ihrem Zukunftsprogramm ganz klar bekannt. Ich hoffe, dass wir den Kohleausstieg, den wir für 2038 vorsehen, beschleunigen können. Und wir müssen stärker und schneller auf erneuerbaren Energien setzen.. Ich erlebe es oft bei Diskussionen hier im Wahlkreis, dass viele das Thema Klima versus Arbeitsplätze sehen. Und wenn für Menschen ein Thema mit Angst besetzt ist, dann kann ich sie nicht dafür überzeugen. Ich denke, dass wir die Menschen mehr mitnehmen müssen, um sie dafür zu gewinnen.

Was wollen Sie als erstes anpacken, wenn Sie gewählt werden?

Für unseren Wahlkreis ist sicher das Thema Arbeitsmarktpolitik das wichtigste. Wir müssen die Arbeitsplätze, die wir haben, sichern, aber eben auch neue schaffen. Und zwar müssen wir den Wandel so gestalten, dass davon unsere Beschäftigten profitieren, aber auch die Umwelt. Aberwichtig ist auch, dass wir den Mindestlohns auf zwölf Euro erhöhen. Davon werden vor allem die Menschen profitieren, die wir während Corona als systemrelevant bezeichnet haben, also Kassiererinnen oder Paketboten. Es ist ja nicht so, dass bei uns alle in Topjobs arbeiten und top bezahlt werden. Die dürfen wir nicht vergessen. Das muss für mich als Sozialdemokratin oberste Priorität haben.

In welchen Themenbereich müssten Sie sich am ehesten einarbeiten?

Ich glaube, das wird das Thema Gesundheitspolitik sein. Corona hat gezeigt, dass das ein Bereich ist, wo vieles schief läuft. Einmal die Bezahlung der Pflegekräfte, ihre Arbeitsbedingungen, das muss besser werden. Unser Gesundheitssystem muss sich insgesamt wieder stärker an den Menschen orientieren. Gesundheit ist keine Ware, die man kaufen kann. Wir wollen ja auch eine Bürgerversicherung einführen.

Frau Hostert, noch drei Entweder-oder-Fragen. Ich bitte um kurze Antworten.Putin oder Kante zeigen?

Kante zeigen.

CDU oder Grüne?

Grüne.

Steinmeier oder Steinbrück?

Steinmeier.