Marion Eisele, Vorsitzende der SPD Süd-Kaltental, freut sich über den Zuwachs der Ortsgruppe. Wolfgang Kuhnle ist im vergangenen Jahr beigetreten Foto: Caroline Holowiecki

Die SPD verliert bundesweit immer mehr an Zustimmung, so die jüngsten Umfrageergebnisse. Der Ortsverein Süd-Kaltental hat stattdessen bemerkenswert viel Zulauf. Ein Viertel der jetzigen Mitglieder ist binnen eines Jahres eingetreten.

S-Süd - Fremdschämen. Das empfindet Marion Eisele, wenn sie an das Hauen und Stechen in Berlin denkt. Als SPD-Mitglied hat sie es aktuell nicht leicht, als Ortsvereinsvorsitzende schon gar nicht, doch während sich die Sozialdemokraten auf Bundesebene seit Monaten im Abwärtstaumel befinden, ist die SPD Kaltental-Süd im Aufwind. 27 neue Mitglieder sind im vergangenen Jahr eingetreten, in diesem Jahr waren es 24. Die letzte Genossin ist am Freitag dazugestoßen, dem entgegen stehen nur zwei Austritte von Groko-Gegnern. Knapp 200 Mitglieder sind es nun, das heißt, ein Viertel ist binnen eines Jahres eingetreten. Der Ortsverein ist der drittgrößte von 23 im Kreisverband Stuttgart.

Zum Vergleich: In die SPD Möhringen-Fasanenhof-Sonnenberg sind laut dem Vorsitzenden Björn Selent im vergangenen Jahr etwa acht Personen eingetreten. Um die 80 Mitglieder hatte die Gruppe da. Seit Januar sind es 18 neue Gesichter gewesen, sagte er vor wenigen Tagen. Die Kollegen vom Club Vaihingen-Rohr haben im vergangenen Jahr ein Dutzend begrüßt, in diesem Jahr waren es bis zum Sondierungsvotum 20. Rund 120 Sozialdemokraten sind es laut dem Vorsitzenden Walter Siek nun insgesamt. Der Kreisverband zählte am 9. Februar 2199 Mitglieder, rund 250 sind seit Silvester dazugekommen.

Parteibücher kommen erstmals im Paket

Marion Eisele ist selbst überrascht, „diese Masse an Eintritten hatten wir seit Willy nicht mehr“. Erstmals seien Parteibücher im Paket gekommen und nicht in Umschlägen. Vor allem über die Neuen aus dem vergangenen Jahr freue sie sich uneingeschränkt, weil die nicht im Verdacht stünden, nur eingetreten zu sein, um über die Regierungsbildung abstimmen zu können.

Bei manchen Neuanmeldungen ist Marion Eisele aber misstrauisch. So habe sie sieben Anmeldungen aus einer Straße im Lehenviertel, das sei aber als grüne Hochburg bekannt. Ob sie oder andere wieder abspringen: unklar. Um Wolfgang Kuhnle (33) muss sie sich wohl keine Sorgen machen. Er betont, stets Sympathisant gewesen und Anfang 2017 von der damaligen Schulz-Euphorie angesteckt worden zu sein, „der Fokus liegt für mich aber auf dem Süden und Kaltental, da man da noch was beeinflussen kann“.

Ortsverein beackert lokale Themen

Das ist wohl auch das Pfund, mit dem der Ortsverein Süd-Kaltental wuchern kann. Er beackert öffentlichkeitswirksame Themen, von der Umgestaltung des Areals unter der Paulinenbrücke bis zur Zukunft der Zacke. Auch dass Kaltental aller Voraussicht nach zum Stadtteilentwicklungsgebiet wird und Mittel von Bund und Land bekommt, schreibt sich Marion Eisele auf die Fahnen, „das habe ich allein gestemmt“.

Dass die SPD bei der Bundestagswahl in Kaltental leicht überdurchschnittlich abgeschnitten hatte, führen sie und Wolfgang Kuhnle darauf zurück. Dadurch, dass Marion Eisele auch Bezirksbeirätin ist, geht es nach ihrem Empfinden im Verein lokaler zu als anderswo. „Bundespolitik ist bei uns nicht das Riesenthema“, sagt sie. Ganz unrecht ist ihr der Fokus auf die Arbeit vor Ort aktuell sowieso nicht, „da hat man auch mal das eine oder andere Erfolgserlebnis, das man in der Bundespolitik nicht hat“.